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Ein paar Meter weniger Drive als Hauptproblem für Hobby-Golfer? Echt jetzt?

05. Dez. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

(Foto: Unsplash)

Der Ball und seine Distanzen: Fünf, sechs Meter mehr oder weniger – was macht das bei Freizeitgolfern für einen Unterschied, die ohnehin kaum konstant spielen? (Foto: Unsplash)

Haben Sie einen Swing Speed jenseits von 170 Stundenkilometern? Treffen Sie den Ball konstant mit dem Sweet Spot Ihres Drivers? Erreichen Sie beständig Ihre durchschnittliche Schlagweite von über 250 Metern – mit zehn von zehn Bällen? Wenn ja: Glückwunsch! Dann betrifft Sie dieser Beitrag nicht.

Höchste Zeit für einen Eingriff

„50 Millionen Golfer sollen bestraft werden, nur weil ein paar wenige Leute für die Reduzierung der Ballflugweite sind“, wetterte dieser Tage „Golf-Channel“-Experte Brandel Chamblee, nachdem „Golf Digest“ geplante Regeländerungen von R&A und USGA verbreitet hatte, die am Ball schrauben wollen, um die Schlagweiten einzudämmen. Wow, geht's auch etwas kleiner, Kollege?

Nein, der Golfglobus stellt nicht gleich die Rotation ein, nur weil den Bällen ein paar Prozent Distanzfähigkeit genommen werden soll – wie auch immer das technisch umgesetzt wird. Höchste Zeit für einen solchen Eingriff ist allemal, wo Golfplätze für Spitzenspieler vielfach zu kurz geworden sind, wo ambitionierte Amateure den Ball dank Material und Methodik gleichermaßen in staunenswerte Weiten wuchten. Die Stichworte muss man nicht ständig wiederholen, sie sind alle längst gesagt. Zumal in Zeiten, in denen Golfplätze und mithin der Golfsport wohlfeil in den Fokus von Klassenkampf um Landnutzung und Klimaaktivismus in Sachen Wasserbedarf gerückt werden.


„Für den Durchschnittsgolfer macht das überhaupt keinen Unterschied und bringt den Golfsport wieder auf den Weg der Nachhaltigkeit. Es wird auch dazu beitragen, dass bestimmte Fähigkeiten im Profigolf wieder zum Tragen kommen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten verloren gegangen sind.“

Rory McIlroy


Beim Golf ist auch der Weg das Ziel

Und wer Golf mit anderen Sportarten vergleicht, in denen eben nicht das Gelände – nebst dem Gehirn – der einzige Gegner ist, erst recht, wenn diese auf abgesteckten, abstrakten und genormten Arealen ausgetragen werden; wer argumentiert, im Basketball würden die Körbe auch nicht nach oben geschraubt, weil LeBron James und Co. höher springen als ihre Vorgänger – das Argument gab’s tatsächlich mal –, der verwechselt Äpfel mit Birnen und hat das Wesen von Golf nicht verstanden, bei dem auch der Weg das Ziel ist. Das Design gehört zum Spiel, ist indes durch die Inflation der Flugweiten oft aus dem Spiel genommen.

Merkantilismus spricht gegen Bifurcation

15 Yards (13,72 Meter) Reduzierung sind vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit und Neubesinnung auf variable Schlag-Fertigkeiten sogar noch zu wenig, die Profis werden das im Verein mit den Equipmententwicklern schnell wieder egalisiert haben. Aber es ist ein Anfang. Tiger Woods hätte gern den Profi- oder Turnierball gehabt, also eine Zweiteilung des Ball-Reglements, die im Englischen so diabolisch klingende Bifurcation. Es wäre die logischste Lösung. Freilich, das wollen die Golfgesetzgeber nicht, aus merkantilen Gründen. Dem Autor ist herzlich egal, welchen Ball Woods und Co. durch die Gegend prügeln – wie sagte McIlroy zur Causa Kugel gleich noch: „Glauben Sie, wir spielen dasselbe Golf wie Sie?“

Der für Hersteller so lukrative Selbstbetrug

Aber 98,99 Prozent derer, die da draußen auf den Fairways dieser Welt ihrer Leidenschaft für das große Spiel mit dem kleinen Ball nachgehen, versuchen den Stars nachzueifern. Sie machen sich den Rücken mit Rorys Schwung kaputt, geben Unsummen fürs jeweils neuste Schlägermodell aus, das ihnen auf den Touren vorgeführt wird, und versenken kostbare Kugeln im Dutzend. Wenn qua Regularium ein offiziell anderer Ball gespielt wird, dann funktioniert der für die Hersteller so lukrative Selbstbetrug des Konsumenten nicht mehr.

Stimmen für Modifikation des Drivers

Interessanterweise bleibt der Driver unangetastet. Noch. Schon vor geraumer Zeit hatte beispielsweise Ian Poulter vorgeschlagen, die Distanzdebatte durch ein Loft-Minimum von acht Grad zu beenden, weil weniger Spin halt mehr Länge bringt. Dafür bräuchte es nicht mal neue Driver-Modelle. Adam Scott schlug neulich in eine ähnliche Kerbe, als er sagte: „Der Driver war traditionell der am schwierigsten zu spielende Schläger im Bag, und jetzt ist er der er fehlerverzeihendste. Ich würde das als erstes angehen: Wenn die Jungs den heutigen Powerschwung mit einem winzigen Driverkopf machen müssten, dann viel Glück.“ Lee Westwood sieht es genauso: „Wir sollten wieder dahin kommen, dass es sich auszahlt, wenn man einen Driver perfekt trifft.“

 

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Der dornige Weg über den Ball

Mit der Entscheidung, den Ball zu begrenzen, gehen R&A und USGA den dornigsten Weg. Spieler wie Justin Thomas und Hersteller wie Titleist („Da wird versucht, ein Problem zu lösen, dass man selbst kreiert hat“) hatten bereits Schaum vor dem Mund, als die Model Local Rule (MLR) erwogen wurde, weil sie Millionen in Forschung und Entwicklung für einen angepassten Ball stecken müssen. Jetzt soll’s dann gleichermaßen den Average Joe treffen, den Jedermann-Golfer. Wenn offiziell wird, was „Golf Digest“ kolportiert hat, wird der Fan-Furor die sozialen Medien fluten, man sieht die Shitstorms förmlich kommen. Als wären fünf, sechs Meter mehr oder weniger das Hauptproblem des Hobby-Golfers.

Über den Score entscheiden andere Kriterien

Hey Leute, haben wir nicht ganz andere Schwierigkeiten vom Tee als einen Drive, der „nur“ noch 164 statt 172 Meter fliegt? Den Ball nicht mit der Spitze oder der Ferse des Drivers zu treffen, beispielsweise. Oder den vermaledeiten Slice endlich in den Griff zu kriegen. Und und und. Das sind die wahren Kriterien, die über den Score entscheiden. Überhaupt: Die paar Meter holen wir wahrscheinlich mühelos wieder raus, wenn wir an unserem Kurzspiel und am Putten arbeiten. Was sowieso viel zu sehr vernachlässigt wird. Zur Kompensation eines marginalen Längenverlusts haben findige Köpfe ansonsten ohnehin bereits eine simple Lösung erdacht:

 

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Wie wär’s denn einfach mit der richtigen Teebox?

Ganz im Ernst: Die Mehrheit der Freizeitgolfer würden nicht mal merken, dass sie einen „beschränkten Ball“ im Bag hat, und keinen Unterschied feststellen, wenn sie nicht mit der Nase drauf gestupst werden. Und vielleicht bringt die vermeintliche Benachteiligung durch den Ball dann den einen oder anderen Unbelehrbaren samt seinem Ego doch noch auf die richtige Teebox – auf den Abschlag, der zu seinen Längen passt und für seine individuellen Spielfähigkeiten geeignet ist. Gute Golfplätze offerieren diesbezüglich Varianten, die niemanden zu kurz lassen. Wir müssen das Geschenk nur annehmen (wollen). Dazu passt folgendes Netzfundstück, dem man gern erwidern würde: „Nee Sportsfreund, du stehst bloß am falschen Pissoir!“

 

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