20 Grad, heiter bis wolkig, ein deutscher Golfer im Kampf um den Sieg - besser hätten die Bedingungen für den Finaltag der European Open 2024 kaum sein können. Aber nicht nur die Frage nach einem möglichen deutschen Sieger schwirrte durch die Luft, sondern auch ein anderes offenes Thema: Über die letzten Jahre war das Turnier als Porsche European Open bekannt. Und noch immer findet es auf dem Porsche Nord Course der Green Eagle Golf Courses statt und noch immer war Porsche mit seinen Autos als Shuttle Service und im Public Village vertreten, aber der Autohersteller hat sich aus dem Namen des Turniers zurückgezogen. Deshalb beschäftigt Turnierdirektor Dirk Glittenberg vor allem eine Frage: Wer wird die Lücke füllen?
Deutsches Golfturnier sucht globales Unternehmen mit Interesse am Golfsport
"Wir brauchen einen Titelsponsor, das ist ganz klar", so seine deutliche Aussage. Das ist wichtig, um die Wirtschaftlichkeit des Turniers zu garantieren. Denn ein Titelsponsor kann aktiv bei der Durchführung des Turniers unterstützen, wie Porsche es als Automobilpartner mit der Bereitstellung von Fahrzeugen und Fahrservice getan hat oder FedEx es beispielsweise bei der Open de France in Logistikfragen macht. Von entscheidender Bedeutung ist aber vor allem das Geld, das der Titelsponsor dafür zahlt, dass sein Name an vorderster Stelle steht. "Es geht in erster Linie darum, dass wir als Veranstalter Rechnungen zahlen müssen", sagt Glittenberg.
Deshalb laufen die Verhandlungen unermüdlich. "Wir sprechen diese Woche wieder mit drei sehr großen Unternehmen, die Interesse haben." Man habe sich unter anderem in der Hamburger Handelskammer präsentiert, man arbeite mit der Hanse Lounge zusammen und kooperiere auch mit der DP World Tour, um gegebenenfalls gemeinsame Pakete anbieten zu können, zum Beispiel im Hinblick auf den Ryder Cup. "Auch die PGA Tour hat eine eigene Abteilung, wo auch amerikanische Unternehmen, die in Europa und Deutschland Fuß fassen wollen, auf dem Zettel stehen." Gesucht wird ein global tätiges Unternehmen mit Interesse am Golfsport, dass das Event mit in seine Kommunikationsstrategie aufnimmt, hilft die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten und gerne dazu eingeladen ist, sich aktiv vor Ort zu präsentieren - und das am besten noch vor der Sommerpause.
Die Turnierwoche selber ist dabei wohl der beste Zeitpunkt, um das Event in seinem vollen Glanz zu zeigen. Die vielen neuen Partner vor Ort, wie zum Beispiel SebWorld, Bruichladdich, das zum Konzern Remy Cointreau gehört, und Monolith, seien alle laut Glittenberg sehr begeistert gewesen: "Die sind alle total happy, die wollen alle weitermachen."
Und das Zuschauerinteresse während der Turniertage ließ ebenfalls nicht zu wünschen übrig. Für den Finaltag wurden extra neue Parkplätze gemäht. "Das machen wir nur, wenn wir wissen, dass wirklich viele Leute kommen", erklärt Glittenberg. Selbst der Regen der ersten Turniertage verschreckte die Golffans nicht. "Ich bin positiv beeindruckt, wie viele Leute auch am Freitag hier waren." Über 25.000 Zuschauer seien in der Turnierwoche vor Ort gewesen, so die finalen Zahlen.
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Turnierdirektor Dirk Glittenberg: "Das Event muss stärker sein als die Protagonisten"
Dabei war das Interesse die ganze Woche über vor allem an einer Person groß: Jannik de Bruyn, der mit einem (wenn auch inoffiziellen) Platzrekord in die Woche gestartet war, am Freitag die Kurve nach einer schlechten ersten Hälfte kratzte und Samstag sogar im Führungsflight unterwegs war. "Da waren ganze Fairways voll. Nicht nur die Landezone, sondern da standen auch bis zum Grün Menschen, das war schon cool", sagt selbst der Turnierdirektor. Selbst Guy Kinnings, der neue CEO der European Tour, sei beeindruckt gewesen von der Menge der Menschen, die im Fernsehen auf der Anlage zu sehen waren.
De Bruyn verdeutlicht die Tiefe der deutschen Golftalente und für den Moment sind es diese Talente, die die Menschen raus nach Winsen ziehen, wie es im vergangenen Jahr Marcel Siem und Max Kieffer geschafft haben. Das bestätigt Glittenbergs Grundsatz: "Das Event muss stärker sein als die Protagonisten." Weil so schön es wäre, wenn Tiger Woods in Hamburg abschlagen würde, die Leute seien auch für Jannik de Bruyn gekommen. Deshalb sei es wichtig, dass das Turnier selbst überzeuge, etwas auf das Glittenberg und sein Team die letzten Jahre über hingearbeitet haben.
"Aber ich möchte natürlich gerne mal einen Aberg hier spielen sehen als Schweden oder einen Hovland als Norweger. Das ist unser Ziel, dass wir die Top-Jungs wieder hierher kriegen. Und ich glaube, dass im gesamten globalen Golf-Kosmos die Mittel anders verschoben werden. Das sieht man auch in anderen Sportarten so und ich hoffe dann, dass wir als Event und als guter und starker Standort da auch partizipieren werden."
Die DP World Tour betrachte das Turnier in Hamburg durchaus positiv. "Deutschland ist für die Tour wichtig, das hat [Guy Kinnings] auch ganz klar gesagt und Deutschland ist ein wichtiger Golfmarkt. Ein Turnier im Süden und ein Turnier im Norden bei 80 Millionen Menschen, das passt schon", erklärt Glittenberg. Findet sich ein Titelsponsor, sei auch die Weiterführung der European Open über die nächsten drei oder fünf Jahre ein Selbstläufer. Dann womöglich mit einem Umzug auf den West Course, der sich noch in der Entstehung befindet, aber mit einer großen Vision gebaut wird - Stichpunkt Ryder Cup. Voraussetzung dafür ist aber, dass die deutsche Politik das auch will. Glittenberg hofft, dass die Fußball-EM hilft, "mal wieder ein gutes Momentum für eine Großveranstaltung zu bekommen."
Aber bevor der Ryder Cup kommen kann, muss erst noch die große Sponsorenfrage geklärt werden.