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„Rors“ vs. „Rahmbo“: Saisonfinale begann mit Schlagabtausch der Tour-Stars

17. Nov. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Jon Rahm und Rory McIlroy sind sich vor der DP World Tour Championship nicht einig. (Foto: Getty)

Jon Rahm und Rory McIlroy sind sich vor der DP World Tour Championship nicht einig. (Foto: Getty)

Der „Final Countdown“ hat begonnen. Seit dem frühen Morgen sind die besten Spieler der DP World Tour in den Jumeirah Golf Estates unterwegs, um ihren Saison-Primus zu küren und zehn Millionen Dollar samt diverser Boni zu verteilen. Die Tee Times orientieren sich an der Platzierung im Race to Dubai, damit gehen Jon Rahm und Rory McIlroy kurz vor bzw. 45 Minuten nach 12 Uhr Ortszeit an den Start – das hat was von High Noon. Auch der Schauplatz Earth Course birgt einen gewissen Symbolcharakter, seit LIV Golf das Tour-Establishment und seine selbsternannte Rolle als Nabel der (Golf-)Welt attackiert.

„Norman sollte abtreten, es braucht Erwachsene“

Will heißen: Selbst beim Abschlussball ist der „Störenfried“ von Nebenan, die aus Saudi-Arabien finanzierte LIV-Liga, ein Riesenthema. Das liegt natürlich nicht zuletzt an den Medienmenschen, die genau wissen, dass zum Beispiel McIlroy diesbezüglich sehr unterhaltsame Pressekonferenzen zu liefern versteht. Der Nordire ließ sich einmal mehr nicht lumpen und haute wieder richtig einen raus. „Ich denke, Greg Norman muss abtreten“, keilte „Rors“ gegen den Impresario des Konkurrenz-Circuits aus: „Er hat dieses Ding aus dem Boden gestampft und sollte nun am besten durch den Notausgang von der Bühne verschwinden, damit die Erwachsenen unter sich sind und versuchen können, den Graben zu überbrücken.“ Bämm! Das kann keiner im Spielerkreis so wie er.

OWGR bevorteilt Aktive auf der PGA Tour

Doch dem Weltranglisten-Ersten erwächst Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Jon Rahm nämlich hat ebenfalls was zu sagen und eine eigene Meinung, nimmt gleichsam kein Blatt vor den Mund. Und so lieferten sich die beiden Aushängeschilder der DP World Tour vor dem sportlichen erst mal einen verbalen Schlagabtausch. Zwar indirekt, dafür umso kontroverser.

Es ging um die Weltrangliste, jenes arithmetische Konstrukt, das kaum jemand versteht, der nicht zur Zahlenverliebtheit und zur Statistik-Besessenheit neigt. Eine Systematik, die erst recht unverständlich geworden ist seit der jüngsten Reform vom August, die auf sehr wissenschaftlicher Basis beruht und die Feldstärke sowie das „Shots Gained“-Prinzip deutlicher berücksichtigt, damit allerdings laut Kritikern eindeutig die Aktiven auf der PGA Tour bevorteilt. Dort sind halt die Startlisten gemeinhin deutlich prominenter besetzt als bei durchschnittlichen Europa-Events. Mit Ausnahmen.

„Hier muss einer lediglich 49 Jungs schlagen“

Und genau an denen entzündete sich der Diskurs zwischen „Rors“ und „Rahmbo“. Bei der DP World Tour Championship sind sieben Spieler aus den Top-25 der Welt am Start, der Titelträger indes erhält neuerdings bloß 21,82 OWGR-Punkte – 2021 bekam Collin Morikawa noch deren 37. Der Gewinner der gleichzeitig auf der PGA Tour stattfindenden RSM Classic hingegen kriegt heuer 38,38 Zähler gut geschrieben, obwohl die Stars durch Abwesenheit glänzen und Seamus Power als Weltranglisten-30. der im OWGR bestplatzierte Teilnehmer ist.

McIlroy nennt das „fair“, vor allem wegen des limitierten Felds in Dubai: „Wer hier Erfolg haben will, muss lediglich 49 Jungs schlagen; im Sea Island Resort muss der Sieger 139 Konkurrenten hinter sich lassen. Unbenommen der Stärke des Felds ist dort in Georgia der Wettbewerb einfach größer und dichter – was halt belohnt werden soll.“

„Reine Quantität macht ein Turnier nicht besser“

Jon Rahm freilich hält diese Argumentation einfach für „falsch“. „Die reine Quantität des Felds macht ein Turnier nicht automatisch besser“, polterte der Spanier bei seiner Pressekonferenz und konterte McIlroy: „Mich interessiert nicht, was das System oder sonst wer dazu sagt – es kann einfach nicht sein, dass hier 30 der besten Spieler des Golfjahres 2022 antreten und dann dafür bestraft werden, nur weil das Feld limitiert ist.“ Überhaupt: „Ich bin jetzt mal ganz unverblümt: Das Official World Golf Ranking in seiner jetzigen Form ist eine absolute Lachnummer.“

LIV’ler haben ja das Golfspielen nicht verlernt

Zumindest spiegelt die Weltrangliste nach Meinung vieler Experten nicht mehr das wahre Leistungsvermögen im Profigolf und erscheint damit zunehmend irrelevant. Womit LIV wieder in den Fokus rückt: Ein Cameron Smith, der sich wegen seines späten Wechsels zu Saudi-Sause noch auf Platz drei hält, oder Dustin Johnson, der mittlerweile auf Rang 38 abgerutscht ist, haben ja nicht das Golfspielen verlernt, nur weil sie ihr Geld mit Events verdienen, die eher Herrengolf-Nachmittagen ähneln. Und bei aller Kritik an Norman und seinen Hintermännern: Ja, das LIV-Format entspricht nicht der gängigen und vom OWGR-Direktorium bevorzugten Turnierpraxis.

Anpassung an neue Entwicklungen

Aber die Weltrangliste ist ein Dienstleister. Sie muss neutral sein und sich den Entwicklungen anpassen, statt zu erwarten, dass Neulinge zu Kreuze kriechen und sich verbiegen, bis sie ins eherne, offenbar in Stein gemeißelte System passen. Dazu gehört, entsprechende Regularien mit notfalls halt „abgespeckten“ Quoten für einen 54-Loch-Modus ohne Quali und Cut sowie mit lediglich 48 Spielern zu finden, um die sportliche Realität vernünftig und ganzheitlich abzubilden – fernab ideologischer, moralischer oder politischer Querelen. Geht bei Sonderformaten des etablierten Tour-Betriebs doch auch.

Spätestens, wenn sich nach dem R&A gleichermaßen Augusta National, USGA und sogar die bislang der PGA Tour in Hartleibigkeit verbundene PGA of America entscheiden sollten, LIV’ler weiterhin für ihre Majors zuzulassen, wird sich das OWGR bewegen MÜSSEN. Es kann nicht sein, dass den Nicht-Majorsiegern im LIV-Lager nur deswegen eine Teilnahme verwehrt ist, weil sie für ihre Auftritte gar keine Weltranglistenpunkte bekommen. Dann wäre Patrick Reeds jüngste Klage wegen angeblicher Kartellbildung mehr als berechtigt.

„Vielleicht nur 75 Prozent der Punkte“

Jon Rahm jedenfalls wäre dafür, die LIV Golf Invitational Series ins System der Weltranglisten aufzunehmen. Mittelfristig. „Wenn sie bei LIV derzeit nicht alle Kriterien erfüllen, dann können sie halt nicht 100 Prozent der eigentlichen Punkte bekommen, sondern meinetwegen vielleicht nur 75 Prozent“, sinnierte der aktuelle Weltranglisten-Fünfte und mahnte Norman und Co. gleichzeitig zur Geduld – wie vor ihm schon andere. „Ein solcher Prozess dauert für gewöhnlich zwei Jahre. Das müssen sie respektieren wie es jede andere Tour vor ihnen getan hat.“

Immerhin stimmt Rahm darin weitgehend mit McIlroy überein, der es „einigermaßen befremdlich“ findet, „wenn ein Dustin Johnson irgendwann um Platz 100 kreisen sollte“: „Ich möchte, dass die besten Spieler der Welt auch entsprechend eingestuft sind!“ Und ja, LIV müsse die allgemein gültig Regeln befolgen, „statt eigene durchdrücken zu wollen“.

„Hintergedanken trüben das Urteilsvermögen“

Restlos einig sind sich die beiden dafür in der Personalie Greg Norman. „Er ist vielleicht nicht die optimale Besetzung für den Job, weil er einen Rachefeldzug gegen die PGA Tour führt“, sagte Rahm. „Seine Absichten sind womöglich nicht so rein, wie sie sein müssten. Wenn man Hintergedanken hat, trüben die definitiv das Urteilsvermögen. Also muss Greg erst weg sein, damit Gespräche stattfinden können.“

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