Greg Norman hat bei all dem Ballyhoo der vergangenen zwei Wochen mal betont, sein Engagement mit LIV Golf Investments und saudi-arabischem Geld auf der Asian Tour sei keineswegs als späte Rache an der PGA Tour zu verstehen, die ihm in den 1990er-Jahren die Idee einer Welttour geklaut und später als World Golf Championships umgesetzt hat. Weitere Details ist der Australier trotz vollmundiger Ankündigungen („Das ist nur der Anfang“) bislang schuldig geblieben; lediglich die Namen zweier Management-Mitstreiter wurden bekannt gegeben.
Neues Zeitalter für Profigolf-Europa
Seit gestern wissen wir, warum „The Great White Shark“ es so eilig hatte, mit einem offenbar erst halbgaren Vorhaben an die Öffentlichkeit zu gehen. Und es ist auch klar, warum Andy Gardiner, Chef einer möglichen Premier oder Super Golf League, sein toxisches Kooperationsangebot an die PGA Tour durchgesteckt hat. Die Antagonisten des Tour-Establishments haben natürlich Wind vom neuen Zeitalter für Profigolf-Europa bekommen, das 2022 mit der DP World Tour anbricht und wollten sich vermutlich vorab wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit sichern, bevor sie von den beiden großen Circuits mit weiteren Ergebnissen deren strategischer Allianz vollends zu Statisten degradiert werden.
Mit Geld vom Golf gegen Geld vom PIF
Die Umfirmierung der European Tour, beginnend mit dem Jahr ihres 50. Geburtstag, ist dabei lediglich ein netter Aufhänger – ein Etikett, das aus Höflichkeit gegenüber dem Partner selbstredend vorangestellt und von den meisten Beobachtern eilfertig als Schlagzeile übernommen wurde. Der Euphemismus kaschiert freilich nur einen weiteren empfindlichen Hieb mit der Keule, die Europa-Boss Keith Pelley in neuer Eintracht mit PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan („Die DP World Tour ist ein weiterer Meilenstein unserer gemeinsamen Wachstumsbemühungen“) gegen die von Riad finanzierten Invasoren schwingen.
Pikanterweise schlagen die Golf-Alliierten den saudi-arabischen Private Investment Fund PIF, der letztlich hinter sämtlichen Konkurrenz-Kampagnen steckt, quasi mit denselben Waffen. Denn das Geld für die weltumspannende Aufwertung von Europas Erstliga kommt ebenfalls aus der Wüste; in diesem Fall halt aus Dubai, wo der Logistik-Riese und Containerhafen-Betreiber DP World seinen Stammsitz hat.
Hilfreicher Segen der PGA Tour
Es wäre naiv zu glauben, dass der Segen aus Ponte Vedra Beach keinen Anteil am Commitment von DP World hat. Die PGA Tour steigt mit „ihrem“ Sponsor Genesis bei der Scottish Open ein, öffnet Barbasol und Barracuda Championship für Profis mit rein europäischer Mitgliedschaft und stützt überdies die co-sanktionierte Irish Open – ganz nach dem Geschmack eines milliardenschweren Global Player.
Gestern nannte Pelley den bisherigen Titel seiner Top-Tour „in vielerlei Hinsicht eine falsche Bezeichnung“: „Wir sind definitiv eine Welttour“, unterstrich der Kanadier angesichts von mindestens 47 Turnieren in 27 Ländern, darunter 27 außerhalb von Europa, die für kommendes Jahr angesetzt sind.
Money is the Name of the Game
Der Sport orientiert sich nun mal dahin, wo das Geld ist. Oder wie die anglophile Welt sagt: Money is the Name of the Game. Das beklagen nur weltfremde Moralisten. Salopp formuliert lautete Pelleys Devise: Bevor die Saudis den Laden kaufen, „verkauft“ man sich lieber an einen bewährten Partner. Im europäischen Kernbereich der Tour sind die fetten Sponsoring-Weiden rar geworden; DP World tut, was andere Konzerne nicht wollen oder können und verhilft dem Golfzirkus zu neuem Wohlstand. „Seit mehr als zwei Jahren“ habe man an dem Deal gearbeitet, verriet Guy Kinnings, Kaufmännischer Direktor der fürderhin als European Tour Group firmierenden Organisation.
PEO und BIO Anfang bzw. Ende Juni 2022
Und wer die Party bezahlt, darf auch bestimmen, was auf der Einladung steht: Eine Saison jenseits der 200-Millionen-Dollar-Marke gab’s noch nie, ein achtstellig dotiertes (Final-)Event außerhalb von Majors und WGC-Events ebensowenig. Unter zwei Millionen Dollar an Börse pro Turnier geht’s ab der Saison 2022 sowieso nicht mehr, in der übrigens die Porsche European Open fürs erste Juni-Wochenende (02. bis 05.) und die BMW International Open drei Wochen später (23. bis 26. Juni) angesetzt sind.
Schulterschluss gegen Schreckgespenst
Dabei gab Keith Pelley vor nicht allzulanger Zeit noch den „Schmalhans Küchenmeister“ und hatte die Seinen auf unerquickliche Zeiten eingeschworen. Mit Gesamtpreisgeldern von lediglich 70 Millionen Dollar in der von Corona weitgehend lahmgelegten Spielzeit 2020 wirkte die klamme European Tour mit ihren leeren Kassen eher wie ein Übernahmekandidat und ein Appetithappen für die große Schwester aus Übersee denn als ein prospektives Erfolgsmodell. Erst das Schreckgespenst einer Premier Golf League (PGL) veranlasste European und PGA Tour zum Schulterschluss, um sich mit vereinten Kräften gegen die Golf-Bedrohung vom Golf zu stemmen.
Die Saudis zielten auf die Schwächen des Establishments und schweißten es stattdessen auf bis dato kaum vorstellbare Weise zusammen: Was für ein Bumerang! Wenn dann noch das bereits skizzierte Spätherbst-Spektakel der PGA Tour mit Gewinn-Garantien für die Stars gemäß FedEx-Cup-Platzierung kommt, dürfte dem Super- und Sonder-Tour-Spuk endgültig der Garaus gemacht sein.
Rory McIlroys fast prophetische Weitsicht
Irgendwo zwischen seiner US-Heimstatt in Jupiter/Florida und dem Geburtsort Holywood in Nordirland kann sich Rory McIlroy vielleicht gerade ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen. Als die „Sau“ Premier Golf League Anfang 2020 erstmals öffentlich durchs Dorf getrieben wurde, bewies der vierfache Majorsieger eine fast prophetische Weitsicht: „Diese Jungs haben zweifellos ein paar Schwachstellen im System des heutigen Golfsports auf dem Top-Level entdeckt“, gab „Rors“ damals zu Protokoll: „Vielleicht kann die PGL der Katalysator für Eingriffe in die bestehenden Strukturen sein – auf dass Veränderungen die Sache vorwärtsbringen.“ Hat funktioniert.