Neulich hat der Golf-Professional Matthew Wolff eine Million Dollar gewonnen, weil er bei der Wyndham Championship auf der Bahn 15 im Sedgefield Country Club ein Birdie erzielte. Das ist für einen Spieler seiner Güte auf einem Par-5 nicht so ungewöhnlich, aber besagte Bahn gehörte zur saisonlang laufenden Aon Risk Reward Challenge, die spielstrategische Entscheidungen honoriert und dafür die Ergebnisse auf vorher festgelegten Löchern bestimmter Turnier heranzieht.
Wie weiland Dagobert Duck
Nächste Woche bei der Tour Championship badet die Crème de la Crème der Golfbranche wieder in den Dollarmillionen wie weiland Entenhausens Krösus Dagobert Duck in den Dukaten in seinem Geldspeicher, wenn sich das alljährliche finanzielle Füllhorn des FedEx-Cup über den PGA-Tour-Protagonisten ergießt. 70 Millionen werden ingesamt verteilt, der Sieger kriegt 15 Millionen, die 126. bis 150. noch jeweils 70.000 Dollar. Der Zaster ist als eine Art Altersvorsorge gedacht, und dann wär’s andersherum vielleicht besser, also die fetten Summen eher für die „Hinterbänkler“, weil sich vorn doch eh die Millionäre tummeln – mal ketzerisch gedacht.
Weitenjagd fürs PIP-Ranking
In der Woche nach dem Ryder Cup gastiert Bryson DeChambeau auf Einladung bei der Long Drive World Championships in Mesquite/Nevada (27. September bis 1. Oktober teil), was dem „Hulk Holz“ garantiert jede Menge Aufmerksamkeit und Niederschlag auch in den sozialen Medien bescheren wird. Der Auftritt hilft gewiss fürs Player Impact Program (PIP), welches die Tour sich 40 Millionen Dollar kosten lässt – zur Honorierung des schönen Scheins im virtuellen Paralleluniversum.
Schotter mit der Schubkarre
Das sind drei Beispiele dafür, wie in der Beletage des Profigolf der Schotter förmlich mit der Schubkarre heran gekarrt wird. Als ob es in einer Saison 2020/2021 mit 408 Millionen Dollar (!) Gesamtpreisgeld, verteilt auf 48 Turniere, nicht schon genug zu gewinnen gab. Die European Tour wirkt dagegen fast wie eine Bahnhofsmission, in der Almosen verteilt werden. Von den vergleichsweise restlos unterbezahlten Damen gar nicht zu reden, wenngleich das Spielchen des Risiko-Versicherers Aon immerhin ebenso für die LPGA ausgeschrieben ist.
Nicht, dass es Missverständnisse gibt: Dies ist kein von Sozialneid befeuertes Lamento. Wenn Sponsoren Golf als werbe- und prestigeträchtiges Terrain ansehen und bereit sind, die Schatulle zu öffnen – gut so! Zudem ist den Professionals nicht zu verdenken, dass sie einsacken, was ihnen auf dem Silbertablett hingehalten wird. Fragwürdig freilich ist, an wen und wofür die Moneten fließen.
Jack Nicklaus’ erstes Preisgeld
Es wirkt fast ein bisschen pervers, wieweit der professionelle Golfsport ge- und in Teilen verkommen ist, seit „Jahrhundertgolfer“ Jack Nicklaus 1962 als ersten zählbaren Lohn seiner kolossalen Karriere 33,33 Dollar für den 50. Platz bei der Los Angeles Open „einsackte“. 34 Jahre später feierte Tiger Woods bei der Greater Milwaukee Open mit einem 60. Platz sein Debüt im bezahlten Golf und erhielt 2.544 Dollar. Viel mehr gibt’s (inflations- und geldwertbereinigt) auch heute nicht, beispielsweise wird der letzte Wochenend-Platz bei der Puerto Rico mit 6.210 Dollar honoriert, und bei der Wyndham Championship wurden 12.608 Dollar für Rang 74 ausgezahlt. Dafür geht vorn richtig die Penunsen-Post ab.
Bonus-Töpfe und Extra-Taschengeld
Bei gerade mal sechs Turnieren der ablaufenden Saison wurde der Sieger nicht siebenstellig „abgefunden“, bei der Players Championship war Justin Thomas’ Scheck auf 2,7 Millionen Dollar ausgestellt. Das alles ist business as usual. Doch allmählich kriegt G’schmäckle, wie ohnehin saturierte Stars noch zusätzlich gepampert werden, was sie mit allerlei Neben-Boni noch an Extra-Taschengeld verdienen dürfen – ganz gleich, wie all die Töpfe hießen und heißen, ob Wyndham Reward Top 10, Prämien für die reguläre FedEx-Cup-Saison oder Aon Risk Reward Challenge. Fatalisten tun’s mit dem Hinweis auf den Lauf der Dinge ab.
Wenn Leistung und Beständigkeit nicht zählen
Irgendwie erscheint absurd, wenn der doch per se an jedem Loch angestrebte Schlaggewinn hie und da noch gesondert honoriert wird – siehe Aon. Wenn die im Eigeninteresse jeden Golfers als Einzelunternehmer und Selbstvermarkter gelegene Werbewirksamkeit durch öffentliche Wahrnehmung noch institutionell befeuert wird – siehe PIP. Wenn’s gesondert noch mehr Geld bloß dafür gibt, dass zuvor bereits viel Geld verdient wurde – siehe FedEx-Cup-Play offs. Und dann wird nicht mal Kontinuität gewürdigt: Jon Rahm hat recht anzumahnen, dass der Play-offs-Führende fürs Saisonfinale letztlich lediglich zwei Schläge Vorsprung kriegt.
Die Pragmatiker haben wohl doch recht: Leistung und Beständigkeit, mithin Qualität, zählen allein als ausschlaggebende Kriterien nur noch bedingt.
Trotz 6,1 Millionen zählt jeder Cent
Bezeichnend ist überdies, was Matt Wolff zu seiner Aon-Million gesagt hat: „Auf der Tour kann man an eine Menge Geld machen, und da ich neu hier bin, hilft jeder Cent.“ Was zu beweisen war. Erinnert an: Er war jung und brauchte das Geld. Zur Einordnung sei allerdings aufgeführt, dass der Twen mit dem charakteristischen Knicks im Schwung allein an Preisgeldern 6,1 Millionen Dollar verdient hat, seit er im Juni 2019 ins Lager der Berufsgolfer gewechselt ist.
Die Sache mit dem Teufel und dem Haufen
Und zum Thema „Wer kriegt all die Kohle“: Es sind immer nur die üblichen Verdächtigen, die längst ihre Schäfchen im Trockenen haben, gemachte Leute sind, genug auf der hohen Kante haben oder was sich da sonst an Redewendungen anbieten; die den als Pensionsfond gedachten Jackpot jedenfalls wahrlich nicht nötig haben. Die FedEx-Cup-Gewinner der vergangenen Jahre hießen von 2015 bis 2020: Jordan Spieth, Rory McIlroy, Justin Thomas, Justin Rose, noch mal McIlroy und Dustin Johnson – samt und sonders Spitzenverdiener und das Establishment der PGA Tour. Letzter Quasi-Außenseiter war Billy Horschel 2014.
Der Volksmund hat für so was eine eher unappetitliche Metapher, die mit dem Teufel und seinen Verdauungsvorlieben zu tun hat. Sagen wir so: Geld geht gern dahin, wo schon Geld ist.