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BMW International Open

Der Pyrrhussieg der DP World Tour: Recht bekommen, aber Zugpferde verloren

07. Apr. 2023 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Keith Pelley und die DP World Tour gewinnen den Rechtsstreit mit der LIV Golf League. (Foto: Getty)

Keith Pelley und die DP World Tour gewinnen den Rechtsstreit mit der LIV Golf League. (Foto: Getty)

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Kennen Sie Pyrros I. von Epirus, den König der Molosser? Der hat 279 v. Chr. in der Schlacht von Asculum die Römer geschlagen und dabei so viele Soldaten eingebüßt, dass er am Ende den Krieg verloren hat. Seither spricht man von einem Pyrrhussieg, wenn ein Erfolg (zu) teuer erkauft wird.

Ordnungs-, verfahrens- und satzungsgemäß gehandelt

Es wirkt womöglich gallig oder klingt wie Schwarzmalerei, aber der Erfolg der DP World Tour vor dem Sport-Schiedsgericht in London ist vielleicht so ein Pyrrhussieg. Ja, die Entscheidung mag ein schwerer Schlag ins Kontor der LIV Golf League sein und könnte zum Präzedenzfall für die in den USA gegen die PGA Tour anhängigen Klagen werden. Nochmal ja, CEO Keith Pelley und sein Circuit haben Klarheit, was den Umgang mit ihren in die LIV-Liga gewechselten Tour-Mitgliedern betrifft: Sie durften Geldbußen verhängen und Turniersperren aussprechen, haben nach Ansicht des dreiköpfigen Gremiums unter dem Vorsitz von Richter Phillip Sycamore ordnungs-, verfahrens- und satzungsgemäß gehandelt. Alles war legal. Dennoch könnte ihnen der Triumph mächtig auf die Füße fallen.

Lee Westwood, Ian Poulter, Martin Kaymer, Sergio Garcia und Co. sind erstmal raus, ihre per Einstweiliger Verfügung durchgesetzten Starts bei bedeutenden und Weltranglistenpunkte-trächtigen Europa-Events sind Vergangenheit. Das „Imperium“ hat obsiegt. Freilich, um welchen Preis: Ohne solche Namen fehlt der Tour künftig eine ganze Menge werbliches Kapital. Bislang haben vor allem besagte Schlachtrösser den Promotion-Karren der DP World Tour gezogen.


„Die [LIV-]Spieler haben nicht an ihren nationalen Meisterschaften teilgenommen, da sie vertraglich verpflichtet waren, auf einer anderen Tour zu spielen. Und wenn sie mal irgendwo mitgespielt haben – selten genug –, dann bei hochkarätigen Veranstaltungen mit vielen Punkten für die Weltrangliste. Wäre die Entscheidung des Schiedsgerichts gegen uns ausgefallen, würde sich daran nichts ändern. Das kaufe ich niemandem ab. Die betreffenden Spieler hätten auch vorher schon an anderen Turnieren teilnehmen und mehr [auf der DP World Tour] spielen können: Diese Tür stand ihnen seit Juli vergangenen Jahres [seit der einstweiligen Verfügung gegen die Sperren, Anm. d. Red.] offen.“

Keith Pelley


Bei allem Respekt vor den Hojgaard-Zwillingen oder Bob McIntyre: Wen will man als zugkräftige und publikumswirksame Protagonisten etwa für BMW International Open oder Porsche European Open auf Plakaten und Bannern konterfeien und der breiten Fan-Gemeinde präsentieren? Ein Viktor Hovland, Shane Lowry oder Tommy Fleetwood lassen sich nicht allzu oft in Kontinental-Europa blicken; ein Jon Rahm oder Rory McIlroy noch seltener – absolute Top-Turniere und Heimspiele mal ausgenommen.

Die spannendste Turnierrunde? McIlroy vs. Reed

Auch der eine oder andere Werbepartner dürfte not amused sein, wenn sein Testimonial nunmehr legitim ausgesperrt werden darf. Zur Erinnerung: Der LIV’ler Paul Casey beispielsweise ist Porsche-Markenbotschafter.

Und noch ein Gedanke: Hand aufs Herz, welches war die spannendste Turnierrunde in diesem Jahr auf der DP World Tour? Ganz sicher das Finale der Hero Dubai Desert Classic, das Duell der Ryder-Cup-Kombattanten und nunmehrigen System-Rivalen Rory McIlroy und Patrick Reed. Oder? Wird so bis auf Weiteres nicht mehr vorkommen.

Prinzipien verteidigt, Position verschlechtert

Blöd irgendwie: Man hat alles richtig gemacht und die Mitglieder geschützt. Die Satzung ist bestätigt worden und das Vorgehen wird als rechtmäßig eingeordnet. Die Regeln wurden ordnungsgemäß verwaltet und angewendet – „die von unseren Mitgliedern erstellt worden sind und denen jeder von ihnen zugestimmt hat“ (Pelley). Und trotzdem lautet das Fazit: Prinzipien zwar verteidigt, aber Position verschlechtert. Pelley wäre allerdings kein meisterlicher Makler des Machbaren, wenn ihm nicht ein Ausweg einfiele: „Wir werden jetzt alle Facetten der Entscheidung analysieren, uns für diesen Prozess Zeit nehmen und überlegen, wie es weitergeht.“


„Die Entscheidung des Schiedsgerichts bestätigt, dass Sportorganisationen gewisse Rechte haben, um ihr Geschäftsmodell zu schützen. Dies ist ein großer Tag für den Sport, denn viele andere Sportarten können dies nun als Grundlage und als Präzedenzfall für ihre eigene Absicherung nutzen.“

Ex-Ryder-Cup-Teamchef und -Tour-Vorstandsmitglied Paul McGinley


Die Hintertüre zeichnet sich bereits ab. Der wendige Kanadier und sein Team in Virginia Water waren immerhin cleverer als die PGA Tour unter dem hartleibigen Jay Monahan – trotz der wirtschaftlich bedingten Nibelungentreue zur dominanten Schwester in der Neuen Welt aka Strategische Allianz. Sie haben die Überläufer nicht direkt auf Lebenszeit verbannt oder als Mitglieder geschasst, sprich ihnen komplett alle Rückwege verschlossen, sondern ihre Abweichler wegen des Starts beim LIV-Auftakt im Juni 2022 bloß für drei Turniere gesperrt und jeweils 100.000 britischen Pfund Strafe verhängt. Das eröffnet Handlungsspielräume.

Pelley hat eine Hintertür für Handlungsspielraum

Es kommt jetzt darauf an, in welchem Umfang die weiteren LIV-Starts geahndet werden. Im Klartext: Wenn die Rebellen ihre Strafen zahlen, die Sperren absitzen und mit der vorgeschriebenen Anzahl von Turnierteilnahmen auf der DP World Tour alle Voraussetzungen erfüllen, womöglich gar der LIV-Liga den Rücken kehren, bleiben sie weiterhin Teil des Circuits. Selbst ein Comeback im Ryder-Cup-Team ist damit denkbar. „Es wird nicht einfach“, räumt Pelley ein: „Aber es liegt ganz an ihnen.“

Am Bußgeld wird’s jedenfalls nicht scheitern: Greg Norman, der Kapellmeister des Konkurrenz-Konstrukts, hat bekanntlich längst erklärt, dass er den Deckel übernimmt. Bei allem anderen gibt es Platz für Pragmatismus. Getreu der Devise: Recht bekommen, Gesicht gewahrt, ein bisschen Kleingeld für die Kasse gesichert, Optionen freigehalten. Damit es Keith Pelley schlussendlich dann doch nicht so ergeht wie König Pyrros.

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