Vorhang auf zur letzten Folge der diesjährigen Staffel von „Profi sucht Major“: Wer wird heute bei Wind und vermutlich auch Regen an Nordirlands Küste sein sportliches Glück finden? Shane, das superbe Schwergewicht? Der tapfere Troubadour Tommy? Justin, der mit Japan-Ware jongliert? Oder doch der bravouröse Berserker Brooks? Eigentlich ist Lowry, dem neuen Helden der nordirischen Fans am Rande der Dunluce Links von Royal Portrush, diese 148. Open Championship nicht mehr zu nehmen – bei vier Schlägen Vorsprung auf Fleetwood und deren sechs auf J. B. Holmes sowie sieben auf Rose und Koepka. Erst recht, wenn der 32-Jährige nur halbwegs eine so brillante Runde hinlegt wie die gestrige 63, mit der er dank phänomenaler Approaches und famosen Puttens einen neuen Platzrekord auf den für die Open umgestalteten Links markierte (der bisherige lag bei 65 Schlägen) und für die er in Ryder-Cup-Atmosphäre gefeiert wurde.
Eigentlich! Wie es in Finalrunden kommen kann, muss hier nicht aufgezählt werden. Immerhin hat der Ire schon mal in der Finalrunde eine Führung von vier Schlägen verspielt, bei der US Open 2016 in Oakmont, Dustin Johnson nahm damals dankend an.
Heute Nacht hat Lowry jedenfalls bereits geträumt, die Claret Jug tatsächlich in Händen zu halten. Das war ihm gestern schon klar. „Wir sind doch keine Roboter. Natürlich malt man sich aus, wie das wäre. Ich werde am Sonntag überdies sicher nicht herumsitzen und versuchen, krampfhaft nicht daran zu denken.“ Aus Oakmont habe er zudem eine Menge gelernt, ohnehin sei er längst ein anderer Mensch. „Ich habe mittlerweile eine Familie“, sagte Lowry: „Und die erwartet mich – egal, ob ich mit oder ohne Trophäe heim komme.“
Brooks Koepka hadert mit dem Putten
Luxusproblem: Es ist Major, und Brooks Koepka ist, was wunder, vorne mit dabei. Der zweifache US-Open- und PGA-Championship-Sieger spielte gestern eine smarte 67, ist neben Justin Rose engster Verfolger der drei Spieler mit zweistelligen Minuswerten – und war dennoch unzufrieden. „Ich denke, niemand im Feld hat so gut gespielt wie ich. Dafür war ich aber vermutlich der Schlechteste mit dem Putter“, sagte der 29-Jährige hernach. Da möchte niemand von der Konkurrenz erleben, wie es läuft, wenn der Hüne aus Florida auch noch auf den Grüns heiß läuft …
A great finish from @BKoepka he joins @JustinRose99 on -9 #TheOpen
Live scoring ? https://t.co/eQjasgPOwf pic.twitter.com/MmadevqMjy
— The Open (@TheOpen) 20. Juli 2019
Driver-Test: Schauffele keilt gegen R&A aus
Nachschlag, die Erste: Es nagt an Xander Schauffele, die Sache mit seinem vom R&A als illegal getesteten Driver ließ dem 25-jährigen Kalifornier mit deutschen Wurzeln keine Ruhe, gestern legte er ungefragt noch mal nach und redete sich richtig in Rage. Auslöser war die durchgesickerte Nachricht, Zielscheibe war der R&A: „Damit verunglimpfen sie mich in der Öffentlichkeit und versuchen, mein Image zu zerstören. Es ist wenig professionell, wenn so was nicht intern bleibt.“ Er sei von einem anderen Spieler sogar schon vor allen Leuten „Betrüger“ gerufen worden, wenngleich im Spaß, „und so was macht mir schon zu schaffen“. Schauffele, der Anfang September bei der Porsche European Open aufteet, ist sich „sehr sicher“, dass nicht nur sein ursprünglicher Callaway-Driver, sondern auch Modelle von TaylorMade oder PXG durchgefallen seien: „Bei so was sollte sich der R&A mit den Herstellern unterhalten, statt uns Spieler anzuprangern. Unser Job ist es, bei Turnieren zu erscheinen und eine gute Show abzuliefern. Wir sitzen nicht zu hause und prüfen die Regelkonformität unserer Schläger nach.“
Kyle Stanley mit Rechtfertigungsbedarf
Nachschlag, die Zweite: Kyle Stanley wollte gestern noch mal das Wortgefecht mit Open-Debütant Robert MacIntyre zurecht rücken, der ihn auf der zweiten Runde angepflaumt hatte, weil der US-Pro mehrfach bei verirrten Abschläge nicht „Fore“ gerufen und sogar Zuschauer getroffen hatte. Freilich, mit Aussagen wie „Er (MacIntyre) ist halt ein junger Spieler, während ich schon eine Weile im Golf unterwegs bin und weiß, was ich tue“ machte der 31-Jährige es keineswegs besser. Und die Bemerkung „Ich glaube nicht, dass man mir Nachhilfe in Sachen Golfregeln erteilen muss“ verlangt letztlich nur nach einer einzigen Antwort: Offensichtlich doch! Stanley hätte besser geschwiegen …
Kollegen ziehen den Hut vor McIlroy
Anerkennung: Shane Lowry hat in Royal Portrush die (nord)irische Golfehre übernommen, aber Rory McIlroy und sein heroischer Kampf gegen das vorzeitige Aus am Freitag sind immer noch Thema. Selbst die Mitstreiter und Konkurrenten lüften den Hut vor dem Sportsgeist, der mentalen Stärke und nicht zuletzt den Verdiensten des 30-Jährigen. Beispielsweise Justin Thomas, der folgendes via Twitter übermittelte:
Even as a competitor and trying to beat the guy every week, sometimes I have to step back and realize how great @McIlroyRory is for golf. How he handles the spotlight, the highs, the lows, his social life, the fans, his golf, everything.. it’s awesome to watch
— Justin Thomas (@JustinThomas34) 19. Juli 2019
Westwoods souveräner Umgang mit den Regeln
Sportsgeist: Meckern, Jammern, den Schiri beeinflussen, mit den Regeln hadern? Das ist nichts für Lee Westwood. Nach einem verirrten Abschlag hatte sich der Ball des 47-jährigen Engländers in einen Busch verirrt und an dessen Fuß ins Erdreich gebohrt. „Westy“ fragte einen Offiziellen deswegen nach einem möglich Free Drop und bekam die Antwort: „Würdest Du den Ball von dieser Position spielen, wenn er nicht eingebohrt wäre?“ Westwood musste für die Antwort nicht lange überlegen. Statt eine lange Debatte über die Auslegung der Regeln zu beginnen, bewies er Integrität, akzeptierte klaglos, dass der Ball in dieser Lage unter dem Busch ohnehin unspielbar war, nahm den entsprechende Strafschlag auf sich und notierte schließlich das erste Bogey seiner etwas enttäuschenden 70er Runde. Sehr souverän!
Very sporting of @WestwoodLee not to attempt to argue his way to a free drop on 10. With all the recent rules decisions it reminds us of the honour at the heart of the game. @TheOpen
— Padraig Harrington (@padraig_h) 20. Juli 2019
Im Auto mit Louis Oosthuizen
Sängerknabe: Dass Louis Oosthuizen Golf spielen kann ist hinlänglich bekannt, der Open-Erfolg 2010 und jene 57, die er vor Jahren auf seinem Heimatkurs in Mossel Bay schoss, sprechen für sich. Dass der Südafrikaner mit der Zahnlücke und dem Faible für Bau- und Landwirtschaftsfahrzeuge aller Art auch noch ein talentierter Trällerer internationalen Liedguts ist, hat George Harper bei der Fahrt zum Dunluce Links nebst einigen anderen Informationen, z. B. zu seinem Namen oder über Royal Portrush, aus Oosthuizen herausgekitzelt:
Giants Causeway beeindruckt nicht nur Bubba Watson
Publikumsmagnet: Golf bestimmt derzeit den Rhythmus im nordirischen County Antrim, doch die große Zugnummer der Region sind nicht Golfplätze wie Royal Portrush, sondern ein einzigartiges Arrangement von Mutter Natur, erschaffen aus Basalt und Erosion. Der Giants Causeway lockt jährlich Hunderttausende von Touristen und sogar Golfstars in ihrer Open-Freizeit an.
Die Gesteinsformation erstreckt sich über 4,8 Kilometer entlang der Küste, besteht aus 40.000 bizarren Säulen und hat vulkanischen Ursprung, auch wenn die Legende wissen will, dass sich hier der irische Riesen Fionn MacCool in längst vergangenen Zeiten eine Straße gebaut haben. 1986 zum Unesco-Welterbe ernannt, gehört der Giants Causeway zu den vier größten Naturwundern im Vereinigten Königreich.
Im Rough? Dagegen hätten wir was…
Zum Schluss: Das Rough von Royal Portrush weckt Begehrlichkeiten – fragen Sie mal Rory McIlroy und all die anderen, die Mühe hatten oder haben, ihre Abschläge auf dem Fairway zu platzieren. Da wünscht(e) sich mancher fürs heutige Finale dieser 148. Open Championship garantiert die große Sense, um dem garstigen Grün den Garaus zu machen. Wir haben da was Passendes entdeckt: