Es gibt fernöstliche Medien, die Mission Hills, wo Martin Kaymer ab morgen seinen HSBC-Champions-Titel zu verteidigen sucht, als „Epizentrum der Golf-Welt“ bezeichnen. Das größte Resort von allen ist Mission Hills mit seinen zwölf „Signature“-Plätzen auf jeden Fall. Und es steht als Synonym für den Golf-Markt China: Nicht kleckern, sondern klotzen! Schon jetzt sei die dynamischste Volkswirtschaft der Welt auch „der Mittelpunkt der globalen Golf-Wirtschaft“, sagt der seit Jahren in China tätige US-Architekt John Strawn.
Chinas Golf-Verband geht aktuell von rund 500 Plätzen aus
Dabei weiß niemand wirklich um den genauen Stand der Golf-Dinge in China. Nicht mal der chinesische Golf-Verband, der rund 500 Plätze vermutet, meist Privatclubs für die Oberschicht oder eben Resorts für eine begüterte Urlauber-Klientel. Auch über die Zahl der Golfer gibt es wilde Spekulationen. Von drei Millionen war schon zu lesen; die Unternehmensberatung KPMG geht von 300.000 Aktiven aus, was bei aktuell durchschnittlich 50.000 Dollar Aufnahmegebühr und 150 Dollar Greenfee wahrscheinlicher ist.
Gegen die Goldgräber-Stimmung
Eins aber steht fest: Das Potenzial ist gewaltig. 8,7 Milliarden Dollar, so notierte es die staatliche Tageszeitung China Daily, wurden 2009 mit Golf gemacht. Genau deshalb verhängte die Regierung schon fünf Jahre zuvor ein Moratorium für alle Projekte, um die Goldgräber-Stimmung einzudämmen und den Wirtschaftsfaktor Golf unter zentrale Kontrolle zu bekommen. So wie auf der Ferieninsel Hainan, die wegen ihrer touristischen Bedeutung vom Veto Pekings verschont blieb. Rund 20 Plätze gibt es auf dem 34.000 Quadratkilometer großen Eiland schon, im Lauf des nächsten Jahrzehnts sollen noch 30 dazukommen. Mindestens.
Aber auch anderswo wird munter weiter am Golf-Wachstum gedreht. „Der Berg ist hoch und der Kaiser ist weit“, sagt ein Sprichwort; gute Kontakte zu regionalen Autoritäten sind wichtiger als das Plazet aus der fernen Hauptstadt. Selbst in der Mongolei wird gebaut, wenngleich sich das Meiste auf den wohlhabenden und klimatisch günstigen Süden und Osten konzentriert.
Allein Jack Nicklaus hat schon 19 Anlagen fertiggestellt
Alle sind da: Die Profi-Touren, die Industrie, die Architekten, die Bau- und Management-Unternehmen. Jack Nicklaus‘ Design-Firma z. B. hat bereits 19 Anlagen in China fertiggestellt, zwölf sind noch in der Entwicklung, weitere zehn in der Planung.
Während in den USA und in Europa, den Osten mal ausgenommen, die Golf-Entwicklung stagniert – auch weil der Markt gesättigt ist –, winken im „Reich der Mitte“ unvermindert rosige Zeiten mit Milliarden-Profiten. 25 Prozent Wachstum per Anno werden für die nächsten Jahre prognostiziert, Moratorium hin oder her. „Ein langsames China ist immer noch besser, als wenn woanders gar nichts geht,“ verdeutlicht der amerikanische Journalist Dan Washburn.
„2050 werden die besten Golfer der Welt Chinesen sein“
Noch ist die Volksrepublik kein Golf-Land, Golf kein Sport für breite Bevölkerungsschichten. Aber der Trend geht in die Richtung. Erst recht, seit Golf wieder olympisch ist. Im Sinne künftiger Medaillenspiegel hat auch die Regierung ihre Passion entdeckt und fördert Trainingsstätten. „2050 werden die besten Golfer der Welt Chinesen sein,“ prophezeit Architekt Strawn.
Das Szenario ist so abwegig nicht. Wenn von den derzeit 1,3 Milliarden Chinesen irgendwann nur ein Prozent, etwas mehr als in Deutschland (0,74 Prozent der Bevölkerung), den Schläger schwänge, wären das 13 Millionen Golfer. Statistisch gesehen bräuchte es dafür über 8.000 Golfplätze. Kein Wunder, dass Jack „The Golden Bear“ Nicklaus es „genießt, in China zu sein“ und "die Zähne in diesen Kuchen zu schlagen“.