Beinahe hätte er das „80.“ gar nicht gespielt: „Es kommen noch viele Masters, dein erstes Kind kriegst du nur einmal“, hat Danny Willett vor Wochen gesagt. Doch Ehefrau Nicole brachte Söhnchen Zachary James, der pikanterweise für den Finalsonntag ausgerechnet war, schon am 29. März zur Welt. Und so reiste der Gatte als frisch gebackener Vater doch nach Augusta. Dort stand Willett gestern Abend im „Green Jacket“ des Champions auf dem 18. Grün und fand anfangs außer „crazy“, „verrückt“, kaum Worte für „die besten zwölf Tage meines Lebens“.
Mit 67er-Runde im Tagesbesten-Trio
Es gibt Leute, die sagen, Willett hätte dieses Masters nicht unbedingt gewonnen, Jordan Spieth es vielmehr verloren. Gewiss, der 28-jährige Engländer profitierte vom Kollaps des Texaners: Titelverteidiger Spieth sah nach insgesamt sieben Masters-Runden als alleiniger Spitzenreiter und einer historisch einmaligen Führung von fünf Schlägen am Ende der ersten Neun schon wie der sichere „Doppel-Champion“ aus. Dann verlor er auf dem Weg zur Siegerehrung sieben Schläge, sechs allein auf den nächsten drei Löchern und nach zwei „Comeback“-Birdies noch einen auf der 17. Ein Desaster, das sich in Augusta Nationals Annalen zu den Aussetzern von Greg Norman 1996 und Rory McIlroy 2011 gesellt. Das darf die Leistung von Willett indes nicht schmälern!
Mit seiner 67er-Runde gehörte er zum englischen Tagesbesten-Trio (Paul Casey, Matt Fitzpatrick), überstand die für Spieth so mörderische Amen Corner unbeschadet, blieb insgesamt bogeyfrei, sprich: machte keine Fehler. Und wer keine Fehler macht, der wird bekanntlich befördert. Deswegen ist Willett jetzt Majorsieger.
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— Masters Tournament (@TheMasters) 11. April 2016
Golftraining auf einer Schafwiese
Erstaunlicherweise segelte der Pfarrerssohn, der das Golfspielen auf einer Schafwiese in Sheffield übte, lange Jahre unter dem Radar, stand im Schatten britischer „Übertalente“ wie Rory McIlroy oder Nick Dougherty, zudem Protegés von Sir Nick Faldo. Dabei avancierte Willett 2007 zum weltbesten Amateur, spielte damals überdies im Walker-Cup-Team, wie McIlroy, brachte es gegen seine US-Kontrahenten freilich bloß auf zwei halbe Punkte. Beim Masters war Willett ebenfalls nicht genial. Aber konstant.
Mit seinem unspektakulären, gleichwohl metronomhaften Schwung und Caddie Jonathan Smart an der Tasche traf er 38 von 56 Fairways, 48 von 72 Grüns, brauchte dort lediglich 114 Putts, hatte nur einen Drei-Putt. Und nach einer 70er-Runde zum Auftakt, einem 74er-Ausrutscher sowie dem „Moving Day“ im Par schlug er halt zu, als es drauf ankam.
Der endgültige Durchbruch in die Weltspitze hatte sich ohnehin angekündigt. 2012 gewann Willett im Golf Club Gut Lärchenhof mit der BMW International Open sein erstes Turnier auf der European Tour. Gut zwei Jahre später folgte die Nedbank Golf Challenge, 2015 dann das Omega European Masters und heuer im Februar die Omega Dubai Desert Classic. Darüber hinaus war der neue Weltranglisten-Neunte vergangenes Jahr lange McIlroys schärfster Rivale im Race to Dubai und giftete vor dem finalen Showdown auch mal kräftig gegen den Nordiren.
Schnellredner mit Yorkshire-Akzent
Wie ein Terrier hing er während der Saison lange an „Rors‘“ Hacken. So nennen sie ihn auch, obwohl noch ein Mops zur kleinen Familie Willett gehört: „Yorkshire-Terrier“. In erster Linie wegen seines Akzents. Manchmal sogar „Yorkshire Terror“, weil er sehr schnell zu reden pflegt. Am Sonntag Abend in Augusta allerdings nicht.
„Ich bin sprachlos, das ist selten“, bekannte Willett. „Worte können kaum beschreiben, was ich gerade fühle. Definitiv aber nicht, was ich empfunden habe, als unser Sohn zur Welt kam. Alles einfach nur surreal!“ Dann fiel ihm doch noch etwas ein: „Freunde haben bei meiner Abreise gesagt: Bring das grüne Masters-Sakko für den ,kleinen Mann‘ mit. Derzeit ist es noch etwas zu groß für Zachary. Ich bin jedoch sicher, dass er hinein wachsen wird.“