Oliver Heuler ist seit über 30 Jahren Golflehrer, war in den 90ern über mehrere Jahre Landes- und Nationaltrainer und hat zahlreiche Bücher über das Golftraining geschrieben. Im Interview mit Golf Post spricht er darüber, wie er mit dem Corona-bedingten Stillstand umgeht.
Golflehrer Oliver Heuler im Interview
Golf Post: Wie gehst du mit der aktuellen Situation um?
Oliver Heuler: Mein Leben ist eigentlich nicht anders als das, was ich sonst im Winter führe: Da gebe ich auch oft wochenlang keinen Unterricht und verbringe den Tag hauptsächlich mit Lesen und Schreiben. Mir fällt dabei nie die Decke auf den Kopf.
Golf Post: Der fast gänzliche Stillstand hat auch die Golfbranche erfasst. Womit beschäftigst Du Dich zurzeit und wo liegen deine Prioritäten?
Oliver Heuler: Ich bin gerade umgezogen und habe jetzt ein permanentes Foto- und Videostudio. Inspiriert durch meine Golflehrer-Kollegen, die gerade Videos am Fließband zu produzieren scheinen, habe ich auch mal wieder angefangen. Derzeit verfilme ich mein letztes Buch »Draw & Order«. Die Filme gibt es übrigens alle kostenlos bei YouTube.
Golf Post: Gewiss hast du ein großes Netzwerk in der Golfbranche. Wie beurteilst du das Stimmungsbild unter deinen Kollegen bzw. Golfclub-Verantwortlichen?
Oliver Heuler: Ich glaube, die Gefahren werden derzeit noch unterschätzt. Und dabei rede ich nicht von den Gefahren von Corona, die meiner Meinung nach eher überschätzt werden, sondern von denen der zweiten Weltwirtschaftskrise, die ich für unvermeidlich halte. Seit 2005 glaube ich, dass der Geld-Sozialismus mit beliebig vermehrbarem, staatlichem Zwangsgeld und planwirtschaftlich festgelegten Zinsen in einem Zusammenbruch enden wird.
Dazu hätte es meiner Meinung nach Corona gar nicht gebraucht. Corona war nur der Auslöser. Die Verschuldung der Staaten, Unternehmen sowie der Privathaushalte und die gigantische Überbewertung der Aktien- und Immobilienmärkte hat eine Größe erreicht, die sich nicht durch irgendeinen Trick auflösen lässt. Und ganz sicher nicht durch die Maßnahmen, die sie erst erzeugt haben: niedrige Zinsen und das Drucken von Geld. Was bedeutet das für den Golfsport? Schrumpfung. In einer langen Krise — ich rechne mit zwei bis drei Jahren — haben die Leute andere Sorgen, als Golf zu spielen.
Golf Post: Das chinesische Schriftzeichen für Krise besteht aus den Zeichen Gefahr und Chance. Was bedeutet diese Krise für den Golfsport? Kurzfristig und auch langfristig?
Oliver Heuler: Die, die vor der Krise schon zu kämpfen hatten, werden die nächsten Jahre nur schwer überleben. Es werden viele Clubs schließen. Viele werden ihre Arbeitsplätze verlieren. Das klingt für die meisten furchtbar pessimistisch. Aber durch Optimismus allein werden wir die Probleme nicht schneller lösen. Hilfreich sind möglichst präzise Analysen: weder zu optimistisch noch zu pessimistisch. Ich weiß natürlich auch nicht, ob ich richtig liege. Und ich wünsche mir sogar, dass ich zu schwarz sehe.
Aber durch meinen nicht zu optimistischen Blick bin ich jetzt zumindest vorbereitet und habe zum Beispiel, statt mich für ein Eigenheim zu verschulden, zur Miete gewohnt und Rücklagen gebildet. Ich habe mich weitergebildet, sodass ich vielleicht auch als Coach arbeiten und vielleicht Geld mit Büchern und Videos zur Persönlichkeitsentwicklung verdienen kann. Da liegen meiner Meinung nach die größten Chancen der Krise. Ich glaube nämlich nicht an einen Tausch der politischen Akteure, die die Lösung bringen, also nicht top-down, sondern eher bottom-Up: Wenn die menschliche Reife zunimmt, finden sich die Lösungen von alleine.
Golf Post: Für die Golfer ist das Spielverbot eine große Einschränkung. Wie können sie die Zeit für die Verbesserung ihres Golfspiels sinnvoll nutzen?
Oliver Heuler: Da gibt es aus meiner Sicht keine allgemein gültige Lösung. Wem es an Ausdauer oder Kraft mangelt, der kann die jetzt natürlich aufbauen. Wer unpassendes Equipment hat, könnte sich mit dem Thema Fitting beschäftigen. Wer koordinative Schwächen hat, kann jonglieren lernen oder dergleichen. Wer nicht weiß, warum er slict, mit der Spitze trifft oder socketiert, kann Golfbücher lesen. Ich biete zum Beispiel an, Schwungvideos aus der Ferne zu analysieren.
Man könnte aber natürlich auch einen ganz anderen Weg gehen und sich beispielsweise fragen, wo denn die Wut herkommt, wenn es mal nicht so klappt. Oder man fragt sich, warum man am ersten Abschlag die Hosen immer gestrichen voll hat. Die Frage: "wieso ist mir ein niedriges Handicap überhaupt so wichtig?", könnte auch den ein oder anderen weiterbringen. Ich habe mir diese Fragen vor 20 Jahren bei der Recherche für ein Buch gestellt und nach dreieinhalb Jahren hatte ich 350 Bücher gelesen und ein paar Antworten für mich gefunden. Damals war das auch aus einer Krise heraus geboren, aber keiner wirtschaftlichen Krise, sondern einer persönlichen Sinn-Krise. Aus heutiger Sicht bin ich froh, dass es die gab und so hoffe ich natürlich, dass viele in zehn Jahren auch zurückblicken und sagen werden: »Das Jahr 2020 hat mich damals weitergebracht.«