In unserer Serie "PGA Tour erklärt" stellen wir die Funktions- und Arbeitsweisen der PGA Tour dar. Umfangreich und detailliert nähern wir uns den Kernthemen des wichtigsten Golf-Circuits der Welt.
Caddie auf der PGA Tour
Klar ist, Caddies sind mehr als Bag-Träger. Sie bündeln exaktes Golfwissen, um ihre Profis beraten zu können, sind mentaler Beistand auf und oftmals auch nach der Runde. Die Zusammenarbeit ist eng und zeitintensiv.
Eine ausgiebige Beschreibung der nötigen Kompetenzen im Caddie-Beruf haben wir in Bezug auf die European Tour bereits zusammengestellt. Auch das Festgehalt eines PGA-Tour-Caddies gleicht mit im Durchschnitt mit 1.000 bis 1.500 Dollar dem der europäischen Kollegen. Da jedoch die Preisgelder auf der PGA Tour höher sind als auf der European Tour, ergibt sich aus der prozentualen Beteiligung des Caddies letztlich ein höheres Gehalt. Landet sein Spieler auf einem bezahlten Platz außerhalb der Top-10, erhält der Caddie in der Regel fünf Prozent des Preisgeldes. Erreicht der Spieler Platz zwei bis zehn, erhält der Caddie meist 7,5 Prozent. Für einen Turniersieg erhält der Caddie meist zehn Prozent des Preisgeldes.
Laut Golfoy.com gehörten zu den bestbezahlten Caddies der PGA Tour 2020: Adam Hayes (Jon Rahm) mit 374.625 US-Dollar, Paul Tesori (Webb Simpson) mit 417.595 Dollar und Jonathan Jakovac (Collin Morikawa) mit 486.000 Dollar.
Doch wie wird man Caddie auf der PGA Tour? Eine Umfrage des Portals „The Caddie Network“ unter seinen Mitgliedern ergab vier Hauptwege.
- Caddie-Veteranen tauchten vor einigen Jahrzehnten einfach am Club-Parkplatz auf und fragten, ob sie gebraucht würden. Nach und nach erarbeiteten sie sich einen Namen und Stammspieler.
- Einige Caddies kannten einen Spieler privat. Der Profi gab ihnen eine Chance und es hat funktioniert.
- Einige Caddies waren selbst Spieler auf einer Tour und kannten den Profi bereits vom gemeinsamen Spiel.
- Einige Caddies boten Spielern auf Minor-Touren ihre Dienste an und arbeiteten sich gemeinsam mit dem Spieler auf die PGA Tour.
Tatsächlich ist es heutzutage schwer bis unmöglich, einen Spieler in den großen Ligen zu bekommen. Aber auch früher war es nicht einfach. Die Geschichten, wie die großen Caddies an ihren Job kamen, sind alle sehr unterschiedlich. In einem Punkt gleichen sie sich jedoch. Alle sprechen von großem Glück oder Zufall, dass das erste große Engagement als Caddie von Erfolg gekrönt war.
Carl Jackson (*1947) ist eine Caddie-Legende. Seine Geschichte ist untrennbar mit dem Augusta National Golf Club verbunden. Ausgenommen im Jahr 2000 als er wegen eines Krebsleidens nicht am Turnier teilnehmen konnte, verpasste Jackson zwischen 1961 bis 2015 kein Masters.
„Ich hatte keine große Wahl“
Aufgewachsen in einem Armenviertel, das an Augusta National grenzte, hatte der junge Carl Jackson bereits oftmals durch den Zaun an der Weed Street den Golfern bei ihrem Spiel von Loch 16 bis 18 zugeschaut. Es war 1958 als der elfjährige Carl auf der Straße von einem Caddie-Master angesprochen wurde, ob er nicht etwas Geld verdienen wolle. Seine Mutter war auf das zusätzliche Geld angewiesen, konnte dennoch nicht länger die Schuluniform bezahlen und Carl brach die Schule ab, um fortan Caddie zu sein. „Ich hatte keine große Wahl, aber ich machte es zu einer guten Entscheidung“, erklärt Jackson in einem Interview mit dem Sender News12.
Zunächst begleitete er vor allem die reichen Mitglieder auf der Runde, doch bereits drei Jahre später begleitete der nun 14-Jährige den Profi Billy Burke beim Masters 1961. Obwohl er kurzzeitig für Bruce Devlin und Gary Player arbeitete, ist seine Arbeit mit Ben Crenshaw wohl am bekanntesten. Seit 1976 war er als Caddie an Crenshaws Seite und sie gewannen zweimal gemeinsam das Masters (1984 und 1995). Mit Crenshaw nahm auch Jackson 2015 seinen Hut. Nach 54 Masters-Teilnahmen als Caddie.
Eine anderes soziales Umfeld, eine andere Generation und ein anderer Kontinent sind der Hintergrund eines anderen bekannten Caddies, Steve Williams (*1963). Zu den Arbeitgebern des Neuseeländers zählten viele große Namen. Aber über seine Exzentrik wurde bisher mehr geschrieben als über seinen Werdegang. Wie Carl Jackson begann auch Steve Williams das Caddying sehr früh. Anders als Jackson, wuchs Williams jedoch in guten Verhältnissen auf und konnte die Schule besuchen.
„Ich würde alles dafür tun, Caddie zu werden“
Bereits mit zehn Jahren verbrachte Williams seine Wochenenden auf dem Golfplatz und arbeitete als Caddie in seinem Heimatclub Paraparaumu Beach. Er selbst berichtete auf seinem leider offline-genommenen Blog „KiwiCaddy“, dass er an einem Tag oft erst 36 Loch als Caddie arbeitete und dann selbst bis zur Dunkelheit golfte. Obwohl er als Jugendlicher bereits ein 2er Handicap führte, bereitete ihm das Caddying größere Freude als selbst zu spielen. „1976 arrangierte mein Vater, dass ich für Peter Thomson bei der New Zealand Open im Wellington Golf Club den Caddie machen durfte“, beschreibt Williams sein erstes Profi-Engagement. Steve Williams war 13 Jahre alt und Peter Thomson soll begeistert von den Fähigkeiten des Jungen gewesen sein. Und auch Williams war begeistert: „Danach war mir klar, dass ich alles dafür tun werde, professioneller Caddie zu werden.“ Thomson nahm ihn immer mit, wenn er in Neuseeland spielte und ließ ihn in den Schulferien auch zu Turnieren nach Australien einfliegen. Unter den Tour-Caddies war Williams eine Attraktion. Er wagte sich auf die European Tour und lernte in dieser Zeit Greg Norman kennen. Seit 1982 war er für Norman bei allen australischen und asiatischen sowie einigen europäischen Turnieren an der Tasche. Es folgte Ray Floyd (1989–1999), den Williams als eine Vaterfigur beschreibt, bevor 1999 das Telefon klingelte und Tiger Woods fragte, ob er übernehmen könne. Diese Zusammenarbeit sollte als eine der erfolgreichsten in die Geschichte eingehen.
Mit Steve Williams war Tiger Woods insgesamt erfolgreicher als mit seinem Vorgänger Mike „Fluff“ Cowan (*1948). Dennoch steht der schnauzbärtige Kauz für den Aufstieg des damals neuen Golfstars Tiger Woods. Mit Cowan gewann Tiger 1997 das Masters. Gerüchteweise soll Woods ihn gefeuert haben, weil er in einem Interview seinen Verdienst verriet (1.000 Dollar pro Woche und bis zu zehn Prozent des Preisgelds). Dass Fluff es drauf hat, bewies er nach dem Rausschmiss an Jim Furyks Tasche.
„Ich habe in meinem Leben nie etwas geplant“
Cowan wuchs in Maine auf. Seine Vater brachte ihn zum Golfspiel. Nach einem bisschen College-Golf an der William Penn University heuerte er in den 1970ern als Assistant Golf Pro in seinem Heimatclub an. 1976 wird er gefeuert. Warum, ist nicht bekannt aber es sollte sich als großes Glück erweisen, denn er entschied sich als Caddie anzufangen. Er wartete wie viele andere Caddies auf dem Turnierparkplatz auf potentielle Arbeitgeber. Sein erster Caddie-Job auf der PGA Tour war ein Monday Qualifier 1976 bei den Greater Hartford Open (heute Travelers Championship). Den ersten Sommer arbeitete er für 20 Dollar und zwei Prozent des Preisgeldes. Er arbeitete nie zweimal für denselben Profi.
Das änderte sich, als er am Ende der Saison 1976 für Ed Sabo beim Walt Disney World National (mit verschiedenen Namen bis 2012) den Caddie machte und dieser ihn anschließend fragte, was er nächste Saison vorhabe. „Es war nicht meine Intention, fester Caddie von irgendwem zu werden“, sagte Fluff der Golfweek. „Ich habe in meinem Leben nie etwas geplant. Habe mich immer treiben lassen.“ 1978 wechselte er zu Peter Jacobsen, mit dem er 18 Jahre bis 1996 zusammenarbeiten sollte. Erst eine Verletzung Jacobsens 1996 machte möglich, dass Mike Cowan für ein paar Turniere, bis Jacobsen wieder gesund sein sollte, mit Tiger Woods auf die Runde ging. Es wurde drei sehr erfolgreiche Jahre.
Eine der jüngeren Geschichten ist die von Terry Mundy. Er selbst ist ein guter Golfer (Hcp zwischen 3 und 6) und arbeitete lange als Caddie für seine Frau Johanna (geborene Head), die seit 1997 auf der LET und seit 2001 auf der LPGA Tour spielte, und weitere Spielerinnen der Damen-Tour. Bei einem Mixed Tour Event in Marokko 2006 trafen sich Terry Mundy und Ian Poulter zum ersten Mal und fanden heraus, dass sie keine 20 Minuten voneinander entfernt lebten und den Heimatclub, den Woburn Golfclub im Norden Londons, teilten.
Zurück in der Heimat trafen sie sich zufällig auf dem Platz und kamen erneut ins Gespräch. „Einige Zeit später rief Ian mich an und fragte, ob ich ihm für zwei Wochen aushelfen könnte,“ verriet Mundy dem Sender Golfing World. Aushelfen sollte er 2006 aber Mundy ist bis heute Poulters Caddie.