Ein Griff an die linke Schulter beim Aufwärmen auf der Driving Range, ein besorgter Blick hinüber zu Caddie Craig Connelly. Die Vorzeichen hätten zum Auftakt der 146. British Open für Martin Kaymer wahrlich besser sein können. Am Ende eines turbulenten Tages wirkte jedoch plötzlich alles nicht mehr so bedrohlich. "Ich war vor dem ersten Abschlag nicht wirklich besorgt", berichtet Kaymer, der im Interview mit Golf Post noch seine Schmerzen durch eine Reizung der Bizepssehne beschrieben hatte. "Ich muss das Ding jetzt bis Sonntag durchziehen und dann habe ich Pause."
Martin Kaymer vorübergehend auf "Abwegen"
Vor allem auf der Front Nine hätte man dem zweifachen Majorsieger dennoch eine gewisse, schmerzbedingte "Orientierungslosigkeit" vorhalten können, sah seine Scorekarte doch recht wild und bunt aus. Wirklich auf "Abwegen" befand sich Martin Kaymer in dieser Phase allerdings nur zwei Mal. Am sechsten Loch verfehlte er das Grün deutlich rechts, landete im dichten Rough und notierte ein Doppelbogey - nur um daraufhin den Weg zum siebten Abschlag in den verwinkelten Dünen Royal Birkdales nicht auf Anhieb zu finden. "Ich habe diese Löcher noch nie gespielt", schallte es zu seinen Flightpartnern.
Tatsächlich hatte der 32-Jährige nur die zweiten Neun des Platzes vor den Toren Liverpools zur Probe gespielt, den Rest zuvor zur Schonung "nur" abgelaufen. Entsprechend zwiespältig fiel Kaymers Fazit nach Verlassen des 18. Grüns aus. Er habe einfach zu wenige Fairways getroffen und sich dadurch nicht genug Chancen erarbeitet, erklärte der Deutsche, "aber mit dem Putten war ich sehr zufrieden."
Insgesamt waren es halt zwei, drei kleine Fehler, die in Summe zu einer 72 und zwei Schlägen über Par führten. Das Momentum spricht nach dem ersten Tag der British Open allerdings für Martin Kaymer. Eindrucksvoll kämpfte er sich auf den letzten Löchern zurück, verpasste an der 17 nur knapp das Eagle und schlägt nach kleiner Aufholjagd am Freitag mit Rückenwind als einer der ersten ab.
"Bin mit einem blauen Auge davongekommen"
Ebenfalls dank eines starken Schlussspurts grüßte Bernd Wiesberger derweil aus den Top 25. "Ich bin mit einem blaue Auge davongekommen", resümierte der Österreicher. Seine nach eigener Aussage relativ schwachen Eisen auf der Front Nine kompensierte Wiesberger bei besser werdenden Bedingungen mit einem gelochten Putt vom Vorgrün, welcher ihn in der Folge nochmal beflügelte. Insgesamt sei es zum Auftakt der Open Championship ein guter Kampf gewesen, "nicht so viele Schläge zu verlieren und dann sicherlich positiv, mit einigen Birdies noch aufzuholen."
Trio führt British Open zum Auftakt an
Nachdem am frühen Morgen der Himmel über Royal Birkdale noch grau verhangen war und die letzten Regentropfen auf die Schirme fielen, besserten sich das Wetter und die Scores zum Auftakt der British Open zunehmend. Jordan Spieth war dann der Erste, der mit einer fehlerfreien 65 und fünf unter Par Tagesbestleistung ins Clubhaus brachte. Egal aus welcher Lage, der junge Amerikaner hatte immer den richtigen Schlag parat - manchmal auch mit ein bisschen Glück als Unterstützer.
An seine Fersen heftete sich im weiteren Verlauf US-Open-Sieger Brooks Koepka, dem seine vierwöchige Pause nach seinem ersten Majorsieg sichtlich gut getan hat. Landsmann Matt Kuchar schickte sich dann an, die beiden von der Spitze zu verdrängen, lag er immerhin zur Halbzeit der Runde schon bei selbigem Score von -5. Da er seinen Motor danach allerdings auf solide Pars drosselte, wurde die 146. Open Championship schließlich von einem Trio nach Tag eins angeführt.
Druck scheint für Lokalmatador zu groß
Für positive Überraschungen sorgten derweil Ian Poulter, der sich wieder erstarkt früh auf drei unter Par und den geteilten sechsten Rang spielte sowie Charley Hoffmann (ebenfalls -3/T6). Der Amerikaner schaffte es am ersten Loch - immerhin dem schwersten des Platzes - ohne getroffenes Fairway und ohne gespielten Putt ein Eagle zu notieren. Sicher der Schlag des Tages!
Great start! @hoffman_charley holes an eagle on the first. #TheOpen pic.twitter.com/mXGgIvUwYb
— The Open (@TheOpen) 20. Juli 2017
Aber natürlich gab es auch die eine oder andere Enttäuschung zu verzeichnen. So reihte sich mit dem Südafrikaner Louis Oosthuizen ein Ex-Champion bei acht unter Par und auf T151 ganz hinten im Feld ein. Und auch für Lokalmatador Tommy Fleetwood, aufgewachsen nur wenige Meter entfernt vom Open-Schauplatz in Southport, war der Druck wohl zu groß. Er hatte sich im Vorhinein noch auf die zu erwartende große Unterstützung durch Familie und Freunde gefreut, dürfte die Euphorie nach einer 76 und sechs über Par ziemlich schnell verflogen sein.
Auch zu Rory McIlroy müsste nicht viel geschrieben werden, knüpfte der Nordire lange an die Leistung seiner zuletzt verpassten Cuts an und lag nach sechs Löchern bereits fünf über Par. Irgendwie schaffte er es dann jedoch, den Schalter umzulegen und als unter den begeisterten Zuschauer auf den großen Tribünen an der 18 schließlich lauter Jubel ausbrach, hatte der vierfache Majorsieger tatsächlich noch die 71 gerettet und lag damit auf dem geteilten 58. Platz, noch vor Martin Kaymer.