Die British Open 2024 ist aktuell in vollem Gange und offenbart erneut eine Besonderheit des einzigen Majors auf europäischem Grund und Boden. Der Wetter-Faktor ist hier vermutlich so groß wie bei keinem anderen der großen Turniere. Da der überwiegend starke Wind auch auf dem Links Golf Course in Royal Troon in der Regel abhängig von der Tageszeit ist, haben gerade die Tee Times großen Einfluss auf die Scores der Teilnehmer. Das zeigt auch ein Blick in die Vergangenheit des Majors.
British Open 2024: Die tragende Rolle der Tee Times
Nach zwei Turniertagen forderte die British Open 2024 bereits wieder einige prominente Opfer. Stars wie Rory McIlroy (+11), Wyndham Clark (+16) und Bryson DeChambeau (+9) hatten mit den windigen Bedingungen zu kämpfen und scheiterten krachend am Cut. Die zweite Runde am Freitag unterstrich erneut die Rolle der Tee Times bei dem Major: Während der Morgen auf dem Old Course des Royal Troon Golf Club angenehme Bedingungen lieferte, nahm der Wind in der Mitte des Tages zu und machte den Golfplatz für die Spieler, die zwischen Mittag und frühem Nachmittag Ortszeit abschlugen, tückisch. Bob MacIntyre begann seine Runde mit +8 nach fünf Löchern. Joaquin Niemann spielte eine 8 auf dem Par-3-Loch 8, einer von vielen hohen Scores am frühen Nachmittag. Und Rory McIlroy schlug auf dem Par-5-Loch 6 mit einem 93-Yard-Wedge meilenweit links vom Grün ein Bogey, sein viertes Bogey oder schlechter am frühen Nachmittag in Folge. Laut DataGolf erzielten die Spieler, die am Nachmittag abschlugen, einen Durchschnittswert von 75,3 Schlägen, verglichen mit 73,4 am Vormittag. Dabei ist allerdings auch anzumerken, dass die Abschlagzeiten bei den Open über den ganzen Tag verteilt sind und nicht in zwei verschiedenen Wellen. Dennoch unterstreicht dieser Wert den großen Einfluss der Tee Times bei der British Open. Umso beeindruckender waren die starken Runden von Justin Rose (68) und Jon Rahm (70).
The battle with the elements continues. pic.twitter.com/13rIysC1fJ
— The Open (@TheOpen) July 20, 2024
Bereits 2016, als die British Open zuletzt in Royal Troon stattfand, spielten die Tee Times eine tragende Rolle: Die Wetterbedingungen auf dem Links Golf Course führten damals zu einer Differenz von 3,2 Schlägen zwischen den Durchschnittswerten der frühen und der späten Tee-Time-Gruppen. Von den elf Spielern, die 2016 Platz 9 oder besser belegten, kamen neun Spieler aus der gleichen Gruppe, darunter sowohl der Sieger Henrik Stenson als auch der Zweitplatzierte Phil Mickelson. An die Auswirkung der Tee Times erinnert sich unter anderem Billy Horschel, der nach 72-68 bei der British Open 2024 aktuell auf dem geteilten vierten Platz steht (-2): "Ich hatte das Pech, bei einigen Tee-Time-Losungen auf der falschen Seite zu stehen. Hoylake 2014. [In Royal Troon] habe ich 2016 in der ersten Runde 4 unter gespielt, und dann habe ich eine 85er Runde gespielt, aber wenn sich jeder erinnert, war das Wetter ziemlich scheußlich. Ich kam bis zur 9, und das Wetter war bis dahin das schlimmste, bei dem ich je gespielt habe - es wehten starker Wind, es regnete seitwärts. Es war ein brutales Wetter an diesem Tag."
Es gibt keinen Mangel an Beispielen, um die Bedeutung der Tee Times bei der British Open zu untermauern. Tiger Woods' 81er Runde am Samstag in Muirfield im Jahr 2002 lässt sich ebenfalls auf Lospech zurückführen. Ähnlich ging es Geoff Ogilvy zwei Jahre zuvor als er Rory McIlroy im Nacken saß: "Er war auf der Nr. 16 und ich auf der Nr. 2 und gleich danach fing [der Wind] an zu blasen. Ich spielte ziemlich gut, aber hatte das Gefühl, dass ich von meinem Platz aus keine Chance habe." McIlroy, der eine frühere Tee Time erwischte, verbuchte eine 63er Runde bei idealen Bedingungen. Diese Beispiele zeigen allerdings auch, dass ein Open-Sieger nicht nur ein wenig Losglück braucht, sondern auch bei ausbleibendem Glück mit widrigen Wetterbedingungen zurechtkommen muss. Ist ein Golfer dazu nicht in der Lage, hat er den Sieg der British Open möglicherweise auch nicht verdient.
"Forged By Nature" - Der Sieger der British Open 2024 braucht mehr als Können
Das Motto der British Open lautet nicht umsonst "Forged By Nature" – von der Natur geformt. Der Sieger des letzten Majors kann schließlich nicht nur auf sein Können am Schläger vertrauen, sondern muss ebenso mit den teils widrigen Bedingungen der Natur klarkommen. "Links-Courses sind eng mit der Natur verbunden. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes die Verbindung zwischen dem Meer und dem Land - und so offen, dass jedes Wetter eintreffen und Verwüstung anrichten kann", heißt es weiter auf der Internetseite der British Open. Nicht nur der Platz und die Wetterbedingungen sind demnach von der Natur geformt, sondern auch der Open-Sieger selbst. Dafür braucht es nicht nur Glück bei den Wetterbedingungen, sondern eben auch bei der Auslosung der Tee Times. Gleichzeitig sollte dies nicht den Erfolg des Open-Siegers schmälern. Schließlich sind es gerade die Leistungen bei widrigen Bedingungen, wie die von Justin Rose in diesem Jahr, die letztendlich entscheidend für einen Major-Sieg sein können.