Die BMW International Open 2023 ist der Abschluss des vollgepackten Golf-Junis in Deutschland. Golf Post hat den Turnierdirektor der Veranstaltung, Marco Kaussler, interviewt: Neben ersten Einschätzungen zum Erfolg der deutschen Spieler sowie der gesamten Veranstaltung spricht er außerdem über Potentiale des Turniers sowie die Situation zwischen den Touren der Golfwelt.
Marco Kaussler, Turnierdirektor der BMW International Open, im Interview
Frage: In diesem Jahr sind bei der BMW International Open so viele deutsche Spieler wie nie zuvor. Überhaupt ist der deutsche Profigolf im Moment in einem Zustand wie seit zehn Jahren nicht mehr. Hat man das im Ticketvorverkauf gemerkt oder bei der Sponsorenakquise? Hat es das alles ein bisschen einfacher gemacht?
Marco Kaussler: Ich glaube, das ist etwas, das sich erst langsam rumsprechen wird. Man ist, glaube ich, seit vielen Jahren gewohnt, tolle Spieler bei der BMW International Open am Start zu haben, aber es geht doch nichts über erfolgreiche, nationale Spieler aus Deutschland, die vorne mit dabei sind. Im Idealfall spielen sie um den Sieg mit. Das werden wir jetzt am Wochenende sehen, speziell dann morgen [Sonntag], wenn es um die Wurst geht. Wir sind auf jeden Fall mit den Zuschauerzahlen zufrieden und freuen uns jetzt auf ein spannendes Wochenende.
Golf Post: Gibt es schon erste Zahlen zu den Ticketverkäufen? Wobei der Vergleich zu anderen Jahren durch Corona wahrscheinlich schwierig ist.
Marco Kaussler: Ehrlich gesagt vernachlässige ich das mittlerweile komplett. Corona spielt eine Rolle und das andere ist jedes Mal die Witterung. Dem einen ist es zu heiß, dem anderen ist es zu kalt, dem nächsten ist es zu windig und dann könnte es ja doch mal drei Tropfen geben. Insofern nehmen wir es, wie es kommt. Für mich wäre das beste Wetter eigentlich 17 Grad, bedeckt, leichter Wind und trocken. Aber das kann man sich ja nicht wünschen. Insofern: wir nehmen es, wie es kommt, sind aber sehr zufrieden.
Golf Post: Inwiefern kann man denn als Turnierdirektor oder als Turnier diese positive Entwicklung, die der deutsche Golfsport gerade nimmt, ein bisschen beeinflussen?
Marco Kaussler: Ich glaube, wir können es nicht maßgeblich beeinflussen, aber wir können das Beste daraus machen. Die deutschen Spieler waren uns schon immer wichtig. Wir versuchen, dass sie sich hier wohl fühlen. Wir versuchen, ihnen zu helfen. Gerade in diesem Jahr haben wir auch wirklich versucht, so vielen Spielern, wie überhaupt möglich, Einladungen zukommen zu lassen. Ob das Spieler sind, die drüben auf den kleineren Touren wie der Korn Ferry Tour spielen, oder welche, die gerade Profi geworden sind, ohne dass sie über ein eigenes Ranking reinkommen würden. Die Spielstärke ist einfach deutlich besser geworden. Früher gab es vielleicht eine Hand voll, wo man sagen konnte, die haben überhaupt die Möglichkeit, den Cut zu schaffen. Und jetzt haben wir 13 Spieler, die den Cut geschafft haben, und ein Amateur ist darunter. Bei 20 Pros und zwei Amateuren im Feld ist das eine sensationelle Ausbeute, wo selbst der Turnierdirektor der DP World Tour sagt "Wow", so etwas hätte er nie erwartet.
"Wir drücken die Daumen und freuen uns riesig"
Golf Post: Genau, 13 Spieler haben es ins Wochenende geschafft. Hätte man es sich überhaupt schöner wünschen können?
Marco Kaussler: Nein, wenn es um eine Turnierveranstaltung geht, gibt es nichts schöneres als einen deutschen Sieger. Wenn da jetzt einige vorne mitspielen, freut uns das sehr. BMW unterstützt durch sein Engagement den Golfsport seit vielen Jahren. Und da auch die Möglichkeit zu schaffen, auf hohem Niveau spielen zu können in Deutschland oder auf anderen Touren, ist etwas besonderes. Und wir würden uns dann freuen, den ein oder anderen auch mal in Wentworth oder gar in Amerika zu sehen. Insofern drücken wir die Daumen und freuen uns riesig.
Golf Post: Wie schwer wiegt denn, auch wenn die deutschen Spieler gerade überzeugen, dass man aufgrund ihrer LIV-Engagements andere gar nicht mehr einladen kann?
Marco Kaussler: Ich glaube, das ist jetzt eine Situation, die behoben werden wird. Mit dem aktuellen Status muss man sich auseinandersetzen. Das wird jetzt wahrscheinlich einige Monate dauern in den Verhandlungen, wie man mit diesem Thema umgeht. Ich glaube, so ein etabliertes Turnier wie BMW International Open in der 34. Austragung kann das auch verkraften. Und auch der Ryder Cup im Herbst in Rom wird neue Talente, neue Stars produzieren. Insofern ist es natürlich schade, tolle Spieler wie Martin Kaymer, der die BMW International Open als einziger deutscher Spieler mal gewinnen konnte, nicht da zu haben. Aber ich hoffe, dass die Verantwortlichen da Lösungen finden, um die Möglichkeit wieder herzustellen. Und dann freuen wir uns natürlich, wenn er wieder mit dabei ist.
Golf Post: Du gehst offensichtlich davon aus, dass es nächstes Jahr wieder eine andere Situation gibt.
Marco Kaussler: Ich gehe davon aus, ja. Weil letztlich sind die Voraussetzungen da und geschaffen. Alle Eier liegen im Korb. Jetzt muss man schauen, wie man eine Konstellation herstellt, die für das Profigolf am meisten Sinn macht. Das ist eine der Baustellen - sicherlich nichts, was man ganz einfach lösen kann und wo die Lösung auf der Hand liegt, aber ich glaube, dafür müssen sich die Verantwortlichen jetzt zusammensetzen und zu einem Ergebnis kommen, das für alle Seiten tragbar ist. Aus meiner Sicht ist der Weg frei für eine weltweite Tour auf höchstem Niveau und andere Touren, die eben im Einklang miteinander sind. Das wird aber eine Zeit lang dauern.
"Es hat sich bestätig, dass nicht nur Golfspieler hier her kommen"
Golf Post: Hier wird vor allem am ProAm-Tag viel für Kinder gemacht und mit "Eagles for Education gibt es auch eine Charity. Welche Strahlkraft hat die BMW International Open hier auf die Region und vor allem auch auf Nicht-Golfer?
Marco Kaussler: Wir haben von Anfang an versucht, die Veranstaltung so zu konzipieren, dass sie nicht nur für den Hardcore-Golfer interessant ist, der jede Woche spielt und die besten Spieler der Welt sehen will. Es gibt hier in der Public Area auch einfach viele Aktionen, wo Golfinteressierte auch mal abgeholt werden und es kommen auch Nicht-Golfer aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, die sich das auch mal anschauen, vielleicht auch selber noch nie probiert haben. Die verbringen hier eine schöne Zeit und das muss das Ziel sein. Es hat sich in den letzten Jahren bestätig, dass nicht nur Golfspieler hier her kommen, sondern auch Leute, die einfach einen schönen Tag verbringen wollen.
Golf Post: Du hast gerade schon anklingen lassen, dass Du auf die Situation derzeit relativ positiv blickst. Wie wie war Deine erste Reaktion - mit dem Wissen Turnierdirektor zu sein - als vor zwei Wochen die Golfwelt implodiert ist?
Marco Kaussler: Implodiert... Explodiert. Mein Gedanke war, wenn es jetzt aus anderen Quellen kommen würde, könnte es auch ein Aprilscherz sein. Das hat einfach niemand kommen sehen und trotzdem ist es einfach ein positiver Weg jetzt zu sagen, man kommt gemeinsam an einen Tisch, bringt die Parteien zusammen, führt einen Dialog und sucht eine Lösung, wie man die verschiedenen Interessen letztlich voreinander bringt und so strukturiert, dass das Ganze nebeneinander, miteinander oder in Teilen sinnvoll aufgestellt ist.
"Wir sind guter Dinge, dass es in dem Dialog zu Lösungen kommt"
Golf Post: Ist überhaupt absehbar, was das für die BMW International Open bedeutet?
Marco Kaussler: Nein, das ist alles Mutmaßung. Alles, was vor uns liegt, muss man jetzt mal entspannt abwarten und dann bewerten. Da gibt es so viele große Themen, die da gelöst werden müssen. Da kann man nicht aus einem Blickwinkel sagen, das wäre jetzt richtig oder falsch. Da werden jetzt verschiedene Experten von allen möglichen Seiten versuchen, die bestmögliche Lösung zu finden. Aber das wird Kompromisse auf allen Seiten erfordern. Letztlich ist es jetzt möglich, alles einmal neu und für den Golfsport so positiv zu gestalten, dass auch der ein oder andere sich umgewöhnen muss. Das wird so sein müssen.
Golf Post: Fühlt Ihr Euch da ausreichend gehört? Könnt Ihr da ein bisschen Einfluss nehmen?
Marco Kaussler: Das ist nicht unsere Aufgabe, sich da einzumischen oder sich in irgendeiner Art und Weise über die Maßen einzubringen. Wir sind gut informiert, wir sind in einem Dialog. Ich glaube, unsere Interessen sind klar. Wir haben eine gewisse Erfahrung, gehen professionell mit der Situation um und fühlen uns da auch gehört und abgeholt, ja.
Golf Post: Welche Interessen sind das, die Ihr da vorbringt, die Euch wichtig sind?
Marco Kaussler: Ich glaube, das würde jetzt zu sehr in die Tiefe führen. Natürlich ist unser Ziel nicht nur ein tolles Event hier in Deutschland aufzustellen, sondern letztlich haben wir ein globales Interesse am Golfsport und unterstreichen das jetzt seit 1989. Insofern geht es uns eher um die große Sache als im Kleinen um spezielle Dinge. Wir sind guter Dinge, dass es jetzt in dem Dialog auch zu Lösungen kommt, die Golf einfach gut aufstellen.