Das hat es im deutschen Golf noch nicht gegeben: Aus Protest wird der Berliner Golfclub Stolper Heide am Samstag nicht zum Play-off-Spiel um den Aufstieg in die Erste Bundesliga antreten.
Terminprobleme mit dem "Highlight des Jahres"
Der Club aus dem Norden Berlins sieht sich um einen fairen Wettbewerb mit dem Aufstiegskonkurrenten Golfclub Hösel betrogen. Grund ist der Termin des Duells. Zeitgleich zum Entscheidungsspiel über den Aufstieg ins deutsche Oberhaus findet im schottischen Nairn Europas wichtigstes Jugendturnier statt, The Boys Amateur Golf Championship, kurz British Boys, sowie das Äquivalent British Girls.
Und dort wird Stolpe mit seinen beiden besten Spielern vertreten sein. „Wenn die Deutsche Golf-Liga ein sportlich fairer Wettbewerb sein soll, darf sie nicht mit den wichtigsten internationalen Turnieren kollidieren, die der Deutsche Golf Verband gegenüber seinen Nationalspielern sogar zu den Highlights des Jahres erklärt“, kritisiert Stolpes Trainer Gregor Tilch.
Er habe seinen beiden Schützlingen Falko Hanisch und David Rauch die Teilnahme an den British Boys nicht verwehren können und wollen. Falko Hanisch ist immerhin Titelverteidiger. Aktuell liegt der 17-Jährige auf Platz acht der besten Amateurgolfer Europas unter 18, vier Plätze vor David Rauch, wie Hanisch im Junior Team des Deutschen Golf Verbands.
Keine Einigung mit Golfclub Hösel in Sicht
Allerdings fehlen dem Golfclub Stolper Heide dadurch seine wichtigsten Leistungsträger für das Aufstiegsspiel gegen Hösel – und das nach einer Saison, die die Berliner souverän auf Platz eins ihrer Zweitliga-Staffel beendet haben. „Ohne unsere besten beiden Spieler haben wir keine Chance“, ist Gregor Tilch überzeugt. Darum habe sein Club den Gegner aus der Nähe von Düsseldorf im Sinne des Sports um eine Verlegung gebeten.
Die Berliner seien in Hösel jedoch abgeblitzt. Ein späterer Termin, selbst einen Tag später, sei nicht möglich, weil das College-Jahr in den USA beginne und ein Teil des Höseler Teams dann schon nicht mehr in Deutschland sei, lautet die Begründung. Der Deutsche Golf Verband sagt, er könne den Termin nicht gegen den Willen von Hösel verschieben. In der Enttäuschung, aber nach reiflicher Überlegung, habe sich der Golfclub Stolper Heide zum Boykott des Aufstiegsspiels entschieden, sagt Gregor Tilch: „Wir hoffen, dass unser Verzicht den DGV sensibilisiert für einen Wettkampfkalender, der die Bundesliga-Clubs und die besten deutschen Amateure zukünftig nicht in Terminprobleme bringt.“
Denn neben den Aufstiegsspielen findet an diesem Wochenende in Köln auch das Final Four statt, das Liga-Finale um die Deutsche Mannschafts-Meisterschaft der Damen und Herren. Die beteiligten Clubs wie Berlin-Wannsee, Hamburg-Falkenstein oder St. Leon-Rot erwarten von ihren jüngeren Spielerinnen und Spielern, dass sie dort antreten. Alexandra Försterling aus Wannsee ist ein Beispiel. Die Nationalspielerin wird in Köln antreten und nicht beim Kräftemessen von Europas Jugendelite in Schottland.
Im Sinne der Spieler entschieden
Da die Golfclubs der Ersten und Zweiten Liga jährlich zum Teil kleinere bis mittlere sechsstellige Summen in ihre Mannschaften investieren, erwarten sie in aller Regel, dass die Einzelspieler ihre Interessen zum Wohl des Teams hintenanstellen.
Das macht die Entscheidung aus Stolpe so außergewöhnlich. „Der DGV propagiert immer, man solle im Sinne der Spieler denken“, sagt Gregor Tilch. „Das tun wir nun selbst in diesem Dilemma, auch wenn es uns wehtut.“ Denn natürlich wolle der Club mit seiner Mannschaft gerne in der Ersten Liga spielen. Zumal Stolpe inzwischen der Club mit den meisten Nationalspielern bei Jungen und Männern sei, gemeinsam mit Mannheim-Viernheim. „Aber wir müssen uns in dieser Situation auch fragen, wofür wir wirklich stehen.“ Golf sei eine Individualsportart, betont Tilch. Dass Falko Hanisch im vergangenen Jahr als zweiter Deutscher überhaupt die British Boys gewonnen habe – wie vor ihm der aktuelle Masterssieger Sergio Garcia oder Ryder-Cup-Spieler Matthew Fitzpatrick – sei 2016 der größte Erfolg im deutschen Amateurgolf gewesen.
Terminkollision in Angriff nehmen
Wenn Deutschland Golferinnen und Golfer hervorbringen wolle, die in der Weltspitze mitmischen können, zähle eben das Wohl der Einzelnen – und nicht Erste oder Zweite Liga. Davon ist auch Stolpes Präsident Walter Gröhling überzeugt, der die Entscheidung natürlich auch gegenüber den Mitgliedern des Clubs vertreten muss. Gröhling sagt, der Vorstand und die Mitglieder wüssten die außerordentlichen sportlichen Erfolge von Gregor Tilch und seinen Schützlingen zu schätzen und folgten dem Golflehrer daher in seiner Einschätzung.
Trotzdem hoffe er im Sinne des Clubs, dass sich im nächsten Jahr keine ähnliche Terminkollision wiederhole. Der DGV müsse dafür Sorge tragen. „Es gibt leider immer wieder Terminüberschneidungen der verschiedenen Kalender“, sagt Miriam Hiller, Leistungssportkoordinatorin des Golf- & Land-Clubs Berlin-Wannsee. „Man sollte trotzdem mit aller Kraft versuchen, ein solches Dilemma im Sinne des Sports und der Sportler zu vermeiden.“
Die Entscheidung der Nachbarn aus Stolpe mag Hiller nicht bewerten. Immerhin bietet sich für Wannsee mit der Chance auf den Deutschen Meistertitel auch ein anderes Szenario als die Aussicht auf den Aufstieg.
Text: Arne Bensiek
Am 17. August erreichte Golf Post eine Email von Matthias Nicolaus, Geschäftsführer des Golfclub Hösel e.V., mit der Bitte, zum Thema Stellung beziehen zu dürfen. Diese bitte möchten wir ihm im Folgenden gewähren.
Stellungnahme des Golfclub Hösel e.V.
"Nicht erwähnt wurde in dem Artikel, dass ebenfalls mit Jannik de Bruyn ein Spieler des GC Hösel bei den British Boys an den Start geht und dem GC Hösel-Team ebenfalls ein Leistungsträger fehlt.
"Die Höseler seien bei den Berlinern abgeblitzt“ ist sehr stark verkürzt und klingt für den aufmerksamen Leser auch recht tendenziell. Hierzu möchten wir anmerken, dass seitens des GC Stolper Heide eine offizielle Anfrage von Präsident zu Präsident erfolgte, den Relegationstermin um eine Woche auf den 26.8.2017 zu verschieben. Dieser Termin kollidierte jedoch mit der Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft, an dem 4 Spieler des GC Hösel gemeldet waren. Weitere drei Spieler hatten ihren Urlaub zu diesem Zeitpunkt gebucht. Aus diesen Gründen erfolgte eine Absage unseres Clubs. Ein Hinweis auf den Beginn des Collegejahres ist von offizieller Seite nicht erfolgt."
Ich stelle mir folgende Fragen: stehen alle Termine und Spieltage, also Aufstieg und auch British Boys nicht schon vorher fest?
Würde man im Falle eines krankheitsbedingten Ausfalles eines Spielers auch um Verschiebung bitten?
Was denken sich die Mannschaftskollegen, die alle gemeinsam eine Saison für den Aufstieg gekämpft haben?
Ich kann verstehen, dass man ungern unter erschwerten Bedingungen in so ein wichtiges Wochenende geht. Aber ich persönlich finde es den Mannschaftskollegen, aber vor allem auch allen andern Vereinen gegenüber unsportlich, denen die Chance genommen wurde am Wochenende um den Aufstieg spielen zu dürfen. Ich kann verstehen, wenn Leistungsträger fehlen, dass es dann doppelt schwer wird, aber wie immer im Leben muss man eine Entscheidung treffen. Und wenn zwei Golfer die Entscheidung treffen ein wichtiges Turnier dem Spiel um den Aufstieg vorzuziehen, dann ist das eine Entscheidung. Die sollte aber nicht zu folge haben, dass alle anderen beteiligten darunter zu leiden haben.
Wie gesagt, ich kann die Reaktion nicht verstehen und halte das Verhalten für unsportlich. Aber auch das ist nur eine „meine“ Meinung.
Vg Olaf Meier