Magnolia Lane, Rae‘s Creek, Amen Corner – jeder weiß, was gemeint ist: „The Masters“. Alsbald öffnet der Augusta National Golf Club wieder seine Tore für das erste Major der Golfsaison. Für das einzige mit permanenter Austragungsstätte. Zum 77. Mal.
Ein legendärer, von Histörchen und Mythen umrankter Schauplatz, der lediglich einmal im Jahr, stets in der ersten vollen April-Wochen, der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Schöne Flora umgarnt Augusta National
Vermutlich ist bloß St. Andrews bekannter als Augusta National, wurde nur über den Old Course mehr geschrieben als über die exklusive Anlage im US-Bundesstaat Georgia. 2604 Washington Road, Augusta, lautet die Adresse nüchtern; hinter der Umzäunung verbergen sich die wohl „grünsten“ 147 Hektar der Golfwelt. 40 davon sind Fairways und Grüns, 16 sehr kurzes Rough. Der Rest ist prächtige Kulisse, stets pünktlich zum Masters erblühte Flora mit Magnolien, Azaleen und anderen Gewächsen. Die Pflanzen geben jedem der 18 Löcher einen Namen. Ihrer verschwenderischen Pracht wird notfalls auch per Heißluftgebläse zur pünktlichen Entfaltung verholfen.
„Bundesgartenschau“ mit knallharten Grüns
Umrahmt von Pinien aller Art erstreckt sich in dieser „Bundesgartenschau“ nicht nur der bestgepflegteste, sondern auch einer der schwersten Golfplätze der USA. Nur zwischen Oktober und Mai überhaupt für den Spielbetrieb geöffnet, lebt das Par-72-Layout von sattgrünen Spielkorridoren, durchweg ausladenden Fairways, 44 Bunkern und knallharten Grüns. Und ist deutlich gewellter, ja hügeliger, als es im Fernsehen wirkt. Viel mehr Schläge, als den Akteuren lieb sind, müssen bergauf oder bergab adressiert werden.
Ein Course Rating gibt es für Augusta National freilich nicht. Sich von irgendjemandem bewerten zu lassen, gehört nicht zum Selbstverständnis des elitären Clubs. 1990 hat das US-Magazin Golf Digest mal ein paar Rating-Spezialisten als Masters-Besucher eingeschleust und die „verdeckten Ermittler“ schätzen lassen. Seither werden dem Platz ein gefühltes Par (CR) von 76,2 und ein Slope von 148 unterstellt. Aber zwischenzeitlich wurde auch wieder kräftig am Design rum geschraubt, so wie schon in den Jahrzehnten zuvor.
Von MacKenzies Inspirationen ist wenig geblieben
Vom ursprünglichen Design des genialen Golfarchitekten Dr. Alister MacKenzie ist nämlich kaum mehr übrig geblieben als das Routing, der Bahnen-Verlauf also. Dabei sollte der kurz zuvor in die USA übergesiedelte Schotte bei der Zusammenarbeit mit Augusta-National-Gründer Bobby Jones bewusst seine Inspirationen aus dem Studium des Old Course in St. Andrews einfließen lassen.
Nicht von ungefähr zum Beispiel ist Rae‘s Creek vor allem im Amen Corner, an den Löchern 11, 12 und 13, im Spiel. Das nach John Rae, der hier um 1765 eine Getreidemühle betrieb, benannte Flüsschen erinnerte MacKenzie an die „Burns“ auf den schottischen Linkskursen. Und so wie John Raes Mühle auch als Vorposten gegen die Indianer diente, so sichert Rae‘s Creek vor allem das Grün von „Golden Bell“, dem berühmten Par-drei-Mittelpunkt des Amen Corner.
MacKenzie übrigens war kein Masters-Erlebnis vergönnt. Er starb Anfang 1934, nur wenige Wochen vor der Premiere des Turniers.