Auf der anderen Seite der Bahngleise fließt Western Gailes durchs Dünenmeer an der schottischen Westküste, ein weithin gepriesenes Schmuckstück, dessen erste 12, 13 Löcher zum Besten gehören, was Linksgolf zu bieten hat – weit über das Mutterland des Spiels hinaus. Im Norden schließen sich die Gailes Links an, wenig bekannt, auf jeden Fall unterschätzt, aber Golf vom Feinsten. Südlich folgt der Troon-Komplex mit dem Herzstück Royal Troon, wo Xander Schauffele im vergangenen Juli die 152. Open Championship gewonnen hat.
16 Küstenkurse auf elf Kilometern, 84 Löcher in Reihe
Eingebettet ist das Ganze in ein noch größeres Bild: Der Ayrshire Stretch beginnt mit Western Gailes und zieht sich über 11,2 Kilometer bis nach Prestwick, der Wiege des weltältesten Major; 16 famose bis großartige Küstenkurse reihen sich auf diesem ziemlich einmaligen Streifen gelobten Golflands wie Perlen auf der Kette; 84 Löcher ließen sich in Reihe spielen, wenn man gut zu Fuß ist.
Es braucht was, um in so exquisiter, ehrwürdiger und gar adeliger Nachbarschaft zu bestehen. Zumal als „new kid on the block“. Und damit Chapeau an Kyle Phillips, der mit Werkstücken wie Bernardus in den Niederlanden und Kingsbarns an Schottlands Nordseeseite weltberühmt geworden ist: Die Dundonald Links sind ein kontemporäres Kleinod in dieser Kette golferischer Kostbarkeiten. Das Fazit lässt sich schon auf dem Grün der Par-3-Elf ziehen, während gerade ein Zug auf der Strecke Glasgow-Ayr vorbeirattert.
Neubeginn als Zweitkurs für die Loch-Lomond-Mitglieder
Dabei war das Gelände jenseits der Eisenbahn eigentlich plattes Land. Noch sandig genug, um als Linksland durchzugehen, wenngleich die entsprechende Ondulation fehlte. Das hielt schon vor über 100 Jahren den 1883er-Open-Champion Willie Fernie nicht ab, hier 1911 einen Golfplatz anzulegen, der den Namen Southern Gailes trug und mit über 6.100 Metern zu den längsten Kursen des Landes gehörte, allerdings nach einer militärischen Nutzung während des Zweiten Weltkriegs in Vergessenheit geriet. 2003 kaufte der ebenso exklusive wie private Loch Lomond Golf Club das Gelände, um seinen Mitgliedern einen Zweitplatz mit Linkscharakter anzubieten und engagierte den Kalifornier Phillips als Designer.
Breite Fairways, Bachläufe und schwierige Grüns
Der ließ künstliche Dünen zusammenschieben und dazwischen breite Fairways anlegen, flocht wiederentdeckte Elemente des einstigen Parcours in seine Arbeit ein und optimierte die Gestaltung mit neuen Features. Das Ergebnis fühlt sich keineswegs artifiziell, sondern einfach selbstverständlich an. Dundonald spielt sich als das, was es letztlich ja auch ist: ein Platz von historischer Provenienz mit moderner Politur.
„Bei der ersten Besichtigung gab es Hinweise auf alte Bunker – wie den tiefen Kessel hinter dem heutigen elften Grün –, die in den neuen Platz integriert wurden. Mein Ziel war es, alle natürlichen Landformen nahtlos in das Design der Dundonald Link einzubinden, die während der militärischen Nutzung des Geländes im Zweiten Weltkrieg nicht gestört worden waren."
Kyle Phillips
Die Schwierigkeiten freilich finden sich vor allem rund um die Grüns und auf den interessant konturierten Puttflächen. Außerdem schlängeln sich einige Burns durchs Par-72-Ensemble, das von den Champion-Abschlägen auf 6.675 Meter kommt. Die Bachläufe sind durchaus im Spiel, wenn man Entfernungen falsch einschätzt, oder mäandern sowieso als zusätzliche Verteidigung um die Grüns. Letztmals auf der 18, einem Par-5, das drei satte und wohl gezielte Schläge braucht, bevor der Putter gezückt werden kann.
Henseleits Solheim-Cup-Ticket, Einmalgastspiel der European Tour
Apropos Champion-Abschläge: Dundonald ist regulärer Stop für die Scottish Women’s Open. Die Ladies European Tour (LET) und die LPGA Tour trugen die Major-Generalprobe der Damen erstmals von 2015 bis 2017 in Ayrshire aus und sind seit 2022 wieder Dauergäste. Vergangenes Jahr sicherte sich Esther Henseleit kurz nach dem Olympia-Silber dort mit dem nächsten zweiten Platz das Rookie-Ticket zum Solheim Cup.
Auch die Herren haben auf den Dundonald Links schon halt gemacht: 2017, eine Woche vor den Damen. Es blieb allerdings die einzige Auflage des Klassikers an der Westküste. Der damalige General Manager Ian Ferguson, heute Resort Director von Machrihanish Dunes, hatte sich was Besonderes einfallen lassen, um die verwöhnten Loch-Lomond-Mitglieder glücklich zu machen. Er richtete einen separaten VIP-Bereich ein, verteilte ein täglich limitiertes Kartenkontingent zu Sonderpreisen und fuhr ein veritables Catering auf. Die European Tour war natürlich not amused, solche Einnahmen werden am liebsten selbst generiert und sonstige Services gern dem Promoter und dem Ausrichter überlassen.
Seit 2019 Greenfee-Gäste statt geschlossener Gesellschaft
Aber wer weiß, was die Zukunft bringt: Mittlerweile weht ein anderer Wind über den Dundonald Links, die 2019 von Darwin Escapes übernommen wurden, einem US-Unternehmen, das auf den Betrieb von Freizeitanlagen spezialisiert ist. In der Folge wurde die Anlage konsequent auf anspruchsvolle Golfgäste ausgerichtet – immer noch exquisit, aber halt nicht mehr elitistisch, Greenfee-Gäste statt geschlossener Gesellschaft.
Kyle Phillips hübschte den Platz noch mal auf, und Dundonald bekam ein neues Clubhaus, dessen begrüntes Dach als Symbol für den Nachhaltigkeitsanspruch der Anlage weithin sichtbar ist, sowie Unterkünfte in Form von Lodges mit zwei bis sechs Schlafzimmern. Die splendide ausgestatteten Unterkünfte sind in kleinen Gebäudegruppen um ein jeweils eigenes Puttinggrün arrangiert – was förmlich dazu einlädt, zum Ende eines Golftages noch den Night Cup auszuspielen.