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Panorama

Michael Hendry: Die Leukämie im Griff, die Open Championship auf dem Schläger

18. Jul. 2024 von Michael F. Basche in Troon, Schottland

Michael Hendry bei der British Open 2024. (Foto: Getty)

Michael Hendry bei der British Open 2024. (Foto: Getty)

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Mal was anderes: Dieser Ausblick auf den ersten Tag der 152. Open Championship soll nicht mit irgendeinem Golfstar oder einer Zustandsbeschreibung des Platzes von Royal Troon beginnen. Vielmehr mit der emotionalen Story der Woche. Und die liefert Michael Hendry. Der Neuseeländer hatte sich auf der Asian Tour für die 151. Open Championship im vergangenen Jahr qualifiziert, doch zehn Wochen vorher wurde bei ihm Leukämie diagnostiziert. Statt in Royal Liverpool an den Start zu gehen, quälte sich der heute 44-Jährige durch die Belastungen der Chemotherapie, hatte 14 Kilogramm Körpergewicht verloren, war kaum in der Lage, ein paar Stufen zu steigen und musste sich das Geschehen von Royal Liverpool im Fernsehen anschauen.

Immerhin hatte er schon damals die Zusage des R&A, für Royal Troon eine „medical exemption“ zu bekommen, eine medizinisch begründete Ausnahme-Startgenehmigung. Bloß: Hendry musste gesund werden. „Es war traurig und ärgerlich, die Berichterstattung aus Liverpool zu verfolgen, aber das Versprechen des R&A war ebenso motivierend. Zu wissen, dass ich einen Platz habe, war großartig und hat mir wirklich geholfen, die Behandlungen zu überstehen.“ Nach der Chemo stieg Hendry wieder ins Training ein, arbeitete mit einem Coach am Muskelaufbau und mit dem Ex-Tour-Profi Luke Toomey an seinem Spiel – immer mit dem Ziel Royal Troon vor Augen.

Der Pro aus Auckland hat immer noch Spuren von Leukämie im Blut und muss regelmäßig getestet werden, aber heute nimmt er tatsächlich die Open Championship unter den Schläger. „Nach meinen Behandlungen ist es etwas schwieriger, zu laufen, und auch mit der Beständigkeit hapert es“, sagt Hendry. „Allerdings sind meine Frau und meine Kinder hier und so oder so werden wir eine tolle Woche haben. Es mag seltsam klingen, aber manchmal betrachte ich die Diagnose als einen Segen. Ich genieße das Leben jetzt mehr.“

 

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MacIntyre: „Das Austoben haben wir gut hinbekommen“

Ausgenüchtert: Robert MacIntyre ist auf der Welle des Erfolgs nach Royal Troon geritten. Dabei war der Lokalmatador aus dem 200 Kilometer nördlich gelegenen Küstenstädtchen Oban nach dem Gewinn der Scottish Open gar nicht mal sicher, es angesichts des erwartbaren Restalkohols im Blut auf legale Weise nach Troon zu schaffen. „Ich bin kein großer Trinker, aber wenn man solche Momente hat und Familie und Freunde da sind, die einen schon als kleines Kind unterstützt haben, dann war es richtig, sich auszutoben. Das haben wir gut hinbekommen“, sagte der 27-jährige Schotte nun vor der Open über die Siegesfeier nach dem Triumph im Renaissance Club. Hoffentlich saß er doch nicht selbst am Steuer seines Autos.

 

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Am vergangenen Sonntag war „BobMac“ auf den Schlusslöchern im Renaissance Club quasi aus dem Nichts nach vorn gestürmt und hatte sich damit für den Ausgang der Scottish Open 2023 „revanchiert“, als er den Sieg schon vor der Nase hatte und dann von Rory McIlroy dank dessen phänomenalen Eisen-2-Schlags auf der 18 und dem daraus resultierenden Birdie noch abgefangen wurde.

Seine Strategie für diese 152. Open vor Zigtausenden von auf ihn fokussierten Zuschauern ist denkbar simpel: „Ich gehe nicht da raus, um ein Golfturnier zu gewinnen. Beim ersten Bogey gehen dann nämlich schon die Probleme los: Du denkst, der Erfolg sei plötzlich in weitete Ferne gerückt, die Emotionen geraten völlig aus dem Ruder. Man verliert jegliche Kontrolle über sich selbst, die Konzentration, das Gefühl, einfach alles.“

Scottie Scheffler verschenkt mal eben Tom Kims Ball

Teamwork: Scottie Scheffler ist auch in Schottland ein Star, und die Autogramme des Weltranglistenersten und klaren Open-Favoriten sind begehrt. Der zweifache Masters-Champion war nach seinen Einspielrunden dementstprechend ziemlich beschäftigt, und da kam ihm ein zufällig vom 18. Grün gerollter Ball von Tom Kim gerade recht. Den gab Scheffler dann nach kurzer Zwiesprache mit dem Kollegen („Unterschreib ihn für mich!“) direkt als Geschenk weiter. Was für eine herrliche Szene.

 

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Das Rough von Royal Troon

Wildwuchs: Insider sagen, das Rough von Royal Troon sei noch nie so schlimm gewesen wie in diesem Jahr. Nach einem nassen Winter und einem milden Frühling an der Westküste von Schottland und speziell in South Ayrshire schießt das Festuca-Gras im Wortsinn wüst ins Kraut. Während die Greenkeeper des Clubs die wuchernde Wiese seit einigen Jahren immer wieder ausdünnen, um auch die Flächen abseits der Fairways für die Mitglieder einigermaßen spielbar zu halten, wollte der R&A es für die Open munter sprießen lassen. Das Ergebnis sieht so aus:

 

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Mickelson wettet immer noch – und verliert

Widerspruch: Phil Mickelson behauptet ja beharrlich, er sei kein Zocker. Jedenfalls nicht mehr: Gründlich geläutert und so, nachdem er Gerüchten zufolge auf alles gewettet hat, was ihm in die Quere kam und dabei beinahe Haus und Hof verspielt hätte. Dann ließ sich der 54-Jährige diese Woche in Royal Troon mit Golfhosen im Joggerschnitt ablichten – weil er eine Wette verloren hatte.

 

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Und zwar gegen den YouTuber Grant Horvath, der „Lefty“ zu einem Match über dessen Heimatkurs Rancho Santa Fe in San Diego/Kalifornien herausgefordert hatte. Horvath bekam fünf Schläge Vorgabe und lag dadurch am Ende bei einem Brutto von 75:72 zwei Schläge vor Mickelson.

Woods: Beschwertem Putter für langsamere Grüns

Feintuning: Eine Open Championship über Linksland ist anderes Golf als das übliche Spiel auf fettgrünen Wiesen und erfordert auch beim Equipment entsprechende Anpassungen. Während Rory McIlroy für Royal Troon den Stinger vom Abschlag erst üben musste, um seinen gewohnten hohen Drive zu ersetzen, beherrscht Tiger Woods den flach ansteigenden Schlag eh perfekt. Dafür hat der 15-fache Majorsieger, über dessen rostige Wedges bereits an anderer Stelle gestaunt wurde, sein Driving Iron um ein Grad steiler gebogen. Normalerweise hat das P770-Dreiereisen von TaylorMade ein Loft von 19,5 Grad. Außerdem verpasste Woods dem Putter etwas mehr Druckgewicht, weil die Grüns diese Woche als vergleichsweise langsam erwartet werden: Er klebte einfach Streifen von Bleiband in den Hohlraum des Scotty Cameron Newport 2.

Das Haus im Meer von Troon

Eingeschlossen: Mitten im Meer aus Dünensand und Festuca-Gras, besser bekannt als Royal Troon und heuer zum zehnten Mal Schauplatz einer Open Championship, steht ein einsames Anwesen, ein Zweifamilienensemble namens Blackrock House. Drumherum liegen das zweite und das 16. Grün sowie Teeboxen für Loch 3 und 17, dazu der Championship-Abschlag für die 18. Das Gebäude war schon dort, als 1878 die ersten fünf oder sechs Bahnen des neu gegründeten Royal Troon Golf Club ausgesteckt wurden, und auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzt man wirklich in der ersten Reihe. „Golf Digest“ hat dem Unikat dankenswerterweise einen Film gewidmet:

Wer nun auf den Geschmack gekommen sein sollte: Eine der Hälften von Blackrock House steht durch die Immobilienmakler Strutt & Parker gerade wieder zum Verkauf. Der Preis ist nicht bekannt, aber 2007 hat eine schottische Tageszeitung mal über drei Millionen Pfund spekuliert: „Eine Million für das Haus und zwei Millionen für neue Fensterscheiben alle paar Tage.“

Die Claret Jug und ihre Replika

Wussten Sie eigentlich …? Dass die Claret Jug erst seit 1873 verliehen wird, aber als ersten Sieger den Gewinner von 1872, Young Tom Morris, auf dem Sockel hat, dürfte bekannt sein. Ebenso die Maße des Burgunder-Krugs mit 52,7 Zentimetern Höhe, 13,9 Zentimetern Durchmesser an der breitesten Stelle und einem Gewicht von knapp 2,5 Kilogramm. Mackay Cunningham & Company in Edinburgh hat ihn aus 92,5-prozentigem Sterlingsilber als neue Trophäe für die Open Championship angefertigt, nachdem Morris Jr. mit seinen drei vorherigen Triumphen den Championship Belt „abgeräumt“ hatte. Alles nichts Neues.

 

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Aber kaum nachzuverfolgen ist, wie viele Replika der Golf Champion Trophy – so der offizielle Name – es mittlerweile gibt. Replika Nummer eins ist sozusagen die „Originalreplika“ der Ur-Trophäe, die jedes Jahr an den Champion Golfer of the Year verliehen wird, während sich das „Original-Original“ seit 1928 nahezu ausschließlich im Tresor der R&A befindet und Walter Hagen im selben Jahr als Erster die „Originalreplika“ überreicht bekam. Nach deren Rückgabe an den R&A erhält der jeweilige Championgolfer of the Year eine andere originalgetreue Replika. Macht summa summarum mittlerweile 89 Sieger und folgerichtig 89 Replika. Dazu existieren unzählige kleinere Versionen der Claret Jug, weil jeder Gewinner deren drei für die Zweittrophäenvitrine oder welchen Zweck auch immer erwerben darf.

Es gibt übrigens insgesamt vier „Originalreplika“. Neben der für den Sieger existieren zwei für Promotionzwecke und eine steht im British Museum of Golf in St. Andrews. Und noch ein Fun Fact: Bis 1968 war der jeweilige Sieger selbst für die Gravur seines Namens auf dem Sockel verantwortlich. Doch dann vergass der 67er-Sieger Roberto De Vicenzo dieses „unwesentliche Detail“, und seither liegt die verantwortungsvolle Aufgabe in den Händen des Graveur-Familienbetriebs Harvey.

Nur einmal wurde die Originaltrophäe noch irrtümlich übergeben: 1982 in Royal Troon an Tom Watson. Der ließ die Silberkanne daheim prompt vom Tisch fallen, als er einen Probeschwung demonstrierte, was zu einem verbogenen Henkel führte. Doch der fünffache Open-Champion wusste sich zu helfen: Er spannte die Claret Jug einfach im Hobbykeller in den Schraubstock und bog alles wieder zurecht.

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