Pro
Die tatsächliche Funktion des Handicaps wird gestärkt
Sinn und Zweck eines Handicaps ist, dass es das faktische Spielvermögen eines Golfers abbildet. Es soll zudem eine Vergleichbarkeit der Rundenergebnisse auch bei Golfern unteschiedlicher Niveaus ermöglichen. Es ist gut, dass dies nun durch das "World Handicap System" überall unter gleichen Vorzeichen möglich ist und es ist ein Segen, dass dies bald innerdeutsch wieder möglich sein wird. Denn zu viele deutsche Golfer haben ihr HCP eher als Orden längst vergangener Leistungen und nicht als Spiegelbild ihres momentanen Könnens verstanden. Aktualisierungen des HCPs wurden daher manchmal verschleppt.
Das deutsche Paradox
Dadurch entsteht ein deutsches Paradox: Der besonders hohe Stellenwert des Handicaps hierzulande äußert sich teils dadurch, das es vernachlässigt wird. Als Konsequenz schwindet die eigentliche Funktion des Handicaps und seine Bedeutung geht letztlich verloren. Ein "Reset" des Zählsystems wird also gut tun. Neulingen wird der Einstieg erleichtert und Veteranen wird die Bürde genommen Erkämpftes verteidigen zu müssen. Alle bekommen die Möglichkeit ihrem momentanen Niveau entprechend an Wettbewerben teilzunehmen und vielleicht mal wieder einen Netto-Preis zu gewinnen. Insgesamt setzt das World Handicap System Anreize mehr Turniere zu spielen. Allein dieser Umstand ist bereits sehr zu begrüßen.
Globale Golfwelt
Aber auch grundlegende, begrüßenswerte Faktoren müssen genannt werden. In einer globalisierten Golfwelt wirken sechs unterschiedliche Zählsysteme aus der Zeit gefallen. Eine Einschätzung, die auch Alexander Klose, DGV-Vorstand Recht und Services im exklusiven Golf Post-Interview vertritt. Das Regelwerk trägt dieser Entwicklung bereits seit Jahren Rechnung. Die Anpassung eines Zählsystems, das über Ländergrenzen hinweg gilt, ist als konsequenter Schritt weiter auf diesem Weg zu verstehen.
Letztlich wird das neue System dazu führen, dass sich der Umgang mit dem Thema Handicap in Deutschland entspannt und es als das wahrgenommen und bewertet wird, was es ist: ein System, das das momentane Spielvermögen widerspiegelt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
(Text: Tobias Hennig)
Contra
Jetzt werden Alle zu Durchschnittsgolfern
Wo gibt es weltweite Vergleichbarkeit? Richtig, nirgends. Und daran ändert auch das neue „World Handicap System“ nichts. Wie unser Präses Claus Kobold (Präsident des Deustchen Golf Verbandes) richtigerweise feststellt, kommt dem Handicap hierzulande ein ganz besonderer Stellenwert zu. Und da sind wir schon am Kern der Kritik.
Denn die Deutschen sollen durch das neue System einen entspannten Umgang mit dem HCP erlernen. Es ist fast ironisch, dass sich ausgerechnet die großen R&A (GB) und USGA (USA) als Entwickler des WHS, von den Wortführern der Individualität zu den Trommlern der großen Gleichmacherei entwickelt haben.
Abbau der Vielfalt
„Tu hablas Golf?“ – es gibt einen Grund, warum die Weltsprache Esperanto und der Kommunismus gescheitert sind: Menschen lieben ihre Eigenarten und sie lieben es die Besonderheiten Anderer kennenzulernen. Es gab sechs Zählsysteme. Na, und? Ist Vielfalt nicht mehr schön? Ist Andersartigkeit nicht mehr spannend? Die Regeln sind bereits überall dieselben, so konnten wir auch vorher in den USA mit Walisern und Australiern golfen und Südafrikaner oder Argentiner waren schon zuvor auf deutschen Golfanlagen herzlich willkommen.
Der Unterschied jetzt: es soll keine Unterschiede mehr geben. Das Handicap in Deutschland wird durch den World Handicap Index seinen besonderen, ja eigentümlichen Stellenwert verlieren. Unser System spiegelte bislang nicht nur das Spielvermögen, sondern auch das Spielvolumen. Man musste Zeit und viele Runden investieren, um sich runter zu spielen. Nun reichen acht Scores, um die neue Durchschnittlichkeit vollwertig zu berechnen.
Unklarer Nutzen
Letztlich bleibt der tatsächliche Nutzen des Ganzen unklar. Sicher, die Implementierung des Systems generiert etwas wirtschaftliche Bewegung. So mussen die nationalen Verwaltungssysteme angepasst werden. Zudem geht von dem Ganzen hoffentlich ein Impuls hin zur elektronischen Scorekarte aus. Aber durch einen weltweit einheitlichen Handicap-Index werden die Kernprobleme des Golfs nicht gelöst. Wir werden dadurch keinen Andrang amerikanischer Golfer auf unseren Plätzen erleben, werden nicht plötzlich deutsche Profis reihenweise in den Top-100 spielen sehen und die herbeigesehnte Jugend wird auch nicht durch das neue Zählsystem auf die Plätze der Republik gelockt.
Vor allem bleiben aber bei aller Anpassung Golfer Menschen und Menschen sind nun einmal verschieden. So wird auch das neue System weiterhin nur dort persönliche Bearbeitung oder eben Vernachlässigung finden, wo die alten Systeme auch zuvor schon gepflegt oder eben vernachlässigt wurden.
(Text: Benjamin Reeve)
Die Neuregelung zum WHS gefällt mir, da insbesondere die durchschnittliche Spielleistung mehr Gewicht erhält. Ich habe mich dieses Jahr von 14,5 auf 11,7 runtergespielt. Je nach dem wie ich den Index berechne, starte ich im neuen Jahr mit 13,2 und das passt von meiner eigenen Einschätzung her auch. Bei über 20 vorgabewirksamen Turnieren bin ich da aktuell richtig aufgehoben.
Hallo Udo,
da unterliegst du einem Trugschluss. In Deutschland wird es keine Bewertung der „durchschnittliche Spielleistung“ geben, wir machen mal wieder was anderes denn es zählen auch weiterhin nur Turnier und EDS Runden und nicht wie im Rest der Welt alle gespielten letzten 20 Runden zur Bewertung der durchschnittliche Spielleistung.
Im Golfpost Forum habe ich das schon mal angesprochen: https://www.golfpost.de/community/posts/5f85f7c52a87250006438d5a/