Das richtige Rezept: „Am besten ist man aggressiv vom Abschlag und sehr zurückhaltend beim Schlag in die Grüns“, lautet die Empfehlung von Viktor Hovland für die Herangehensweise an den Kurs No. 2 des Pinehurst Resorts, deren gewölbte Grüns von der US Open 2014 noch in aufregender Erinnerung ist. Dem Norweger gefällt das allerdings sogar: „Ich bin ein großer Fan von Grüns, die erhöht sind und an den Seiten abfallen. Meiner Meinung nach sollten Grünkomplexe genau so gestaltet sein.“ Eduardo Molinari macht die Probe aufs Exempel:
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Es ist allerdings ein Märchen, dass die gefürchteten Oberflächen, die gern mit Schildkrötenpanzern verglichen werden, zum ursprünglichen Konzept des Meisterstücks von Donald Ross aus dem Jahr 1907 gehören. Pinehursts Hausdesigner legte die Puttflächen – damals aus einem Öl-Sandgemisch und erst seit 1935 als begraste Grüns – vielmehr weitgehend eben an. Erst das jahrzehntelange intensive Besanden als ideale Pflege für den Bermudagras-Belag führte zu den buckligen Konturen.
„Die Grüns sind jetzt schon grenzwertig“, resümierte Titelverteidiger Wyndham Clark dieser Tage nach einer Einspielrunde: „Das wird echt lustig.“ Bob MacIntyre, der mit dem Gewinn der Canadian Open das Ticket nach North Carolina gelöst hatte und vom heimischen Linksgolf schon einiges gewöhnt sein dürfte, sprach vom „schwierigsten Platz, den ich je gesehen habe“: „Ich habe noch nie auf Grüns gespielt, die 40 Meter lang sind, aber bloß 15 Meter Landefläche bieten. Jeder Ball, der außerhalb dieser 15 Meter liegt, läuft vom Grün weg und bringt einen manchmal in höllische Schwierigkeiten.“
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Damit hat es „Bob Mac“ absolut treffend beschrieben. Genau das ist die Herausforderung von Pinehurst No. 2. Der Platz, den das kongeniale Designerduo Ben Coore und Bill Crenshaw schon zur US Open 2014 in Donald Ross’ Sinne aufpoliert hat, ist ideal für lange Drives, die breiten Fairways bieten allerlei Anspielvarianten, aber jeder schlecht ausgeführte Schlag oder unpräzise gespielter Ball wird bestraft. Erst recht, seit für diese US Open in den ausgedehnten Waste-Area-Flächen am Rand der Fairways noch mal zusätzliches „Kraut“ angepflanzt wurde.
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Die USGA hat mittlerweile auf die Kritik reagiert und einigen Grüns zusätzliche Wassergaben verpasst, um sie etwas weicher zu machen. „Der Platz wird anspruchsvoll und herausfordernd, jedoch fair sein“, versprach der beim US-Golfverband fürs Set-up zuständige John Bodenhamer. „Es geht nicht um möglichst hohe Scores. Es geht darum, jeden Schläger im Bag schmutzig zu machen, und auch den 15. Schläger zwischen den Ohren der Spieler zu strapazieren. Wir wollen nicht jedermanns bester Freund sein, aber wir wollen uns Respekt vor dem Platz verschaffen.“
Scoop:
They’re watering the 6th green. Stay tuned for more all week. #USOpen pic.twitter.com/LC18usdiro
— Riggs (@RiggsBarstool) June 12, 2024
21,5 Millionen Dollar: Das Major mit den meisten Moneten
Geldsegen: Bei dieser 124. US Open gibt’s mehr Moneten zu gewinnen als jemals bei einem Major. Die Rekordbörse ist mit insgesamt 21,5 Millionen Dollar gefüllt. Das sind 1,5 Millionen mehr, als im vergangenen Jahr im Los Angeles Country Club verteilt wurden. Auf dem Siegerscheck steht diesmal „4,3 Millionen Dollar“; 2023 bekam Wyndham Clark „nur“ vier Millionen. Im gesamten Turnierreigen ist lediglich die Players Championship höher dotiert: Im TPC Sawgrass wurden heuer wieder 25 Millionen Dollar ausgeschüttet, 4,5 davon an Gewinner Scottie Scheffler. „Wir sind sehr stolz auf dieses Preisgeld, weil es den Wert unserer Open und ihren Einfluss auf eine Karriere spiegelt“, sagt USGA-Chef Mike Whan.
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Scottie Scheffler, der „todsichere“ Tipp
Bezeichnend: Das Portal „Scratch“ hat die Favoritensituation für Pinehurst perfekt auf den Punkt gebracht. „Gewinnt einer aus diesem Spielerreigen die US Open?“, lautet die Frage auf Instagram; und dann zeigt die entsprechende Fotoleiste neun Mal verschiedene Ansichten von Scottie Scheffler. In der Tat, der Masters-Champion geht als derart haushoher Anwärter auf diesen Majortitel ins Rennen, dass es bei den Buchmachern für eine Scheffler-Wette kaum was zu gewinnen gibt. Eine Quote von 2,5:1 gilt bei Zockern eher als Geldwechseln. Dennoch setzen eine Menge Leute auf den 27-Jährigen: besser wenig Geld, aber dafür ein scheinbar todsicherer Tipp. Wettunternehmen melden, dass in Summe bis zu 44 Prozent aller Einsätze auf Scheffler entfallen, auf ihn wird drei Mal mehr gesetzt als auf jeden anderen Spieler im Feld. Selbst Rory McIlroy scherzte in Anspielung auf die PGA Championship, man könne einen Turniersieg des Texaners offenbar nur verhindern, wenn man ihn für eine Stunde in einen Gefängniszelle steckt.
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Scheffler selbst tut solche Favoritenbürde längst routiniert ab. „Wir starten heute alle bei Even Par und müssen da rausgehen und unser Spiel spielen“, sagte Scheffler zum Thema „Scottie gegen den Rest der Welt“ und zu seiner Ausnahmestellung nach fünf Siegen in acht Turnierteilnahmen dieses Jahr mit 24,024 Millionen Dollar an heuer bereits gewonnenem Preisgeld: „Ich sehe mich nicht als den Gejagten und denke auch nicht drüber nach. Und sowieso: Erstmal ist vor allem der Platz der Gegner.“
Ach übrigens, schauen Sie mal, wessen Konterfei das zehnte Foto in der „Scratch“-Galerie zeigt:
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Rory McIlroy: Beim 65. Major „dem fünften so nah wie nie“
Optimismus: Rory McIlroy tritt heute in Pinehurst mit Masters-Sieger Scottie Scheffler und PGA-Champion Xander Schauffele zum 65. Major seiner Karriere an. Und wer weiß, vielleicht sind die frischen Titel der beiden Mitspieler ja eine besondere Inspiration für den Nordiren. „Ich bin zuversichtlicher denn je“, sagt McIlroy über einen neuerlichen US-Open-Erfolg, 13 Jahre nach seinem Rekorde-setzenden Sieg im Congressional Country Club in Maryland. Und er adressiert auch die zehnjährige Major-Flaute, die Paul McGinley beispielsweise mit Jahr für Jahr wachsenden Selbstzweifeln begründet. „Klar, es hat lange gedauert, meinem fünften Major wieder näher zu kommen“, sagt „Rors“ dazu. „Aber ich bin überzeugt, dass ich jetzt so nah dran bin wie nie zuvor.“ Die Bookies sehen das ebenso und führen den zweifachen Saisonsieger auf der PGA Tour in der Favoritenliste direkt hinter Scheffler; auf die Quote von 10:1 bringen es allerdings auch Schauffele und Bryson DeChambeau. Als Fünfter folgt übrigens Viktor Hovland mit 12:1.
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Bryson DeChambeau plant langweiliges Golf
Ansage: Der „neue“ Bryson DeChambeau enttäuscht auch im Vorfeld dieser 124. US Open nicht. Ausgerechnet der Profi, der in dieser Saison vom Enfant terrible und zum „People’s Player“ avancierte, will in Pinehurst simples, langweiliges Golf zeigen. „Wenn ich es schaffe, den Ball so aufs Fairway zu bringen, dass ich mit den Eisen die Mitte der Grüns anpeilen kann, dann ist genau das mein Ziel: so langweilig zu spielen wie möglich“, sagte der 30-Jährige auf die Frage nach seiner Strategie für den Kurs No. 2. „Pinehurst ist echt kein Platz, den man auf die leichte Schulter nehmen kann, aber eins gilt auch hier: Das Zentrum der Grüns ist jeden Tag gleich und verändert sich nie – genau dahin will ich meine Bälle schlagen, statt irgendwelche Attacken auf die Fahnen zu versuchen.“
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Plakette zum Gedenken an Grayson Murray
Reverenz: Die USGA gedenkt des jüngst verstorbenen Grayson Murray. In Erinnerung an den Profi, der Ende Mai Suizid begangen hat – nach scheinbar längst überwundenen mentalen Problemen mit dem Profidasein – , wurde in der Umkleide des Clubhauses von Pinehurst No. 2 eine Plakette an einem Spind angebracht. Die Beschriftung endet mit dem Appell „Seid freundlich zueinander“ – es ist eine Botschaft, die nicht nur für das Miteinander im Golfsport gilt.
Vertragsentwurf für PIF-Investment?
Ein bisschen Gossip: Investigativ-Journalist Alan Shipnuck hat pünktlich zur US Open mal wieder Werbung in eigener Sache gemacht und via Kurznachrichtendienst „X“ ein neues Gerücht gestreut. Demnach sollen die Verantwortlichen von PGA Tour Enterprises und saudi-arabischem Staatsfonds PIF, namentlich Jay Monahan und Yasir Al-Rumayyan bei dem Gipfeltreffen vergangenen Freitag einen Vertragsentwurf unterzeichnet haben, um endlich auch das Investment der Saudis ins neue, rein kommerziell ausgerichtete Golf-Unternehmen einzubringen, in dem sich das US-Sportbusiness bereits mit dem Konsortium Strategic Sports Group (SSG) und drei Milliarden Dollar engagiert. Shipnuck will das von einem Manager mit Spielern auf der PGA Tour und bei der LIV Golf League erfahren haben. Er weist freilich zurecht darauf hin, dass der Teufel bekanntlich im Detail steckt.
Ein „Hidden Gem“ nahe Pinehurst
Zum Schluss: Wenn alle über Pinehurst reden, zeigen wir jetzt noch einen Platz aus der Kategorie „Hidden Gems“. Tobacco Road liegt 30 Autominuten nördlich von Pinehurst; der 2005 verstorbene Architekt Mike Strantz hat dort 1998 auf dem Gelände einer Tabakplantage, das vorher eine Sand-Abraumhalde war, seine Version von „Golf as it was meant to be“ nachgebaut. Experten wie das „Links Magazine“ sagen, das Ensemble sei im Fieberwahn entstanden, meinen das allerdings sehr wohlwollend. Aber sehen Sie selbst:
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