Schon im Voraus betrachteten die Buchmacher das spanische Ausnahmetalent als den klaren Favoriten. Nur wenige Wochen zuvor musste er das Memorial Tournament wegen eines positiven Coronatests aufgeben und damit auch einen sicher geglaubten Sieg. Vor der Finalrunde führte der 27-Jährige haushoch und hätte sogar mit einer vier über am letzten Tag gewonnen. Doch das Schicksal wollte es anders. Zwei Wochen später reiste Rahm an die kalifornische Pazifikküste, um Wiedergutmachung zu fordern. Und dieses Mal meinte es das Schicksal gut mit ihm.
Jon Rahm: Starkes Finish am letzten Tag
Über die ersten drei Turniertage gehörte Rahm bereits zum erweiterten Kreis der Spitzengruppe, hatte die Spitze des Leaderboaards allerdings nie wirklich angegriffen. Das änderte sich am Finaltag: "Viele sagen immer, man muss ruhig bleiben und die anderen Fehler machen lassen", so Rahm. Doch das reichte ihm nicht. Bereits auf den ersten beiden Löchern gelangen ihm zwei ausgezeichnete Annäherungsschläge, die er beide zum Birdie verwandelte. Und er blieb konstant, musste nur ein einziges Bogey auf Loch 4 in Kauf nehmen. Nach einem weiteren Schlaggewinn vor dem Turn blieb er bis kurz vor Schluss beim gleichen Ergebnis. Mit einem weiteren Birdie auf Loch 17 übernahm er die alleinige Führung und setzte mit einem fünften Birdie auf Loch 18 nochmal einen drauf. Das letzte Mal, dass ein US Open Sieger zwei Birdies auf den letzten beiden Löchern spielte, war Tom Watson 1982.
Allerdings war zu diesem Zeitpunkt noch nichts in trockenen Tüchern, denn Louis Oosthuizen, der als Führender auf die letzte Runde gestartet war, hatte noch ein paar Löcher vor sich. Zu diesem Zeitpunkt lag der Südafrikaner nur einen Schlag zurück. In Vorbereitung auf ein mögliches Playoff verbrachte Rahm die Wartezeit damit, ein paar Bälle auf der Driving Range zu schlagen. Währenddessen gab Oosthuizen auf der 17 einen Schlag ab und benötigte nun ein Eagle auf der letzten Bahn. Dieses gelang ihm jedoch nicht, weshalb er sich mit dem zweiten Platz zufrieden geben musste.
An Torrey Pines beißen sich sogar die ganz Großen einen Zahn aus. Am Ende triumphiert der Jon Rahm bei seinem eigenen Sommermärchen.
US Open 2021: Der Ort der Emotionen
In sportlicher Hinsicht gewinnt Jon Rahm nicht nur sein erstes Major-Turnier, sondern ist zudem der erste Spanier überhaupt, der bei einer US Open triumphiert. "Das war definitiv für Seve. Ich weiß, dass er dieses Turnier am liebsten gewonnen hätte", erklärte der frisch gebackene Major-Sieger. Doch noch emotionaler wird es, wenn man versteht, welche Bedeutung Torrey Pines für Rahm uns seine Familie hat. 2017 gewann er hier bei der Farmers Insurance Open sein erstes PGA-Tour-Turnier. Außerdem machte er hier in Torrey Pines seiner Frau Kelley einen Heiratsantrag. "Es erinnert mich sehr an zu Hause", so Rahm. "Es ist nicht genau dasselbe, aber die Küstenlinie, das Wetter, das Grundstück, das ist im Grunde ein guter Sommertag dort, wo ich aufgewachsen bin, und diese Poa Annua Greens sind etwas, das ich kenne und verstehe und mit dem ich aufgewachsen bin, und ich denke, es ist etwas, das wirklich bei mir ankommt. Ich weiß nicht warum, aber jedes Mal, wenn wir hierher kommen, sind wir einfach glücklich."
Einer, der den ganzen Trubel an diesem Tag nicht verstand, war der gerade zehn Wochen junge Kepa, Jons und Kelleys Sohn. Zufälligerweise war genau an dem Tag des Triumphes Vatertag in den USA. Der erste Vatertag von Jon Rahm, der dann auch prompt gefeiert wurde.
Martin Kaymer mit ordentlicher Leistung
Nachdem Deutschlands bester Golfer eine 77er Runde zum Auftakt gespielt hatte, steigerte er seine Leistung am zweiten Tag enorm. Mit 68 Schlägen gelang ihm eine der niedrigsten Runden im gesamten Turnierfeld. Auch am dritten Tag, dem so wichtigen Moving Day, zeigte Martin Kaymer schönes Golf, spielte zwei Schläge unter Par und rückte in der Tabelle immer weiter Richtung Spitze. Zwischenzeitig kämpfte er sich sogar in die Top-15 vor. Nun stand er kurz davor, sein bestes Major-Ergebnis seit dem Masters 2017 zu brechen, bei dem er geteilter 16. wurde. Doch auf der Finalrunde nutzte er seine Chance nicht. Dabei wurden ihm vor allem die vier Bogeys hintereinander auf den Front Nine zum Verhängnis. Insgesamt kam Kaymer auf einen Gesamtscore von drei Schlägen über Par und platzierte sich damit auf dem geteilten 26. Rang. Der zweite Deutsche im Teilnehmerfeld war Matti Schmid, zu der Zeit noch Amateur. Dieser scheiterte jedoch nach zwei Runden am Cut.