Zu viel lästige Werbung? Mit Golf Post Premium genießt Du alle Inhalte werbefrei. Anzeigen entfernen
US Open

Der „Killer“ war gestern sanft: Straft Winged Foot seinen Nimbus Lügen?

18. Sep. 2020 von Michael F. Basche in Mamaroneck, USA

Der West Course des Winged Foot Golf Club gilt als einer der schwierigsten Plätze weltweit. (Foto: Getty)

Der West Course des Winged Foot Golf Club gilt als einer der schwierigsten Plätze weltweit. (Foto: Getty)

Zu viel lästige Werbung? Mit Golf Post Premium genießt Du alle Inhalte werbefrei. Anzeigen entfernen

Verkehrte Welt in Mamaroneck: Der West Course von Winged Foot, vom legendären US-Golfjournalisten Dan Jenkins mal als „Killer“ bezeichnet, ging gestern sanft, fast gnädig mit den Akteuren dieser 120. US Open um. Es gab schon zum Auftakt mehr Unter-Par-Runden als während der gesamten „Offenen Amerikanischen“ von 2006, 21 an der Zahl; elf Spieler liegen zudem bei Even Par. Das Feld bewegt sich bei einem Durchschnittsscore von um die 72, vor 14 Jahren lag der bei 74,99 Schlägen. Straft Winged Foot diesmal also seinen Nimbus Lügen? Sind die Tage brutaler US Open damit doch endgültig Geschichte?

Mitnichten! Die USGA und der örtliche Kurs-Chef Steve Rabideau ließen es lediglich langsam angehen, spendierten den Teilnehmern moderate Fahnenpositionen auf eher weichen Grüns – vor allem, um die erste Runde ohne Überhang zu bewältigen, wiewohl heute trotzdem noch drei Akteure „nachsitzen“ müssen. Oder anders: Sie begünstigten das Spieltempo. Denn die Verschiebung in den September beschert den Verantwortlichen deutlich kürzere Tage als beim regulären US-Open-Termin im Juni, es wird morgens später hell und abends später dunkel, man hat exakt 2:47 Stunden Tageslicht weniger. Deshalb auch wurde das Feld generell schon von 156 auf 144 Spieler reduziert. Niemand mag jetzt einen zähen, zeitkostenden Ablauf, weil die Spieler auf den Grüns umeinander putten, während langsam die Dämmerung einsetzt. So durften dann Justin Thomas und seine Verfolger, darunter die frisch gebackenen Väter Thomas Pieters und Rory McIlroy, vergleichsweise richtig tief schießen, und Davis Thompson die beste Runde eines Amateurs bei einer US Open in Winged Foot markieren.


Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

New Dad, new perspective @thomaspietersgolf ? #USOpen

Ein Beitrag geteilt von European Tour (@europeantour) am

Doch das Set-up wird sich gravierend ändern, garantiert! Spätestens nach dem Cut dürfte Winged Foot seine Tücken offenbaren, wenn dem reduzierten Feld genug Tageszeit zur Verfügung steht, um sich in verbissene Zweikämpfe mit dem „Killer“ verwickeln zu lassen. Nicht nur Tiger Woods weiß, „dass sie es viel schwieriger machen können, wenn sie es gewollt hätten“. Zudem wird schon für heute mehr Wind erwartet, der die Grüns austrocknet. Was die Brise nicht schafft, das erledigt die unterirdische Belüftung. Außerdem lässt Rabideau seine Greenkeeper auch weiterhin munter das Rough düngen …


Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Winged Foot’s superintendent has been working to set up the course with +8 in mind... ?

Ein Beitrag geteilt von GOLF.com // GOLF Magazine (@golf_com) am

Die USGA hat eh angekündigt, dass sie den Platz im Lauf des Turniers zunehmend austrocknen lassen will. Und sowieso gilt die Golf-Weisheit, das ein Turnier nicht direkt am ersten Tag gewonnen wird – wohl aber verloren. Womit wir bei Phil Mickelson sind.

Mickelson wohl alsbald in „bester“ Gesellschaft

Schwacher Trost: Phil Mickelson dürfte heute Abend vermutlich in „bester“ Gesellschaft sein – im Kreis der namhaften Spieler nämlich, denen ein Karriere-Grand-Slam versagt geblieben ist, Sam Snead, Arnold Palmer, Tom Watson. Mit seiner unterirdischen 79 verspielte „Lefty“ gestern wohl direkt zum Auftakt die letzte Chance, das US-Open-Trauma mit sechs zweiten Plätzen, darunter der fast greifbare, indes leichtfertig vertane Sieg von 2006 an selber Stelle, aus der Welt zu schaffen. Nach zwei Birdies als Einstand sah alles noch vielversprechend aus, aber dann ließ „Phil the Thrill“ neun Bogeys folgen, die er mit einem doppelten Schlagverlust auf der 14 „würzte“. Schlimmer noch: Trotz einer dreistündigen Vorbereitung mit diversen Drivern und TrackMan-Analyse traf Mickelson lediglich zwei Fairways und ließ sich zwischendurch so vernehmen: „Ich habe es dermaßen satt.“ Abends dann sprach er  von einem „enttäuschenden Tag“ und erklärte, er habe „jämmerlich gedrived und schwach geputtet. Mehr weiß ich nicht zu sagen“.


Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Phil’s return to Winged Foot (+9) didn’t exactly go as planned...

Ein Beitrag geteilt von GOLF.com // GOLF Magazine (@golf_com) am

Winged Foot erwiderte Thomas‘ Liebeserklärung

Fürchtet Euch nicht: Für Justin Thomas ist Winged Foot „der schwierigste Platz, den ich je gespielt habe, aber er erschreckt mich nicht“. Zum Auftakt setzte der 27-Jährige das in eine 65er-Runde (-5), die beste, die je bei einer US Open auf dem West Course gespielt wurde; er krönte die Lehrstunde für seine Flightpartner Tiger Woods und PGA-Champion Collin Morikawa mit einem feinen Birdie-Putt über 7,6 Meter auf dem unglaublichen 18. Grün und sagte anschließend: „Eine 65 ist überall gut, erst recht hier. Aber ich war auch wirklich gut fokussiert und mental bestens strukturiert.“ Damit machte sich der Erkundungstrip mit Woods vor einem Monat auf dem Weg zur Northern Trust in Boston das erste Mal bezahlt. „Ich liebe den Platz“, sagte Thomas damals. Es ist definitiv einer meiner Favoriten, wenn nicht gar mein absoluter Lieblingskurs.“ Gestern erwiderte Winged Foot diese Liebeserklärung.

Zack Johnsons irrer Birdie-Putt

Putt des Jahres: Auch wenn die Grüns von Winged Foot gestern zahm und die Fahnenpositionen moderat waren – an den irren Slopes der Tillinghast‘schen Konstruktionen änderte das nichts. Und so kam es zu etlichen Aufsehen erregenden Spiellinien, deren absurdeste Zach Johnson schon auf Loch 1 demonstrierte. Wohl wissend, dass der Ball bei einem konventionelle Putt das Loch niemals aus der Nähe sehen würde, knallte der US-Pro die Kugel rechts hinter das Loch und ließ sie eben von den extremen Konturen zum Birdie ins Loch tragen – was er angesichts seiner Gestik selbst kaum glauben konnte:

Neues Kapitel im Drama des Jordan Spieth

Auf verlorenem Posten: Aus dem einstigen „Golden Boy“ des US-Golf ist für viele Medien längst ein „Lost Boy“ geworden, und gestern fügte Jordan Spieth dem Drama um seine verlorenen Golffertigkeiten ein neues Kapitel an. Mit 3 über Par hielt sich der Schaden zwar in Grenzen – Tiger Woods, Justin Rose oder Dustin Johnson vor allem rangieren auch nicht besser –, aber die Art macht beklommen, wie dieser geteilte 71. Platz zustande kam. Nach einem Bogey-Start schlug er auf Bahn 2 schlug er einen Ball in die Bäume und musste zum Abschlag zurück – doppelter Schlagverlust. Auf der 12 leistete er sich noch mal ein Doppel-Bogey, flankiert von Schlagverlusten auf der 10 und auf der 17. „Da läuft eine Menge falsch. Und ich weiß nicht genau, woran es liegt, sonst würde ich es ja korrigieren. Aber ich werde es schon herausfinden“, bekannte der dreifache Majorsieger aus Texas hernach, der seit der Open Championship von Royal Birkdale 2017 kein Turnier mehr gewonnen hat: „Es ist kein besonders tolles Gefühl, wenn du am Abschlag einer US Open stehst und nicht sicher bist, wohin dein Ball fliegen wird.“


Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

It was another rollercoaster day for Spieth (+3), but he’s determined to grind his way back.

Ein Beitrag geteilt von GOLF.com // GOLF Magazine (@golf_com) am

Was Hoffnung gibt, sind die vier Birdies, drei in Serie von Loch 4 bis 6 mit einem tollen Putt auf dem 5. Grün und das auf Bahn 15. „Ich gebe niemals auf“, bekräftigte Spieth. „Es gibt auch nicht den geringsten Grund dafür.

David Duval, der einstige Weltranglistenerste und Champion Golfer of the Year 2001, der sein Spiel vor etlichen Jahren verloren hat und heute als Analyst für den „Golf Channel“ arbeitet, kennt solche Probleme aus eigener Erfahrung und hatte gestern einen Tipp für Spieth parat: „Er beschäftigt sich auf dem Platz zu sehr mit seinem Schwung statt bloß Golf zu spielen.“ Nach Duvals Ansicht denken allzu viele Golfer mehr über den Weg nach, wägen zu sehr ab, statt einfach auf das Ziel zu reagieren. Auch Spieth: „Beim Golf schlägt man bekanntlich einen ruhenden Ball, niemand schlägt oder wirft ihn zurück wie in anderen Sportarten. Also, weniger über seinen Schwung nachdenken, weniger analysieren, wie man wohl das Ziel erreicht, sondern einfach drauf los spielen – und auch die Ergebnisse nicht ,zu Tode‘ analysieren.“ Wenn‘s so einfach umzusetzen wäre …

MacIntyre: Pro Schlaggewinn 3.500 Dollar für Uni

„Bucks“ für Birdies: Der schottische US-Open-Debütant Robert MacIntyre hat seiner vom Hurrikan   Laura schwer getroffenen McNeese Universität in Louisiana für jeden Schlaggewinn an den vier Tagen von Winged Foot eine Spende von 3.500 Dollar versprochen. Auf der gestrigen 74-Runde des 24-Jährigen, der als größte Hoffnung auf schottische Golf-Glorie gilt, kamen 10.500 Dollar zusammen; wegen des Doppel-Bogeys an der Drei und fünf weiteren Schlagverlusten muss MacIntyre heute hart um den Cut kämpfen – seine Uni wird alle Daumen drücken.

Woodland trifft – beim Basketball

Lebenszeichen vom Titelverteidiger: Dass Gary Woodland ein ziemlich guter Basketballer ist, haben wir schon berichtet, als er Brooks Koepka 2019 bei der US Open auf den Links von Pebble Beach den nächsten Major-Triumph vor der Nase wegschnappte. Gestern eröffnete der 36-Jährige mit einer 74 und muss sich für den Cut etwas strecken. In den Tagen vor Winged Foot filmte ihn die PGA Tour beim Körbe werfen: Der Mann,der mit einem Basketball-Stipendium an der Washburn Universität in Kansas studierte, netzte 41 seiner 47 Versuche aus der Freiwurf-Distanz. Hoffentlich ist Woodland heute ebenso treffsicher.


Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Defending U.S. Open Champion @gary.woodland’s jumper is ... ?

Ein Beitrag geteilt von PGA TOUR (@pgatour) am

Beinahe hätte es eine Advents-Open gegeben …

Winterwonderland: USGA-Boss Mike Davis hat am Rande des Geschehens in Winged Foot bestätigt, dass man in Jersey durchaus mit einer US Open im Dezember spekuliert habe, falls sich der erste Verschiebungstermin des Majors in den September aus terminlichen oder aus Gründen des Corona-Geschehens im eine halbe Autostunde entfernten „Big Apple“ New York nicht hätte realisiert werden können. „Wir waren kurz davor, das Turnier nach Los Angeles zu verlegen“, sagte Davis dem „Golf Channel“, wo die US Open eh 2023 auf dem North Course des LA Golf Club ausgetragen wird. Nicht zuletzt die Entscheidung des R&A, die Open Championship in Royal St. George‘s nicht zu verschieben, sondern direkt auf 2021 zu legen, verhalt der USGA mehr Spielraum für den aktuellen Austragungszeitpunkt.

Damals und heute: Die Grüns von Winged Foot

Zum Schluss: Die Grüns von Winged Foot sind die heimlichen Stars dieser 120. US Open, zumindest werden sie eine Hauptrolle für den Ausgang des Majors spielen. 2015 hat Stardesigner Gil Hanse den Platz überarbeitet und vor allem den Puttfläche ihre einst von Albert W. Tillinghast definierte Form wiedergegeben. Der Club hat in einer dreiteiligen Serie die Historie, die Wiederherstellung und die Besonderheiten vor allem des 18. Grüns dokumentiert – Prädikat sehenswert, nicht nur für Liebhaber des Golfplatzdesigns:

Zu viel lästige Werbung? Mit Golf Post Premium genießt Du alle Inhalte werbefrei. Anzeigen entfernen
Zu viel lästige Werbung? Mit Golf Post Premium genießt Du alle Inhalte werbefrei. Anzeigen entfernen

Feedback