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US Open

Jordan Spieth: Der „Golden Boy“ zeigt mal wieder sein anderes Gesicht

14. Jun. 2019 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Jordan Spieth während der US Open 2019. (Foto: Getty)

Jordan Spieth während der US Open 2019. (Foto: Getty)

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Sündenbock: Dass Jordan Spieth während seiner Runden gern viel mit sich und dem Ball spricht, ist allgemein bekannt. Auch, dass der Texaner bei all seinem braven Äußeren und trotz des Nimbus als Amerikas „Golden Golf Boy“ eine gewisse Cholerik in sich birgt – das erinnert ein wenig an den großen Bobby Jones, der zu Beginn seiner Karriere gleichfalls ein Januskopf war. Gestern freilich hat Spieth es mit seinen Temperamentsausbrüchen etwas zu weit getrieben, als er während seiner 72er Runde (+1) seinen Frust über ein paar missratene Schläge vor laufenden Kameras an Caddie Michael Greller ausließ. Die Kommentare in den Medien – von „Er blies Greller den Marsch“ bis „Er schmiss Greller vor den Bus“ – waren entsprechend. Nach einem Bogey auf der Vier dank eines zu langen Abschlags, der in Richtung Strand rollte, und eines leicht gepullten dritten Schlags ins Rough hinter der Fahne (nach Strafschlag) aus der Drop-Zone raunzte Spieth seinen „Bag Man“ an: „Toll, Michael, zwei perfekte Schläge. Erst schickst Du mich ins Wasser und dann hinters Grün.“

Obwohl der dreifache Majorsieger seinen Aussetzer später herunterspielte („Ich war frustriert, dass es uns als Team nicht gelungen ist, das von vornherein auszuschließen“) wurde der „weinerliche“ 25-Jährige wegen seines „schlechten Benehmens“ anschließend in den sozialen Netzwerken, selbst von Kollegen und Medienleuten, ebenso „gegrillt“, letztlich sei er ja schließlich für die Ausführung der Schläge verantwortlich:

Vermutlich wird Greller selbst den verbalen Ausrutscher seines Chefs und Schützlings richtig einordnen können. Der einstige Lehrer kennt Spieth mehr als nur gut, weiß um dessen Bedürfnis, die Befindlichkeiten während der Runde rauszulassen, und nicht zuletzt um Spieths Temperament. Trotzdem, es kam ziemlich blöd rüber …

Justin Rose und seine „Putting Clinic“

Galavorstellung: Die European Tour schrieb von einer „Putting Clinic“, die Justin Rose gestern auf den Grüns von Pebble Beach abgehalten hat. In der Tat sicherte der englische Olympiasieger und US-Open-Champion von 2013 seine blendende 65 („Echt ein toller Tag“) vor allem mit dem „Flat Stick“. Während der 38-Jährige in allen anderen Statistiken eher im Hintertreffen war – 119. mit 50 Prozent getroffener Fairways (Feld bei 63 Prozent), 106. mit 50 Prozent der Grüns „in Regulation“ (Feld bei 58 Prozent), 116. mit der Drivelänge von 290,8 Metern (Feld bei 297,9 Metern) – fiel die Puttbilanz absolut bestechend aus. Rose war mit klarem Abstand die Nummer eins in Sachen absolvierter Putts (22 insgesamt, im Schnitt 1,22 gegenüber 1,61 des Felds) und fabrizierte auch in den „Strokes gained“-Werten fürs kurze Spiel (3,11) und fürs Putten (5,53) imponierend einsame Bestwerte.

Wie bedeutsam vor allem die Arbeit auf den Grüns war, zeigt sich am Beispiel von Xander Schauffele, der sich vor allem deswegen auf Rang zwei platzierte, weil er mit 24 Putts und 1,33 im Schnitt sowie einem Strokes-gained-Putting“-Wert von 4,98 Zweitbester des Tages hinter Rose war. Zudem traf Schauffele 86 Prozent aller Fairways (Platz 4).

Rickie Fowler und der „Vokuhila“-Haarschnitt

Hingucker: Rickie Fowler ist immer irgendwie auffällig, allein schon durch sein „hippes“ Golf-Outfit. Gestern, „auf einer meiner besseren Major-Runden“, bestach der 30-jährige allerdings nicht nur durch seine feine 66 und die zwischenzeitliche Clubhaus-Führung, sondern durch die extravagante Frisur unter der Kappe. Fowler hat sich, ebenso wie Jason Dufner übrigens, einen „Vokuhila“-Haarschnitt (vorne kurz, hinten lang) verpassen lassen, um damit an seinen Kollegen und Freund Jarrod Lyle zu erinnern, der im August 2018 an Leukämie verstorben war. „Es ist auch ein Signal an all die Menschen, Kinder wie Erwachsene, die durch eine Chemotherapie ihre Haare verlieren“, sagte Fowler. „Gutes Aussehen ist relativ. Man muss vor allem dankbar sein, dass es einem gut geht, und braucht sich seines Äußeren nicht zu schämen.“

„G-Mac“ unbeeindruckt und auf Wolke sieben

Höhenflug: Da schwebt einer auf Wolke sieben. Graeme McDowell, das Golf-Urgestein aus Nordirland, hat sich vergangene Woche für die so begehrte Heim-Open-Championship in Royal Portrush qualifiziert. Dieses Momentum brachte der 39-Jährige ganz offensichtlich mit nach Kalifornien, spielte gestern eine 69, und die ohne Bogey. Ohnehin ist Pebble Beach ein tolles Pflaster für „G-Mac“, der es mittlerweile auch wieder in die Welt-Top-100 geschafft hat, gewann er doch auf den Links am Pazifik 2009 sein einziges Major, als die US Open letztmals dort ausgetragen wurde. „Ich habe mich ganz stark konzentriert, nur auf mein eigenes Spiel zu fokussieren“, bilanzierte McDowell. „Wenn man mit Dustin [Johnson] und Phil [Mickelson] spielt, dann lässt man sich gern beeindrucken und ablenken von den unfassbaren Dingen, die sie abziehen können.“

Caddie Williams soll Jason Day zum Erfolg führen

Dynamisches Duo: Ganz besondere Unterstützung hat sich Jason Day für diese 119. US Open an die Tasche geholt. Der Australier, der trotz seiner Verletzungsanfälligkeit an vergangene Hochzeiten anknüpfen will, hat es geschafft, dass Star-„Looper“ Steve Williams seinen Ruhestand vorübergehend aufgibt. „Als ich den Caddie-Job an den Nagel gehängt habe, da habe ich meiner Frau gesagt, es gebe nur drei Spieler, für die ich trotzdem noch mal arbeiten würde“, erzählte der Neuseeländer: „Und Jason ist definitiv einer davon.“

Day hat nach zuletzt sehr durchwachsenen Jahren an etlichen Stellschrauben gedreht, dazu gehörte schon vor geraumer Zeit die „Verbannung“ von Coach und Ersatzvater Colin Swatton von der Tasche. „Ich bin bislang mächtig unter meinem Potenzial geblieben“, sagte der Australier, der Williams darum bat, ihm dabei zu helfen, wieder Majors zu gewinnen und erneut die Nummer eins der Welt zu werden. Williams‘ Ratschlag, der immerhin Days Idol Tiger Woods bei 13 Majorsiegen begleitet hatte: „Du musst härter arbeiten. Ohne harte Arbeit und ohne Opfer zu bringen, kommt man nirgendwohin. So einfach ist das.“ Mal sehen, wohin der gemeinsame Weg die beiden führt.

US Open 2019 Liveticker

USGA darf sich über seltenes Lob freuen

Premiere überstanden: Das Urteil der Spieler war einhellig, Phil Mickelson brachte es auf den Punkt: „Die USGA hat beim Set-up hier in Pebble Beach einen großartigen Job gemacht!“ Das Rough gehört so bei einer US Open, aber die Grüns sind spielbar, im Gegensatz zu Shinnecock Hills, was sich auch in der Erstrunden-Scores mit 39 Spielern unter Par niederschlägt. „Ich habe 27 US Open gespielt, und jedes Mal haben sie es vermasselt“, hatte Mickelson vor Pebble Beach gesagt, wo übrigens sein Großvater zu den ersten Caddies gehörte und „Lefty“ einen besonderen Silberdollar als Ballmarker vermachte; jetzt fügte er an: „Es scheint, als würden sie diesmal alles richtig machen.“

Beim amerikanischen Golfverband dürfte man angesichts dieses seltenen Lobs etwas aufatmen, und vielleicht liegt‘s ja auch ein bisschen am neuen USGA-Verantwortlichen fürs Set-up. John Bodenhamer, eigentlich Direktor in Regel-Angelegenheiten, hat CEO Mike Davis abgelöst, der bislang als „Buhmann“ für seine Maßnahmen zur Major-Herrichtung der US-Open-Plätze von den Spielern heftig kritisiert und gar als ahnungslos in Sachen Profi-Golf bezichtigt wurde.

Bjerregaard und die 11 auf der 18

Kontrollverlust: Gestern haben wir noch über Lucas Bjerregaards Training mit Kleiderbügel berichtet, heute findet der Däne an dieser Stelle wegen eines eher unschönen Wutanfalls statt. Auf der 18 von Pebble Beach feuerte der 27-Jährige, auf 10 gestartet, ohnehin schon bei +3 und mächtig genervt, gleich zwei Abschläge nach links in die Bucht namens Stillwater Cove, den dritten dann rechts ins Aus. Anschließend schmiss er seinen Driver den beiden ersten Bällen hinterher, spielte auf dem Par 5 eine 11, die restliche Runde mit dem Holz 3 und am Ende eine 80. „So was wie auf der 18 ruiniert einem alles“, sagte Bjerregaard anschließend. Immerhin war es nicht der schlechteste Loch-Score in der US-Open-Historie, den hält Ray Ainsley mit 19 Schlägen auf einem Par 4 in Cherry Hills 1938.

DeChambeau und der Gehirnschaden

Spruch des Tages: Mensch, Bryson DeChambeau, wer hätte ahnen können, dass es so schlimm um Dich bestellt war! Ironie-Modus aus. „Neurologische Schäden“, bescheinigte sich der 25-Jährige gestern für die jüngste Vergangenheit. „Schlechte Schläge und Probleme mit dem Schwung haben mich wie einen Anfänger spielen lassen. Das führt zu einer Art Schädigung des Gehirns, die ich überwinden muss.“ Also, ganz ehrlich, man kann es auch übertreiben; wenn ein gesunder Kerl so was von sich gibt, ist das echt eine schräge Selbstdiagnose. Immerhin befindet sich der „verrückte Golf-Professor“ dank seiner 69er Auftaktrunde auf dem Weg der Besserung: „Heute fühle ich mich so gut wie lange Zeit nicht mehr.“

Zach Johnson macht sich zum Hampelmann

Das Letzte: Wir alle schieben mal einen Putt vorbei, nicht wahr? Der Coach von Zach Johnson hat dafür eine ziemlich ungewöhnliche Trainingsroutine entwickelt: Immer, wenn sein Schützling auf dem Übungsgrün das Loch verpasst, muss der zweifache Majorsieger an die Seite gehen und den aus kindlichen Sportstunden bekannten „Hampelmann“ vorführen. Vermutlich soll es ablenken und lockern – und garantiert ist es dem Ehrgeiz förderlich, die Kugel zu versenken, statt sich „zum Horst“ zu machen. Wir warten jetzt drauf, dass der 43-Jährige die Nummer auch während der US Open auf den Grüns von Pebble Beach durchzieht:

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