Man kommt auch im Ausblick auf die zweiten Runde dieses 85. Masters nicht an Justin Rose vorbei: Der englische Olympiasieger und US-Open-Champion von Merion 2013 absolvierte gestern ab Loch acht und seinem Eagle auf „Yellow Jasmine“ sowie den sieben Birdies in der Folge „offensichtlich einen anderen Platz und ließ den Rest des Felds im Staub hinter sich“, urteilte beispielsweise das Experten-Portal „The Fried Egg“. Heute geht Rose, der beim Masters bereits fünf Mal in den Top-Ten landete und dabei zwei Mal Zweiter wurde (2015, 2017), um 9.36 Uhr Ortszeit (15.36 Uhr MESZ) in die zweite Runde und darf sich auf die üblicherweise moderaten Vormittagsbedingungen freuen. Mal sehen, was der 40-Jährige draus macht, nachdem er gestern als Einziger der Nachmittagssession auf dem im Lauf der Stunden immer schwieriger werdenden Geläuf brillierte und sich in den „Strokes Gained“-Statistiken „Putting“ den ersten sowie in „Approach“ den zweiten Platz erspielte.
Andererseits ist der „Early Bird“ beileibe keine Garantie für prospektive Runden mit guten Scores, wie Titelverteidiger Dustin Johnson oder etwa Rory McIlroy bei ihren mittelmäßigen Auftaktauftritten gezeigt haben. Gespannt darf man überdies auf das Abschneiden des Quartetts hinter Rose sein: Brian Harman, Hideki Matsuyama (beide -3) und der dreifache European-Tour-Gewinner Christiaan Bezuidenhout (-2) mit seinem ästhetischen Schwung gehen allesamt nach 12 Uhr Ortszeit aufs erste Tee. Und Masters-Debütant Will Zalatoris, mit ebenfalls -2 der Vierte im Bunde, kann im Flight mit Bernhard Langer sechs Minuten vor „High Noon“ beweisen, dass die gestrige Vorstellung mit neun getroffenen Fairways und 14 Grüns „in regulation“ keine Eintagsfliege war. Seine Ansage ist jedenfalls unmissverständlich:
Schuldet McIlroy seinem Dad einen Handschuh?
Humor ist, wenn man trotzdem lacht: Nachdem Rory McIlroy gestern nach einem seiner verirrten Abschläge unter die Bäume am Rand von Bahn 7 mit seinem Befreiungsschlag ausgerechnet den eigenen Vater am Bein getroffen hat, flachste Gerry McIlroy anschließend unter Bezug auf die übliche Praxis bei in Mitleidenschaft gezogenen Zuschauern: „Vielleicht sollte ich ihn um einen signierten Handschuh bitten.“ Der vierfache Majorsieger selbst bekannte nach Ende der Runde, er haben seinen Dad sehr wohl erkannt und ihn sogar anvisiert, „weil ich einen Draw spielen wollte“.
Nach einer weitgehend unterirdischen 76er-Runde zur Eröffnung des neuerlichen Versuchs, das Green Jacket zu ergattern und damit den Karriere-Grand-Slam zu komplettierten, bezog McIlroy „Ermutigung durch die letzten vier Löcher“, die er immerhin mit Eins-unter-Par absolvierte hatte. Angesichts der folgenden Bilder dürften miese Scores allerdings zur Nebensache geraten, selbst beim Masters:
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Augusta National wie der Masters-Kurs sein soll
Gewohntes Bild: Das November-Masters 2020 hat einige ungewöhnliche Eindrücke von Augusta National hinterlassen, optisch und auch in Sachen Bespielbarkeit. Gestern freilich präsentierte sich das Geläuf hinter der Magnolia Lane wieder wie gewohnt – mit April-Attitüde halt. Vor allem die Grüns waren so „Augusta-like“ wie seit 2013 nicht mehr: bretthart, glasglatt, höllisch schnell, dazu mit kniffligen Fahnenpositionen gesteckt. Besonders auf den Löchern 4, 5, 8, 10 und 15 mussten die Spieler ihre Annäherungen auf den Punkt bringen, um das Bogey-Risiko zu minimieren. Aber sogar aus geringer Distanz bogen Bälle kurz vor dem Loch noch ab; andere rollten nach Chips oder Pitches haarscharf am Cup vorbei, um dann nochmals Fahrt aufzunehmen und schließlich wieder vom Grün zu kullern. Für Fehler gab‘s nicht all zu viel Spielraum.
So blieben lediglich zwölf Spieler in der ersten Runde unter Par, und mit Justin Rose, Brian Harman sowie Hideki Matsuyama schafften nur drei Akteure überhaupt einen Score in den 60ern. Derweil lag das Feld am Ende des Tages bei einem Durchschnittsscore von 74,5 (2020 lag die Quote bei 71,4). Einmal mehr bestätigte Augusta National die Devise: Aggressivität kontrollieren, Geduld bewahren.
Jordan Spieth: „Meine Frau ist mein Fels“
Spotlight: Seit Jordan Spieth sein Comeback aus der Formkrise nach fast vier sieglosen Jahren mit dem Gewinn der Texas Open krönte, steht der 27-jährige Texaner als Masters-Mitfavorit im Rampenlicht. Schon in Austin hatte Spieth seiner Frau Annie Verret eine herausragende Rolle bei seiner golferischen Wiedergeburt zugeschrieben. „Sie ist einfach mein Fels“ sagte der dreifache Majorsieger am vergangenen Sonntag. „Annie hat mir in der ganzen Zeit den Freiraum gegeben, ,mein Ding‘ zu machen und hat stets gesagt: Ich bin für Dich da, wann immer Du mich brauchst. Sag einfach, wie ich Dir helfen kann.“ Gestern half Spieth sich bei seiner 71 (-1) ziemlich gut selbst. Und wäre da nicht das Triple Bogey mit dem Baumtreffer auf der Bahn 9 gewesen, er wäre schon heute ganz vorn mit dabei.
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Fleetwood und das 32. Masters-Hole-in-One
Lochspiel: Tommy Fleetwoods Hemd am Masters-Donnerstag war schon ein Hingucker, erst recht dann später das Ass auf Loch 16, als der Engländer den Ball mit einem Eisen 9 über 155 Meter aufs Grün brachte und ins Loch rollen ließ. Das rief natürlich prompt die Statistiker auf den Plan, die das 32. Hole-in-One der Masters-Geschichte auf einem der vier Par-3-Löcher von Augusta National notierten. Dabei ist die 16 „Rosebud“ mit 23 Assen tatsächlich am häufigsten vertreten, andererseits wurde auf der heute 219 Meter langen Vier nur ein Mal ein Ball direkt versenkt – von Jeff Sluman 1992 per Eisen 4. Damals betrug die Distanz allerdings gute 197 Meter.
Fleetwood, der trotzdem mit einer 74 (+2) ins Turnier startete, bekommt für seinen Kunstschlag vom Club traditionell eine Kristallvase und „darf“ eine Runde Drinks schmeißen – er wird‘s gewiss nicht gegeneinander aufrechnen. Und sein Kommentar ist lesenswert:
Ever have one of those rounds of golf when you’re so frustrated at this stupid game for not giving you what you deserve? Then, just when you're about to lose it, you hit THE shot that makes you realise why you're so hopelessly in love with it! #themasters pic.twitter.com/2rtNDT5NVT
— Tommy Fleetwood (@TommyFleetwood1) April 8, 2021
Player-Sohn missbraucht Elder-Ehrung für Reklame
Schleichwerbung: Geschäftstüchtigkeit in allen Ehren, aber was sich Gary Players Sohn Wayne da gestern beim Ceremonial Tee Shot zum Start des 85. Masters geleistet hat, das ging denn doch deutlich zu weit. Während die Kamera über die Honorary Starters Player, Jack Nicklaus und vor allem den für diesmal eingeladenen Lee Elder schwenkte, hielt Wayne Player, der für seinen Vater den Caddie machte, demonstrativ ein Päckchen Golfbälle in der Hand, um die Marke zu propagieren.
Not sure why you think this. ?♂️ pic.twitter.com/ReRphqdNbw
— Adam Rehberg (@rehbirdie) April 8, 2021
In den sozialen Medien machte sich prompt gehöriger Unmut breit, dass Player-Junior damit die Ehrung missbraucht und den 86-jährigen Elder um die verdiente Aufmerksamkeit gebracht habe, der 1975 als erster Schwarzer am Masters teilgenommen hatte, aus gesundheitlichen Gründen gestern indes keinen Ball spielen konnte.
Wie zu vernehmen war, wurden die beiden Players anschließend vom Club ordentlich für diese Ungehörigkeit gerügt. Und die Ballfirma distanzierte sich in einem eiligen Statement sehr deutlich von der unangemessenen Aktion.
Vor 20 Jahren erlebte Augusta den „Tiger-Slam“
Rückblick: Sein Name ist im Augusta National Golf Club in aller Munde und viele sagen, ein Masters ohne Tiger Woods sei nicht dasselbe – schon beim Champions Dinner wurde der 15-fache Majorsieger und vierfache Träger des Green Jacket schmerzlich vermisst, der nach seinem Autounfall im Februar momentan daheim in Jupiter/Florida seine schweren Beinverletzungen auskuriert. Immerhin wurde zu seinen Ehren ein Platz am Esstisch reserviert und freigehalten. Das passt ins Bild, zumal sich bei dieser 85. Auflage des Masters gestern ein besonderes Ereignis zum 20. Mal jährte.
Am 8. April 2001 holte sich Woods mit einem Gesamtergebnis von 272 sowie zwei Schlägen Vorsprung auf David Duval sein zweites Masters und besiegelte so den „Tiger-Slam“, den Gewinn aller vier Majors in direkter Reihenfolge. Im Jahr zuvor hatte Woods die Open Championship auf dem Old Course in St. Andrews, die US Open in Pebble Beach und die PGA Championship in Valhalla dominiert, nur das erste Masters des neuen Jahrtausends war im April 2000 an Vijay Singh gegangen. Damit kam Tiger als bislang einziger Golfer dem Grand Slam von Bobby Jones am nächsten, der 1930 binnen eines Jahres alle vier damaligen Majors für sich entschieden hatte.
Der Gebäudekomplex am Clubhaus
Hinter der Kulisse: Jeder kennt das ikonische Clubhaus von Augusta National, einst Herrenhaus auf dem Gelände der Fruchtplantage und Baumschule Fruitland, 1854 von Dennis Redmond als erstes Beton-Bauwerk in den amerikanischen Südstaaten errichtet und später von den Baronen Berckmans bewohnt. Der viereckige zweistöckige Bau ist allerdings längst nur das Mittel- und Herzstück eines weitläufigen Gebäudekomplexes, der meist von der üppigen Vegetation kaschiert wird, den aber die Architektur-Nerds von „golfclubhouses“ auf Instagram dankenswerterweise mal „freigelegt“ haben:
Fred Couples und der fehlende Siegerschläger
Wussten Sie: … dass alle Masters-Champion einen Schläger aus ihrem Sieger-Bag spenden, der dann zur „Dauerausstellung“ kommt, die das Interieur im Clubhaus ohnehin darstellt? Die Tradition der Schläger-Schenkung existiert seit dem ersten Masters 1934, damals noch Augusta National Invitation Tournament – nur, Fred Couples hat nichts davon gewusst. Und deswegen fehlt in der Sammlung das „Beweisstück“ seines 1992er-Erfolgs.
Ein paar Tage vor der diesjährigen Masters-Woche wurde der 61-Jährige per Mail vom Club darauf aufmerksam gemacht; und er fand tatsächlich seinen damaligen Driver, einen MacGregor Eye 85. Der steckte in einer Tonne (Couples: „Ein sehr sicherer Platz“) neben dem goldplattierten Putter, den Ping ihm 1992 anlässlich des Green Jacket geschenkt hatte und ließ sich deshalb zeitlich zuordnen. Also brachte „Bumm-Bumm-Freddie“ das Holz mit nach Augusta – nun ist die Lücke geschlossen.