Wo alles begann
Links Golf Plätze strahlen eine Faszination auf mich aus, die mich seit dem ersten Kennenlernen nicht mehr losgelassen hat. Jetzt ist es endlich soweit und es führt uns in das Land, in dem unsere Passion ihren Ursprung hat. Da es nach Aberdeen keinen Direktflug gibt, geht es zunächst mit dem Flieger nach Edinburgh. Von hier aus nehmen wir uns einen Mietwagen und fahren entspannt auf dem bestens ausgebauten Motorway mit maximal 70 Meilen in den Nordosten des Landes.
Aberdeenshire ist etwas größer als das Münsterland und hat ca. 250.000 Einwohner. Golfplätze gibt es um die fünfzig. Wir konzentrieren uns während unserer einwöchigen Tour auf drei Spitzenplätze, denn wir möchten neben dem Golfen auch möglichst viele Höhepunkte der Region kennenlernen.
Herrenhaus aus dem Jahr 1225
Als erste Unterkunft wählen wir das malerisch gelegene Maryculter House Hotel, das etwas südlichöstlich von Aberdeen im Landesinneren liegt. Direkt an ihm führt der Fluss Dee vorbei, der im Aberdeener Hafen in die Nordsee mündet.
Seinen Ursprung hat das Herrenhaus im 13. Jahrhundert. Es ist ein ehemaliges Domizil der Ritter des Tempel-Ordens, stilvoll eingerichtet und mit Holzvertäfelungen und Holzbalkendecken versehen. Der Rittersaal und die Bar laden zum Verweilen ein. Unser Classic River View Zimmer im traditionellen Stil ist gemütlich eingerichtet und bietet einen tollen Blick auf den Peterculter Golf Club auf der anderen Seite des Flusses. Nach einem leckeren Frühstück mit Früchten, Joghurt, Porridge und Rührei mit schottischem Lachs, erkunden wir den Osten und Süden der Region.
Wir fahren durch den landschaftlich beeindruckenden Cairngorms National Park mit seinen heidebewachsenen Hochflächen, zahlreichen Hochmooren und Wäldern. Einen ersten Stop machen wir in dem hübschen Örtchen Ballater.
God save the Queen and the King
Weiter geht es zum wohl bekanntesten Schloss der Region, dem Balmoral Castle. Es ist die Sommerresidenz des britischen Königshauses. Elizabeth II hat sich hier jeweils zwischen August und Oktober aufgehalten, wo sie auch im September 2022 gestorben ist. In dem für Besucher einzigen zugänglichen Raum, dem Ballsaal, sind Exponate und Fotos der Royals ausgestellt.
Eigentlich wollen wir das nahegelegene Braemar Castle besichtigen, doch leider hat es aufgrund einer Renovierung geschlossen. So fahren wir Richtung Südosten zu der Lochton & Leys Farm. Hier treffen wir auf ca. 250 Exemplare der typischen Highland Beef Rasse mit ihrem unverwechselbaren Pony und erfahren von der Eigentümerin Wissenswertes über die Tiere und ihre Zucht.
Weiter geht es an die Küste nach Stonehaven, einem lohnenswerten Städtchen mit schönem langen Strand und typischem kleinen Fischerhafen. In der Nähe thront dann das wohl begehrteste Fotomotiv von Aberdeenshire auf den Klippen. An drei Seiten von Wasser Seiten umgeben, ziehen die Ruinen des Dunnottar Castles jährlich Tausende in ihren Bann. Wir können verstehen warum und uns gar nicht sattsehen.
Achtältester Golfplatz der Welt
Dann steht endlich Golf auf dem Programm. Der Royal Aberdeen Golf Club wurde sage und schreibe 1780 gegründet und ist ein Links wie er im Buche steht. Aus dem altehrwürdigen Clubhaus mit imposanter Ahnengalerie genießen die Mitglieder ihre Speisen und Getränke direkt vor dem ersten Abschlag des Championship Balgownie Courses, u.a. Austragungsort der Scottish Open 2014.
Nur durch die dünne Glasscheibe getrennt, lassen wir uns hiervon jedoch nicht beeindrucken und spielen unsere Drives in Richtung Meer. Vor uns liegen etliche Schiffe, die auf die Einfahrt in den Aberdeener Hafen warten.
Gemeinsam mit den zahlreichen Windrädern in der Nordsee bilden sie die für den Platz typische Kulisse. Ab dem zweiten Loch verläuft die Front Nine durch die hügelige Dünenlandschaft direkt am Meer entlang, deren Löcher für viele zu den schönsten ihrer Art zählt. Sie führt bis zum weitesten Punkt des Platzes vom Clubhaus weg und von diesem etwas oberhalb parallel zurück. Die zehn Bunker an der Acht haben eine magische Anziehungskraft.
Während uns die engen Bahnen und das Rough auf der Front Nine das Leben schwer machen, ist dies auf der Back Nine der uns gnadenlos frontal entgegenkommende Wind. Obwohl ich der Empfehlung des Starters folge und auf diesen von Rot abschlage, stehe ich kurz vor der Aufgabe. Doch ich halte bis zum Schluss durch und bin zwar völlig geschafft, aber mit dem einmaligen Golferlebnis hoch zufrieden.
Hieran ändert auch nichts, dass ich in dem riesigen Bunker auf der 18 unterhalb des Clubhauses lande und meine Mühe habe, aus diesem herauszukommen.
Murcar Links Golf Club
Am nächsten Tag lernen wir mit dem Murcar Links, 1909 gegründet, einen weiteren großartigen old fashioned Links kennen. Er grenzt an seinem südlichen Ende unmittelbar an den Royal Aberdeen und ist nur durch einen niedrigen Zaun von diesem getrennt.
Hier sehen wir deutlich, dass der Klimawandel auch in Schottland angekommen ist. Die Trockenheit der vergangenen Wochen hat dazu geführt, dass sich die Fairways in einer ungewohnten Farbe präsentieren und knallhart, aber dennoch bestens zu spielen sind.
Die großartigen Löcher führen durch die Dünen, teils direkt am Meer entlang. Die Sieben ist das Signature Hole und heißt nicht umsonst ‚Serpentine’.
Der Platz ist sportlich herausfordernd und bereitet uns bei bestem Wetter einen wunderschönen Golftag. Etliche nationale Amateur Championships und internationale Turniere der Professional wurden hier bereits durchgeführt.
Seehunde zum Greifen nah
Nach der Runde fahren wir in nördliche Richtung. Nach kurzer Zeit kommen wir nach Newburgh, in dem uns das Hinweisschild Seals ins Auge fällt. Wir passieren die Einfahrt zum Forvie National Nature Reserve, dessen Parkplatz direkt am Newburgh-on-Ythan Golf Club liegt.
Wir nehmen den kurzen Weg durch die Dünen an die Mündung des Flusses Ythan. In der völlig einsamen Bucht sehen wir dann schwarze, bewegliche Punkte im Wasser, die bei näherem Herankommen immer größer werden. Zahlreiche Seehunde vergnügen sich hier und wundern sich über die merkwürdigen Gestalten am Strand. Wir haben den Eindruck, dass sie uns wahrnehmen, sich aber in keiner Weise bedroht fühlen.
Schlösser wie aus dem Bilderbuch
Sehenswerte Castles, wie Fraser, Fyvie, Crathes, Craigievar und Huntly liegen an dem Castle Trail, an dem sich insgesamt 19 Schlösser oder dessen Ruinen befinden. Jedes ist anders und beeindruckt auf seine Art.
Atemberaubend und einzigartig
Den Abschluss unseres großartigen Links Trios bildet der Championship Platz des 1899 eröffneten Cruden Bay Golf Clubs. Hier verlaufen die Bahnen in zwei Schleifen um die Bucht herum und schlängeln sich durch die riesig hohe Dünenlandschaft.
Schon die herzliche Willkommenskultur beeindruckt uns. Die originelle, namentliche Erwähnung auf der Gästetafel und auch das Gastgeschenk in Form und Größe einer Packung Bälle erfreuen uns.
Als wir diese auf der Runde ins Spiel bringen wollen, kommen wir aus dem Schmunzeln nicht heraus. Denn erst jetzt bemerken wir, dass es sich nicht um Bälle, sondern um eine kleine Flasche mit Specially Selected Single Malt Scotch Whisky handelt. Da sagen wir doch gern Sláinte Mhath und lassen uns die 12 Jahre alten Tropfen schmecken.
Danach schwingen wir lockerer, was an den außergewöhnlichen Löchern der Bahnen 3-15 auch erforderlich ist. Jedes ist für sich ein Erlebnis. Zu unseren Favoriten zählen die 8-10. Die Acht, ein kurzes Par 4, ist bergauf in das von riesigen Dünen umgebene hoch gelegene Grün zu spielen.
Weiter geht es steil bergauf zum höchsten Punkt der Anlage, von wo wir einen traumhaften Blick auf die eine Seite des Platzes und die völlig menschenleere Bucht haben.
Im Hintergrund thronen die Ruinen des Slains Castles direkt am Meer. Mehr Schottland geht nicht.
Drehen wir uns um, schauen wir vom Abschlag der Neun über die andere Seite des Platzes, ebenfalls an der Bay entlang. Der Teeshot ist carry über eine tiefe Schlucht bergab zu spielen.
Auch die Zehn hat es in sich. Hier heißt es hit and hope, denn die Landezone des Abschlags tief unter uns ist nicht einsehbar. Wir wünschen uns good luck, nippen noch einmal an dem Rest der Flasche und sind froh, dass wir die Bälle nach dem Abstieg auf dem Fairway wiederfinden. Zur Belohnung kommt die Sonne heraus und begleitet uns zurück bis ins Clubhaus.
Zuvor müssen wir aber den Abschlag der 15 von einer Mini-Teebox blind durch eine enge Schlucht spielen. Und bei deren Verlassen den Knopf der installierten Ampelanlage von Grün auf Rot drücken, damit die Gruppe hinter uns weiß, dass wir noch auf der Bahn sind. Wir stellen dann beim Verlassen des Grüns die dortige Ampel wieder auf Grün. Praktisch und sinnvoll.
Hier stimmt einfach alles. Der Platz bietet sportliche Herausforderung, eine Menge Spaß und ein einmaliges Links Erlebnis mit unglaublichen Aussichten. Top100 Golf Courses ratet ihn mit Position 67 ebenso wie den Royal Aberdeen (Rang 63) unter den besten weltweit.
Abwechslungsreiches Aberdeen
Von unserem zweiten Dominzil, dem stylischen The Chester Hotel, erreichen wir die drei Golfplätze in weniger als einer halben Stunde. Das denkmalgeschützte Ursprungsgebäude stammt aus dem 19. Jahrhundert und vereint heute den traditionellen Stil mit einem supermodern Design. Unser geräumiges, schickes Grand Zimmer bietet reichlich Platz und eine eigene Terrasse. Parkplätze stehen ausreichend zur Verfügung.
Das großartige Frühstück wird noch von dem excellenten Dinner-Angebot getoppt. Mein Lachs-Tartar und das Steak von dem aus dieser Gegend kommenden Angus-Rind zergehen auf der Zunge. Der Malbec-Rotwein und der anschließende Whisky-Absacker in der coolen Bar runden einen wundervollen Abend bestens ab.
Tags darauf schauen wir uns in Aberdeen um. Besonders beeindruckt sind wir von der modernen Art Gallery, dem Provost Skene’s House und den Gebäuden des Kings College sowie der Aberdeen University in Old Aberdeen.
Da es der Wettergott weiterhin gut mit uns meint, geht es auch noch an den Beach. Unsere Regenkleidung haben wir die gesamte Woche nicht gebraucht und das Thermometer steigt sogar auf 30 Grad.
Am Ende der Esplanade gelangen wir zu dem ehemaligen Fischerdörfchen Footdee, das direkt an der Ein- und Ausfahrt des Aberdeener Hafens liegt. Die ursprünglichen kleinen Fischerkaten wurden liebevoll von den jetzigen Eigentümern restauriert und ziehen nun viele Touristen an.
An der äußersten Spitze der Hafenmole befindet sich das beliebte Seafood-Restaurant Silver Darling. Hier genießen wir am letzten Abend unseres Trips den Sonnenuntergang nicht nur mit leckeren Austern, Muscheln und fangfrischem Fisch, sondern beobachten das Passieren der ein- und ausfahrenden Frachter ebenso neugierig wie die in der Bucht springenden Delphine.
Schöner könnte der Abschluss im wunderbaren Nordosten Schottlands nicht sein.