Was fällt Ihnen als Golffan spontan zu Torrey Pines ein? Farmers Insurance Open, Tiger Woods 2008, fabelhaftes Pazifik-Panorama: Und sonst noch?
Eben. Die Fakten zur 36-Loch-Anlage in La Jolla am nördlichen Rand von San Diego sind schnell erzählt: 1957 auf dem Areal des einstigen Armee-Ausbildungslagers Camp Callan eröffnet und im Besitz der Stadt San Diego; neben Pebble Beach der einzige Schauplatz des US-Open-Portfolios mit einem regulären Turnier der PGA Tour (seit 1968), 2008 erstmals mit dem Ritterschlag der „Offenen Amerikanischen“ belegt – Buchhalterei.
Der Platz ist kein Star
Ansonsten ist Torrey Pines und in diesem Fall der South Course womöglich die beliebigste Bühne, auf der die US Open in jüngster Zeit ausgetragen wird. Eine nette Wiese, ja, aber es fehlen das Flair von Pebble Beach, die Dramatik von Oakmont, der Schrecken von Bethpage Black, die Würde von Shinnecock Hills, die spröde Opulenz von Chambers Bay oder das Charisma von Pinehurst. Torrey Pines hat nicht mal eine pittoreske Entstehungsgeschichte mit denkwürdigen Randerscheinungen.
Dass sich Tiger Woods vor 13 Jahren mit einem knackigen Birdie-Putt ins Play-off gerettet und dann Rocco Mediate trotz eines kaputten linken Knies über 18 Loch niedergerungen hat, bestätigt all dies nur: Das Geläuf lebt nicht aus sich selbst, es braucht Protagonisten, um sich ins Bewusstsein zu rücken. Dabei gehört es gleichermaßen zu einem Major. dass nicht zuletzt der Platz der Star ist. Doch mehr als „nice“ sagen auch jene nicht, die Torrey Pines schon gespielt haben.
Für Mickelson „ein besonderer Ort“
Selbst um die Praxis des nächtlichen Anstehens um frühmorgendliche Tee Times am Wochenende nach dem „First-come-first-served“-Prinzip wird bei Bethpage Black mehr Gewese gemacht.
Gut bloß, dass Torrey Pines immer irgendwie mit Phil Mickelson assoziiert wird. „Lefty“ ist in San Diego geboren und aufgewachsen, spielte „unsere High-School-Matches und generell viel Golf“ auf Torrey Pines‘ beiden Kursen, spricht folglich von „einem besonderen Ort für mich“ und versucht nunmehr zum 30. Mal sowie traumatischen sechs zweiten Plätzen, endlich auch die US Open zu gewinnen und damit den Karriere-Grand-Slam rund zu machen.
Langatmiges Golf-Geackere in schöner Umgebung?
Das mag jetzt alles wie Torrey-Pines-Bashing gewirkt haben, allerdings macht‘s der Blick aufs Layout und aufs Design des South Course nicht wirklich besser. Kritiker maulen, die Runde über das für diese 121. US-Open wieder auf Par 71 reduzierte Ensemble (die 512 Meter lange Par-5-Sechs wird zu Par 4) sei allenfalls langatmiges Golf-Geackere in einer fraglos schönen Umgebung, indes ohne sonderlichen „Risk-and-Reward“-Kitzel, bei dem es mehr um Schläge, denn um Strategie geht.
Für einen öffentlichen Kurs mag das reichen, und nicht von ungefähr zählt Torrey Pines diesbezüglich zum Besten, was die USA zu bieten haben. Doch ist das wirklich einer US Open würdig? Zumal der Circuit ohnehin alljährlich zur „Farmers“ dort eingekehrt, und der Kurs den meisten Major-Kombattanten so vertraut sein dürfte wie der eigene Vorgarten – und gleichermaßen unaufregend.
Das gewisse Etwas, das den Unterschied macht
Schon 2001 hat Architekt Rees Jones Hand an die ursprünglich Kreation von William F. Bell gelegt, um den Schwierigkeitsgrad Richtung US-Open-Level zu heben. „Dank der Winkel zu den Grüns, ihrer Konturen sowie der Platzierung der Bunker und der Breite der Fairways erfüllt Torrey Pines South alle Standards der USGA für eine Major-Bühne“, sagte Jones, nachdem er vier Puttflächen verlegt, die Anzahl der Sandhindernisse fast verdoppelt und die Länge durch zehn neue Abschläge auf knapp 7.000 Meter gedehnt hatte.
Was zu beweisen war: Checkliste erfüllt, nur der Esprit fehlt – das gewisse Etwas, das den Unterschied macht.
Verzweifelte Versuche, die Herausforderung zu erhöhen
Vor zwei Jahren drehte der Designer für zwölf Millionen Dollar Baukosten (samt neuer Beregnungsanlage) nochmals an der Spirit-Schraube, fügte weitere Tee-Boxen an, um 100 Yards und eine Gesamtlänge von 7.045 Metern zu gewinnen, arrangierte zahlreiche Bunker erneut um und schob etliche Fairways näher an Canyons oder Klippen – alles im verzweifelten Versuch, den Thrill zu erhöhen.
Das grundsätzlich eher uninspirierte Layout – immer auf die Herausforderung bezogen, die eine US-Open bieten sollte – vermochte er damit freilich auch nicht grundlegend zu ändern. Dafür bräuchte es eine Menge Erdbewegung. Es fehlt den Bahnen schlichtweg an interessanten und herausfordernden Features, viele wirken im Gesamtarrangement von Verlauf und Fairway-Bebunkerung allzu ähnlich, redundant nennen die Fachleute das; nur wenige Löcher stellen echte Hingucker dar. Kurz: Der Kurs ist ein feiner öffentlicher Platz, gleichwohl: Er macht nicht an.
Nach der gefährdeten „Pinus torreyana“-Kiefer benannt
Ausnahmen sind sicherlich die 184 Meter lange Par-3-Drei, die über mehrere Terrasse aufs Grün vor malerischer kalifornischer Meereskulisse abtaucht, und die folgenden 448 Meter der Vier, die auf einer Klippe am Ozean verläuft. Jones arrangierte die Bahn so, dass der Abgrund tatsächlich im Spiel ist, wenn der Drive nicht sitzt. Und er verschärfte beispielsweise die Par-5-13 (568 Meter) durch zwei Bunker in der Landezone, auf der Woods 2008 ein Eagle und Mickelson eine 9 spielte.
Auf der 17 schließlich klemmte er das Fairway näher an die Schlucht, nachdem dort einige der Namen gebenden, äußerst seltenen und auf der Roten Liste bedrohter Arten stehenden „Pinus torreyana“-Kiefern Krankheiten und Sturmschäden zum Opfer gefallen waren.
Fettes Rough, schmale Fairways, harte Grüns
Als schwierigste Aufgabe von Torrey Pines gilt die 12, ein knapp 462 Meter langes Par 4, das schnurstracks und ansteigend auf die Klippen hinausführt und dessen leicht erhöhtes, vom Wind umwehtes Grün von zwei „gefrässigen“ Bunkern verteidigt wird. Andererseits ist ausgerechnet die Schlussbahn das einfachste Loch, trotz des einzigen Wasserhindernisses an der linken Seite des Grüns. 2008 fielen auf der 18 acht Eagles und vier Mal mehr Birdies als Bogeys.
Schon damals lebte Torrey Pines‘ South Course mehr vom Schwierigkeitsgrad des typischen US-Open-Set-up denn von der Herausforderung seines Designs; Woods und Mediate blieben nach 72 Loch als Einzige unter Par – mit einem Schlag. Auch in dieser Woche packt die USGA die grobe Kelle aus, um ihr Major gegen die Longhitter zu wappnen: Rough, das in Form von zehn Zentimeter hohem, fettem Kikuyu-Gras heftig ins Kraut schießt; schmale Fairways, knüppelharte Poa-Annua-Grüns. Wie das enden kann, hat Bryson Dechambeau im vergangenen September gezeigt, als er Winged Foot auseinandernahm.