Es ist vermutlich die entscheidende Spielsituation einer ansonsten überaus erfolgreichen Saison gewesen. Der Ball traf die Fahne, sprang zurück und kullerte ins Wasser. Der anschließende Drop verlief regelwidrig und spätestens als am nächsten Tag zwei Strafschläge folgten, war Tiger Woods große Chance die mittlerweile seit 2008 andauerde Sieglosigkeit bei Majorturnieren zu beenden, verflogen. Es war Freitag, der 12. April - am 15. Loch des Augusta National Golf Club - als sich der Ausnahmegolfer in so aussichtsreicher Position für seinem 15. Majorsieg befand, wie im Jahr 2013 kein zweites Mal.
Sportlich und privat erfolgreiche Saison 2013
Dabei hätte die zurückliegende Saison für den US-Amerikaner sportlich wie auch privat kaum erfolgreicher verlaufen können. Auf der PGA Tour holte Woods insgesamt fünf Siege, so viele wie kein anderer Golfer - darunter gleich zwei der vier World-Golf-Championship-Titel - und wurde erstmals seit 2009 wieder zum "PGA Player of the Year" ernannt. Mitte März machte er darüberhinaus auf seiner Facebook-Seite die Beziehung zur neun Jahre jüngeren Skirennläuferin Lindsey Vonn bekannt. "Die Saison war bislang großartig", schrieb er in dem Post und kam dann zum Privaten: "Abseits des Golfplatzes ist etwas schönes passiert, als ich Lindsey Vonn traf. Wir waren länger Freunde, doch in den letzten Monaten ist unser Verhältnis enger geworden und wir führen nun eine Beziehung."
Lindsey Vonn beflügelt Tiger Woods zu Höchstleistungen
Nur eine Woche nach dieser Offenbarung entschied Tiger Woods die Arnold Palmer Invitational für sich und kletterte zum ersten Mal seit dem 30. Oktober 2010 zurück an die Spitzenposition im Official World Golf Ranking (OWGR). Er schien nun die Kontrolle in seinem Spiel wiedergefunden zu haben, die ihn in seiner Karriere zuvor bereits so häufig hatte Titel erringen lassen. Die dominanteste Leistung der Saison zeigte der 37-Jährige einige Zeit später, als er die topbesetzte Bridgestone Invitational bei der World Golf Championship mit sieben Schlägen Vorsprung gewann. Am zweiten Tag spielte er dabei eine beeindruckende 61er Runde, die mit etwas mehr Glück sogar eine 59 hätte werden können, und egalisierte mit diesem Wert seine Karrierebestleistung. Er droht allerdings weiter als bester Golfer seiner Generation den Eintrag in die elitäre Liste des "59er-Clubs" zu verpassen und auch unter den 60ern nicht aufzutauchen.
Als er im selben Turnier nach dem Moving Day mit sieben Schlägen Vorsprung in den Finaltag ging, klang das nach einem rekordverdächtigen Ergebnis ... nicht jedoch bei Tiger Woods Vita. Dieses Zwischenergebnis nach gespielten 54 Bahnen im Vergleich zu seinen Verfolgern bedeutete für ihn "nur" den fünftgrößten Vorsprung vor einer abschließenden Finalrunde in seiner langen Karriere.
Fehlender Majorsieg - Makel einer starken Saison
Die vielleicht größte Überraschung des Jahres stellte im Gegenzug zu den Erfolgen, Tigers schwaches Abschneiden bei der US Open dar. Der Amerikaner hatte im Vorfeld souverän die The PLAYERS Championship gewonnen, landete anschließend in Merion aber lediglich auf dem geteilten 32. Rang. Auch die Generalproben für das Masters sowie die PGA Championship bestritt Woods jeweils siegreich - trotzdem folgte danach kein erhoffter Majorsieg.
Hier knüpft auch das größte Problem, beziehungsweise der Makel dieser ansonsten so erfolgreichen Saison an: Tiger Woods gewann alle seine 14 Majorturniere vor 2008 und auch mit 2013 ist nun ein weiteres Jahr des Wartens auf Nummer 15 verstrichen. Beim Masters in Augusta deutete im April vieles auf einen Triumph des Weltranglistenersten hin. Dass der Ball am zweiten Tag nach dem unglücklichen Treffer gegen die Fahne im Wasser landete war einfach Pech - anschließend jedoch die Regel zum korekkten Droppen des Balles nicht zu kennen, dies vor laufenden Fernsehkameras zu bestätigen und dementsprechend zwei Strafschläge zu kassieren, fiel wohl eher in die Kategorie "unprofessionell".
Top oder Flop - Woods häufig jenseits der besten 30
Im Verlauf der Saison passierten dem Golfstar ein paar Regelverstöße, für die er bestraft wurde und die ihn in allen Fällen wertvolle Platzierungen im Klassement kosteten. Darüberhinaus gab es die Tendenz zu beobachten, dass Tigers erzielte Ergebnisse zunehmend entweder "Top" oder "Flop" sind. Den fünf Siegen standen in diesem Jahr ebenso sechs Finishes jenseits der Top 30 gegenüber. Zuletzt hatte er 1997 in seiner ersten vollen PGA Saison vier dieser Ergebnisse erzielt. In 13 von 17 Saisons hatte Woods sogar nur drei oder weniger Finishes außerhalb der Top 30 zu verzeichnen.
Spektakulär, überraschend, glamourös
Zusammenfassend bleibt folgendes über Tiger Woods und die Saison 2013 festzuhalten - sie war spektakulär ... quasi Titel, Tränen und Triumphe! Die Turniersiege wurden ausgiebig gefeiert, immerhin waren sie ein wichtiger Bestandteil für die Rückkehr an die Spitze der Weltrangliste. Zum Warten auf den leider erneut verpassten Majorsieg gesellten sich aber auch überraschend viele Probleme in der Durchführung und Interpretation des teilweise komplizierten Golf-Regelwerkes und daraus resultierende Strafen, die für große Diskussionen und ein lautes Medienecho sorgten. Immerhin, mit Lindsey Vonn an seiner Seite bildet Tiger Woods seit nunmehr einem dreiviertel Jahr ein glamouröses Sportler-Traumpaar, dass die Blicke und Schlagzeilen auf sich zieht.
"Trotteliger" Tiger sorgt für Verkehrschaos in Istanbul
Und wenn Vonn dann auch noch in Talk-Shows munter über ihren Liebsten plaudert, erhält tatsächlich auch der Fan kleine Einblicke in das ansonsten gut behütete Privatleben des Golfstars. “Er ist sehr gelassen und ein toller Typ. Er macht ständig Witze und ist äußerst wetteifernd, so wie ich”, sagte sie kürzlich in der US-Talkshow von Moderatorin Katie Couric. Anschließend ergänzte sie noch, dass er irgendwie auch ein bisschen trottelig sei und scherzte direkt: “Er ist vermutlich nicht besonders begeistert, dass ich das jetzt gesagt habe”.
Und wie er die Medien beeindrucken kann, das versteht Tiger Woods ebenfalls nur zu gut. Anfang November sorgte er im Rahmen der Turkish Open bei einer PR-Aktion auf der Bosporus-Brücke in Istanbul für Aufsehen, eine "schlagende Verbindung über zwei Kontinente" – und natürlich ein Verkehrschaos. Diese Bilder gehören ebenso zum Jahr 2013, wie die, in denen er Pokale oder Freundin Lindsey Vonn im Arm hält.