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Tiger Woods

Tiger Woods: Ambivalenz zwischen Rücktritt und „Noch mal ein großes Ding“

08. Dez. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland

Tiger Woods wird "The Match" spielen können. (Foto: Getty)

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Die wichtigste Information ohne lange Umschweife direkt vorweg: Tiger Woods spielt. „Golfbälle zu schlagen ist kein Problem. Von A nach B zu kommen, aber sehr wohl. Es ist es sehr hilfreich, dass wir Carts benutzen“, sagte der 15-fache Majorsieger gestern bei einer Video-Schalte im Vorfeld von The Match VII. Damit steht dem nächsten Comeback des Tigers – dem wievielten eigentlich? – nichts mehr im Wege.

Tiger Woods: Heilung „eine sehr langwierige Angelegenheit“

Was einem Wortspiel gleichkommt: Denn genau die Wegstrecke zwischen den einzelnen Schlägen und über den Golfplatz macht Woods nach wie vor zu schaffen, und eine „Extrawurst“ in Form des fahrbaren Untersatzes, aka Medical Exemption, schließt er kategorisch aus, sofern die Cart-Nutzung nicht generell im Turnierreglement erlaubt ist.

Die plantare Fasziitis ist zwar längst nicht auskuriert, jene Bindegewebsentzündung an der Fuß-Unterseite, deretwegen er den sportlichen Teil seiner Gastgeberschaft bei der Hero World Challenge vor einer Woche streichen musste – abgesehen von ein bisschen Gimmick. Und der Heilungsprozess sei auch „eine sehr langwierige Angelegenheit“. Aber das Cart mache halt den Unterschied.

 

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Also wird’s doch was aus dem dichten Dezember mit Woods, wenigstens zu zwei Dritteln. Am Samstag steigt im Pelican Golf Club in Tampa, Florida unter Flutlicht das Duell über zwölf Löcher mit Rory McIlroy gegen Justin Thomas und Jordan Spieth, in der Woche drauf ist Tiger dann eher der Sidekick, wenn Filius Charlie bei der PNC Championship wieder mal auf der ganz großen Golfbühne steht.

Stolzer Papa rückt Charlie in den Fokus

Zu den Fortschritten und Fertigkeiten des 13-Jährigen hat der stolze Papa in der jüngsten Vergangenheit eine Menge gesagt und damit die Erwartungen eher aufgebaut; er scheint Charlie mittlerweile sowieso mehr in den Fokus zu rücken statt ihn – wie bei den ersten beiden Auftritten – vor dem Rampenlicht abschirmen zu wollen. Aber vielleicht haben die mentalen Spielchen ja schon hinreichend gefruchtet, mit denen Woods die Konzentrationsfähigkeit des Teenagers stärken und ihn gegen Einflüsse von außen wappnen will.

 

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Dennoch wirkt das widersprüchlich. Wie vieles in der Karriere des Tiger Woods, der in drei Wochen 47 Jahre alt wird. Und besonders seit dem schweren Autounfall vom Februar 2021, der ihn in Kalifornien fast das Leben gekostet hätte und das rechte Bein zu einem Trümmerhaufen gemacht hat. „Es ist schon ein Wunder, dass er überhaupt irgendwie gehen kann“, bemerkte „Wiederholungstäter“ Viktor Hovland noch am vergangenen Sonntag, nachdem ihm der Gastgeber erneut die Tiger-Trophäe überreicht hatte. Mit dem schon gewohnten ungelenken Gangbild.

Ambivalenz ist sein ständiger Begleiter

Woods humpelt durchs Jahr. Buchstäblich und im übertragenen Sinn. Und die Ambivalenz ist sein ständiger Begleiter. Er setzte große Hoffnungen in die Majors, überstand gar das Masters und musste dann bei der PGA Championship vorzeitig aufgeben sowie die US Open streichen, um sich die Chance auf sein großes Saisonziel zu bewahren: den Start auf dem geliebten Old Course, die Teilnahme an der 150. Open Championship. Indes, mit dem Cut war Schluss in St. Andrews.

Zwischen Hoffen und Bangen

Doch während alle Welt die Abschiedsgeste erwartete, hinkte und winkte Woods über die Swilcan Bridge – ohne inne zu halten und Adieu zu sagen. Jedes Mal ließ er im Vorhinein wissen, dass er sich sehr wohl einen Sieg zutraue, bemühte stets sein Credo: „Ich gehe nicht an den Start, um bloß mitzuspielen.“ Danach kam stets wieder das Bangen: Wie geht es weiter? Geht es überhaupt weiter? Neun Runden hat er bislang gespielt und nur ein Turnier beendet – im Augusta National Golf Club wurde er 47.

Mit McIlroy Speerspitze des LIV-Widerstands

Zum Kontrastprogramm gehört gleichermaßen, dass Woods abseits der Fairways umso aktiver und agiler ist. Er mischt sich heuer erstmals ganz offenkundig in die Geschicke der PGA Tour ein, aufgescheucht von der Bedrohung durch die Saudi-Sause namens LIV-Liga, avanciert mit McIlroy („Rory ist der wahre Leader auf der Tour“) zur Speerspitze des Widerstands gegen Greg Normans Konstrukt, schwört die tourtreuen Spieler auf eine gemeinsame Sache ein, stellt durch das virtuelle Stadion-Spektakel Tomorrow Golf League eine wichtige Weiche für die Zukunft des Spiels – und treibt mit alldem den PGA-Tour-Commissioner Jay Monahan derart vor sich her, dass er schon als „Shadow Commish“ tituliert wird.

Woods’ Wirkmacht gibt den Ausschlag

Während der Hero World Challenge gab es übrigens ein weiteres Spieler-Meeting, die turnusmäßige Fortsetzung der konspirativen Zusammenkunft von Wilmington im Vorfeld der BMW Championship, zu dem Woods extra nach Delaware eingeflogen war; hinter den Kulissen von The Match wiederum soll am Wochenende ein Gipfeltreffen der Golf-Instanzen stattfinden, die Tour-Bosse werden ebenso erwartet wie Repräsentanten der Major-Veranstalter. Auch wenn McIlroy an alldem maßgeblich beteiligt ist und eine Menge Gewicht in die Waagschale wirft: Woods’ Wirkmacht und Strahlkraft gibt letztendlich den vollen Ausschlag.

Regelt da einer sein sportliches Vermächtnis?

Irgendwie scheint es, als regelt da einer sein sportliches Vermächtnis, mit McIlroy als Nachlassverwalter und Erbe. Denn zwischendrin redet Woods ganz offen vom Aufhören, vom Rücktritt. Nur 24 Stunden nach seiner Aufsehen erregenden Pressekonferenz vor der Hero World Challenge nämlich, in der er sich nach Arnold-Palmer-Manier zum „State of the Game“ geäußert hatte, zündete der Tiger während des laufenden Turniers eine regelrechte Bombe. „Mir ist sehr bewusst, dass ich nicht mehr lange ein aktiver Spieler sein werde“, sagte er als Gast in der Kommentatorenkabine des „Golf Channel“. Auf einmal war keine Rede mehr von der Open 2030.

„Ein besseres Produkt hinterlassen“

Und: „Es ist zwar wichtig, dass wir die Vergangenheit anerkennen. Aber noch wichtiger ist, eine bessere Zukunft aufzubauen. Wie? Indem wir uns zusammen schließen, wie es Jack [Nicklaus], Arnold [Palmer] und Gary [Player] damals getan haben. Genau das versuchen wir gerade: ein besseres Produkt zu hinterlassen als das, was wir seinerzeit bei unseren Anfängen vorgefunden haben.“ Das muss man nicht mehr erläutern, und es lässt auch wenig Interpretationsspielraum.

„Gern noch ein richtig großes Ding“

Andererseits freilich redet Woods doch wieder seinen Ambitionen als Aktiver das Wort, spricht von etlichen 63er und 64er-Trainingsrunden im Heimatclub The Medalist, bei den er allerdings im Cart unterwegs war: „Es ist halt ein langer Weg, wenn man nicht gut laufen kann.“ Trotzdem, einen Tour-Titel will er noch einfahren, den 83. Nicht zuletzt, um Sam Snead in Sachen Siege endlich zu überflügeln. „Aber nicht irgendein Turnier“, sagt er: „Ich würde mir gern noch ein richtig großes Ding schnappen.“ Der Ehrgeiz ist ungebrochen und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Erstmal jedoch gilt es, das Duell mit dem das kongenialen Matchplay-Duo Thomas-Spieth zu bestehen. Sehr folgerichtig setzt Woods auch hier voll und ganz auf Rory McIlroy, schiebt dem Nordiren den Druck rüber und bugsiert sich selbst fast in eine Nebenrolle, wo sich’s halt befreiter aufspielen lässt. „Glücklicherweise habe ich die aktuelle Nummer eins der Welt in meinem Team“, grinste Tiger beim Medien-Talk via Zoom. „Ich garantiere Euch, dass er mit mir den besten Cheerleader bekommt, der ihn jemals bei einem Wettbewerb angefeuert hat.“

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