Im Golfclub Oberhausen meldeten sie dieser Tage Vollzug: „Die letzten Aufräumarbeiten sind abgeschlossen“, lautete die Botschaft in den sozialen Medien, seit vor vier Wochen die Winterstürme Zeynep und Ylenia übers Land und durch die Vegetation getobt sind.
Derweil ist man in Portsalon, hoch oben an Irlands Nordküste, mit der Ausbesserung von zerfransten Fairway-Rändern und unterspülten Uferböschungen des Bachlaufs beschäftigt, der durch den Linkskurs mäandert: Die Tiefdruckgebiete Franklin und Eunice hatten das Atlantikwasser wie eine Flutwelle in den Burn und damit ins Gelände gedrückt.
A rather unusual storm surge this morning @PortsalonGolf links pic.twitter.com/BDARYouCvW
— johnny shields (@johnnyshields1) February 21, 2022
Auf den Green Eagle Golf Courses in Winsen (Luhe) nahe Hamburg wurden frisch verpflanzte Gehölze aus dem Boden gerissen und gerade verlegte Rasensoden vom Untergrund geschält und wie trockenes Laub durch die Luft gewirbelt.
Kampf gegen den Klimawandel
Und und und – es sind nur drei von zahllosen Beispielen: Die Orkane aus dem Februar haben europaweit Bäume geknickt, Leitungen gekappt, Gebäude beschädigt, Überschwemmungen verursacht, insbesondere Todesopfer gefordert. Allein hierzulande schätzen Versicherungsexperten laut „Tagesschau“ die Schadensumme auf 1,4 Milliarden Euro. Sonderarbeiten für Greenkeeping-Teams oder Greenfee-Ausfälle durch unbespielbare Platzbereiche oder Verwüstungen am Rand von Spielbahnen und Grüns sind garantiert nicht eingerechnet.
Will heißen: So sehr, wie der Golfsport beim Kampf gegen den Klimawandel und für einen grünen Globus helfen kann, so sehr schlägt sich eben dieser Klimawandel längst auf das Spiel und auf seine äußeren Bedingungen nieder: Stürme, Springfluten, Starkregen, Dürreperioden, Hitze-Extreme sind nur grobe Stichworte.
Niemand dürfte vergessen haben, wie einst sattes Gras im Jahrhundertsommer 2018 nach Wasser japste, während Teiche im Zuge der längsten Trockenheit seit Beginn der Wetteraufzeichnung bis auf die Neige geleert waren und der Grundwasserspiegel nahezu ins Bodenlose sank.
Ökologische Verantwortung und Verpflichtung
Nur Sportkameraden mit beschränktem Bewusstsein für die Provenienz des Spiels sowie ausgeprägter Ignoranz gegenüber der ökologischen Verantwortung und Verpflichtung des Golfsports – überdies im Hinblick auf eine gesamtgesellschaftliche Legitimation – freuen sich da über Winter, die keine mehr sind, Verschiebungen des Saisonverlaufs bis in den November und hochsommerliche Temperaturen beim März-Monatsbecher oder lamentieren im August über braunes Gras. Ganz abgesehen davon, dass Letzteres bloß eines offenbart: einfältige Unkenntnis.
Grünes „Parkett“ wird mit Füßen getreten
Zur Erinnerung sei Umweltberater und Rasenexperte Dr. Gunther Hardt zitiert, der für den Deutschen Golf Verband (DGV) als Auditor das Programm „Golf&Natur“ begleitet: „Wir spielen nun mal in der Natur!“ Deswegen muss niemand nebst Platzreifeprüfung – eh ein schrecklicher Terminus –gleich noch den Doktor in Biologie machen. Aber immer noch treten allzu viele das grüne „Parkett“ auch in übertragenem Sinn mit Füßen, auf dem sie ihrer Leidenschaft frönen. Kurz, ein bisschen mehr Wissen ums Wesen der (Golf-)Dinge könnte nicht schaden.
Das Lastenheft des Golfsports
Sowieso: Der Klimawandel stellt Betreiber und Clubs mittel- und langfristig vor eher noch größere Herausforderungen als der gesellschaftliche Wandel und die schnelllebige moderne Spaßgesellschaft. Aktuelle Imponderabilien und deren noch unabsehbare Auswirkungen – Rohstoffmangel, Lieferengpässe, Produktionskosten-Preisspirale –seien an dieser Stelle ebenso nur angerissen. Die Transformation von Energiegewinnung und Energieversorgung steht ohnehin grundsätzlich im Lastenheft des Golfsports.
Grundvoraussetzung für Resistenz und Resilienz von Golfanlagen, für ihren Widerstand gegen den Klimawandel und einen nachhaltigen ökologischen Beitrag zum grünen Globus, ist die Abkehr von artifiziellen Designs, von künstlich in die Landschaft gepflanzten opulenten Spielfeldern, die letztlich wie Fremdkörper wirken.
„Aufwertung der Natur“
„Unter Wahrung ökologischer Aspekte kann der Golfplatz absolut eine Aufwertung der Natur darstellen“, sagt Architekt Christian Althaus (Düsseldorf), der auf dem Nordsee-Eiland Föhr, für das Hofgut Georgenthal im Untertaunus oder in Herzogswalde bei Dresden nachhaltige Anlagen mit dem Touch der Ursprünglichkeit konzipiert hat. „Dafür werden Bauweisen sowie Grassorten ausgewählt, die im Unterhalt günstiger und Ressourcen schonender sind.“ Indigene, standortgetreue Vegetation versteht sich in diesem Kontext eh von selbst.
All dies ist Zukunftssicherung, gehört zum großen Themenkomplex der generellen Fragestellung „Quo vadis Golf?“ Doch selbst dort, wo seit Jahrhunderten mit statt gegen die Natur gebaut wurde, auf den alten und oftmals ehrwürdigen Linkskursen, ist man trotz der Naturbelassenheit nicht vor den katastrophalen Konsequenzen des Klimawandels gefeit.
Links-Ikonen droht der Untergang
Gerade entlang der Küsten der britischen Inseln nagen Wellen und Wind an den Spielwiesen. Bedroht vom Anstieg des Meeresspiegels und gegeißelt von immer heftigeren Stürmen zollen Ikonen wie Montrose oder sogar der Old Course der Erosion Tribut, verlieren trotz enormer gegenläufiger Bemühungen Fragment um Fragment an die See – ihnen droht das Schicksal, irgendwann ganz darin zu versinken.
Sämtliche gegenläufigen Bemühungen – Strandbefestigung, Wellenbrecher und die Anpflanzung wehrhafter Vegetation sind allenfalls ein Wettlauf gegen die Zeit, der umso aussichtsloser wird, je weiter der Klimawandel fortschreitet.
Freilich, wenn die Menschheit dieses Rennen endgültig verliert, in dem sie bereits jetzt so arg im Hintertreffen liegt, dann sind abgesoffene oder vom Sturm verwehte oder zu hartbackenem Brot verdorrte Golfplätze das geringste Problem auf einem nicht mehr grünen Globus.