Sophia Popovs Sieg bei der AIG Women's Open war historisch und eine echte Cinderella-Story. Noch nie konnte eine Golferin außerhalb der Top 300 der Weltrangliste ein Majorturnier gewinnen - Sophia Popov ist die Erste. Auch in der Herren-Konkurrenz gelang dieses Kunststück nur einem einzigen Golfer: Ben Curtis mit seinem Open-Championship-Sieg 2003.
Auch beim Blick neun Monate in die Vergangenheit wird Sophia Popovs Majortriumph nur noch märchenhafter, als er sowieso schon ist. Beim Qualifikationsturnier für die laufende LPGA-Tour-Saison verlegte sie in Pinehurst, North Carolina am letzten Loch ihren Putt und verpasste damit um einen einzigen Schlag auf dramatische Art und Weise ihre LPGA-Tourkarte für die laufende Saison. Nach vier Jahren als festes Mitglied der LPGA Tour musste sie einen Schritt zurücktreten und in dieser Saison auf der Symetra Tour spielen, der kleineren Schwester der LPGA Tour.
Kein Tour-Mitglied, keine Tourkarte für die kommende fünf Jahre
Wie folgenreich dieser verlegte Putt sein wird, ahnte Sophia Popov damals noch nicht, denn auch auf die Folgen ihres sensationellen Majortiumphs hat dieser schicksalhafte Putt von Pinehurst Auswirkungen. Neben dem üppigen Preisgeld und der lebenslangen Starterlaubnis bei dem jeweilig gewonnen Turnier bekommen Majorsiegerinnen ein Spielerlaubnis auf der LPGA Tour für die nächsten fünf Jahre zugesprochen - allerdings nur üblicherweise. Denn diese Regelung gilt nur für Spielerinnen, die bereits Mitglied der LPGA Tour sind. Und da Sophia Popov ihre LPGA-Tourkarte vor neun Monaten um nur einen Schlag verpasste, ist sie zum aktuellen Zeitpunkt kein Mitglied der Tour und damit nicht für die Fünf-Jahres-Spielerlaubnis auf der LPGA Tour berechtigt.
Allerdings ging Sophia Popov zum Zeitpunkt ihres Triumphes davon aus, die nächsten fünf Jahre auf der LPGA Tour antreten zu dürfen. Doch als sich die Verantwortlichen der Tour bei ihr meldeten, dämmerte es ihr. Für eine Majorsiegerin, die zum Zeitpunkt ihres Triumphes kein Mitglied der LPGA Tour ist, ist nur eine Spielerlaubnis für die restliche Zeit der laufenden und für die kommende Saison der LPGA Tour vorgesehen.
Sophia Popov: Hoffnung auf eine Ausnahmeregelung
"Ich war definitiv ein wenig frustriert über die ganze Sache", erklärte Popov gegenüber Golf.com. "Es ist hart, weil ich das Gefühl habe, dass ich die volle Fünf-Jahres-Starterlaubnis auf der LPGA verdient habe, aber gleichzeitig verstehe ich die Regeln und die Tatsache, dass sie die Regeln für eine bestimmte Spielerin nicht ändern können. Der einzige Grund, warum ich mich so fühle, ist, dass ich schon so viele Saisons auf der LPGA Tour absolviert habe", beschrieb Popov ihre Gefühlslage weiter. "Wirklich? Nur weil ich letztes Jahr in der Qualifikation meine Tourkarte um einen Schlag verpasst habe, nehmen Sie mir vier der Jahre weg?"
So scheint es wohl zu sein. Allerdings gibt es für Sophia Popov noch Hoffnung auf eine Ausnahmeregelung. Sie erzählte, sie stehe im engen Kontakt zu den Verantwortlichen der LPGA Tour und diese haben bereits Verständnis für Popovs Situation ausgedrückt. Sie steht nun vor Entscheidung: Entweder sie akzeptiert diese Regelung oder sie legt dagegen Beschwerde ein. Wie sie weiter vorgehen wird, weiß sie zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht, wie sie gegenüber Golf.com erzählte.
Allerdings gibt sie sich - auch in dem Falle, die Regel akzeptieren zu müssen - zuversichtlich: "Ich habe das Vertrauen in mich und meine Fähigkeit, meinen Status auf der LPGA Tour zu festigen und meine Fähigkeiten zu verbessern."
Ebenfalls keine Qualifikation für die kommenden Majors
Darüber hinaus ist Sophia Popov auch für das ANA Inspiration, dem zweiten Damen-Major des Jahres, nicht Spielberechtigt. Der Grund dafür ist, dass das Turnier eigentlich auf den April terminiert war und nur aufgrund der Corona-Pandemie nach hinten geschoben wurde. Die Qualifikationskriterien sind allerdings noch auf den ursprünglichen Termin abgestimmt und ihr Majortriumph berechtigt sie damit nicht zu einer Teilnahme an diesem Turnier. Dasselbe gilt für die U.S. Women's Open. Einer ganz ähnlichen Situation sieht sich in der Herren-Konkurrenz Daniel Berger gegenüber, der trotz bärenstarker Leistungen nach der Corona-bedingten Unterbrechung nicht am diesjährigen Master teilnehmen darf.
Nun, man könnte schon auf einige Gedanken kommen, wenn man die Situation im Damen-Profigolf anschaut. Amerikanerinnen eindeutig in der Mehrzahl, die Weltspitze wird aber von Koreanerinnen dominiert und die Europäer holen langsam auf. Die Höchsten Preisgelder und die meisten Turniere gibt es aber (noch) in den USA und da braucht man amerikanische Siegerinnen. Dass man hier vielleicht nicht gerne noch eine Außenseiterin im Kreis der Gewinnerinnen sieht, wäre verständlich. Auch wenn das letzte Major in Schottland stattfand.