Rory McIlroy hatte es geahnt. „Wir alle wissen, was in ihm steckt“, sagte der Weltranglistenzweite neulich über den Weltranglistenersten. „Wenn er jetzt noch anfängt, wieder Putts zu lochen, dann gucken wir alle erst recht dumm aus der Wäsche.“ Man weiß, wie es kam: Scottie Scheffler tauschte erneut den „Zauberstab“ aus, wechselte vom Olson zu einem Mallet von TaylorMade – pikanterweise genau das, was McIlroy mal empfohlen hatte – und gewinnt. Erst das Arnold Palmer Invitational, dann mit einer überragenden Schlussrunde die Players Championship – samt besonderem Eintrag in die Geschichtsbücher des Golfsports.
Letzte drei Siege allesamt mit Bart
8,5 Millionen Dollar hat Scheffler damit binnen acht Tagen kassiert, das sind 1,062 Millionen Dollar pro Runde und 15.711 Dollar pro Schlag. Apropos: Seit August 2023 hat der Masters-Champion von 2022 jede Turnierrunde unter Par gespielt, 27 sind es mittlerweile. Und dann ist da noch die Sache mit der Gesichtszier: Rechnete man die Hero World Challenge vom November 2023 hinzu, dann hat Scheffler die letzten drei Turniere allesamt erfolgreich beendet, bei denen er mit Bart an den Start ging.
Fernab der Zahlen und solcher Fun Facts freilich ist es die Dominanz des Mannes aus Dallas, seine Souveränität, die beeindruckt. Scheffler ist gelassen, unaufgeregt, sparsam mit Worten und Reaktion, redet nicht mit seinem Ball und so weiter – quasi der Anti-Spieth:
Man muss eigentlich gar nicht selbst Worte finden, um die aktuelle Ausnahmestellung des 27-Jährigen zu beschreiben. Das machen schon seine Kollegen. „Um ehrlich zu sein, beim Umgang mit dem Ball ist ihm derzeit niemand ebenbürtig“, bekennt McIlroy. Oder: „Normalerweise versuchen die Spieler, eine Seite des Platzes aus dem Spiel zu nehmen. Er hingegen nimmt beide Seiten heraus“, analysiert Brad Faxon und spielt damit auf Schefflers Präzision an. Er hat die Distanzen seiner Schläge im Griff wie kaum ein anderer und steuert die Bälle nahezu perfekt ins Ziel. In der Kombination ist das unübertroffen, wie die Spitzenwerte in sämtlichen diesbezüglichen „Strokes gained“-Statistiken beweisen. Selbst von Nackenproblemen lässt er sich nicht aus der Bahn bringen:
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Puttprobleme wie Mehltau über der sonstigen Brillanz
Ein Blick zurück. Bis zum 13. Februar 2022 war der in New Jersey geborene Scott Alexander Scheffler ein Professional mit zu wenig Erfolg für so viel Talent. Dann holte er sich die Phoenix Open und bis Mitte April drei weitere Titel: das Arnold Palmer Invitational, das WGC Match Play und schließlich das Masters. Vor einem Jahr wiederholte er den Phoenix-Open-Erfolg und triumphierte erstmals bei der Players. Summa summarum sind das aktuell acht Titel auf der PGA Tour. Es wären sicherlich mehr geworden, wenn sich nicht die Puttprobleme wie Mehltau über die sonstige Brillanz gelegt hätten.
Mischung aus Talent und Disziplin
Doch das scheint Vergangenheit zu sein. Mit Bay Hill und TPC Sawgrass hat Scheffler zu einem neuen Höhenflug angesetzt. Manche vergleichen seine derzeitige Dominanz schon mit der eines Tiger Woods zu Hochzeiten. Das ist selbstverständlich zu hoch gegriffen:
Aber was Tiger einst ausgezeichnet hat, ist Scottie Scheffler gleichfalls zu eigen. Er gönnt sich kaum Fehler, und grobe schon gar nicht. Seine guten Schläge mögen auf einem höheren Niveau sein als bei jedem anderen Spieler, aber Rory McIlroy hat bei der Players 26 Birdies notiert und ist dennoch bloß auf dem geteilten 19. Platz gelandet. Die „schlechten“ hingegen machen den Unterschied. „Golf is not about the quality of your good shots, it is about the quality of your bad shots“, hat Nick Faldo mal definiert. Und Schefflers Mishits sind immer noch völlig akzeptabel. Weil er smarte Entscheidungen trifft, Situationen sehr nüchtern kalkuliert, sich nicht überschätzt und so das Risiko grober Fehler nahezu eliminiert.
Man muss besser sein: Scheffler wird sich nie selbst schlagen
Oder anders: Mit dieser Mischung aus Talent und Disziplin ist Scheffler allein in seiner ureigenen Liga und wird sich selten bis nie selbst schlagen – man muss besser sein, um ihn zu besiegen. Das haben am Sonntag weder Olympiasieger Xander Schauffele noch der amtierende US-Open-Champion Wyndham Clark geschafft.
„Scottie ist das Alphatier, und alle anderen gehören zu einer Gruppe von Elitespielern, die sich gelegentlich mit ihren besten Schlägen gegen den Champion versuchen“, urteilte diesbezüglich das Fachportal „The Fried Egg“. Und „The Athletic“ schrieb: „Jetzt beginnt Scottie Schefflers Zeit der Dominanz.“ In seiner jetzigen Form mit auskurierter „Grüngrippe“ dürfte sich daran vermutlich auch nichts ändern, wenn LIV’ler wie Jon Rahm, Brooks Koepka, Cam Smith, Bryson DeChambeau oder Dustin Johnson noch auf der PGA Tour unterwegs wären. Aber bald ist ja Masters, dann sind alle vereint und man wird sehen.
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Dass der Überflieger nun ebenso im übertragenen Sinn abhebt, ist bei einem wie Scheffler nicht zu erwarten. „Wissen Sie, ich versuche einfach, mein Bestes zu tun, um in meiner eigenen kleinen Welt zu bleiben“, antwortete er im „Golf Channel“ auf eine entsprechende Frage von TV-Analyst Brandel Chamblee. „Ich bin nicht in den sozialen Medien unterwegs, sondern verbringe meine Zeit allenfalls auf Apple News.“
„Wenn Golfbeiträge erscheinen, dann drücke ich die weg. Ich will keine schlechten Dinge über mich lesen, das frustriert mich. Ich will gleichermaßen keine guten Dinge über mich lesen, weil ich nicht will, dass mir das zu Kopf steigt. Ich halte mich einfach aus diesem Getümmel heraus.“
Scottie Scheffler über den Umgang mit Social Media
Daheim keine Pluspunkte für Pokale
Außerdem ist da ja noch Gattin Meredith, die das erste Kind des Paares erwartet und schon seit Highschoolzeiten darüber wacht, dass ihr Scottie nicht einem „Beam me up“ verfällt. „Sie würde mir eine ordentliche Kopfnuss verpassen und mir sagen, dass ich gefälligst auf dem Teppich bleiben solle“, beschreibt Scheffler den Einfluss seiner Frau: „Nein, nein, egal welche Trophäe ich mit nach Hause bringen würde, es brächte mir keinerlei Pluspunkte ein.“ Draußen mag Scheffler auf dem Weg sein, der beste Spieler seiner Generation zu werden, daheim würden ihm noch so viele Erfolge, so sagt er, „nicht mal von der Hilfe beim Abwasch befreien“.
Oh man, was für ein Hype!
Xander wollte nicht,
Wyndham durfte nicht,
Brian konnte nicht!
Manchmal gehört einfach auch ein bisschen Dusel dazu! 😉