Paul McGinley hat 2014 in Gleneagles den Ryder-Cup-Kapitän neu definiert, so wird‘s dem Iren allgemein attestiert. Auf amerikanischer Seite gilt Paul Azinger seit 2008 als Genius, er führte seine Equipe mit einem vom Militär entlehnten Grüppchen-System zum bislang einzigen Erfolg in diesem Jahrtausend. Das wirft die Frage auf: Oh Käpt‘n, mein Käpt‘n, wie lautet das Geheimnis des Erfolgs? Wie muss ein guter Teamchef sein, was muss er können?
Zuerst die Sache mit dem Erfolgsrezept. Das Geheimnis ist: Es gibt keins! Siege machen gute Skipper, Verlierer haben schlechte. In erster Linie sind die Kapitäne die Repräsentanten und Gesichter des anstehenden Kontinentalduells, solange ihre Spieler noch nicht feststehen, zuvorderst Marketingmaschinen mit den ganzen öffentlichen Auftritten, Sponsorenterminen etc. Natürlich wird hinter den Kulissen intensiv gearbeitet. Wie, das hängt vom grundsätzlichen Naturell des Riegenführers ab.
Zeremonien- und Hausmeister …
Von Bernhard Langer weiß man, dass er 2004 rein gar nichts dem Zufall überließ, doch der zweifache Masters-Sieger ist ohnehin als methodisch und penibel bekannt. Ebenso McGinley, der laut Lee Westwood „keinen Stein auf dem anderen ließ“ und „alles bis ins Detail austüftelte und organisierte“: Logistik, Unterkünfte, Teamquartier, Einrichtung, Deko, Essen, Outfits …
Im Grunde ist der Kapitän eine Mischung aus Zeremonien- und Hausmeister, Animateur und Blitzableiter. Langers damaliges US-Pendant Hal Sutton sagt: „Kapitän zu sein, ist ein Traum – und fünf Minuten später der undankbarste Job der Welt.“
… mit Intuition und glücklicher Hand
Nun wird der geneigte Leser einwenden, dass es ja immerhin noch ein paar sportliche Aspekte gibt, die „Picks“, die Paarungen, die Planung der Einzel. Stimmt. Aber bei den Wildcards für Hazeltine stützte sich Darren Clarke vor allem auf die Statistiken und Auswertungen der Londoner Analyse-Firma „15th Club“. Für die Pärchenbildung bedarf es golferischen Sachverstands, Intuition für Charaktere und Psychen sowie einer glücklichen Hand. „Matchplay ist eh eine unvorhersehbare Sache“, verdeutlicht Olympiasieger Justin Rose.
Gesunder Menschenverstand ist dennoch nicht abträglich. Sutton griff 2004 mit Ansage daneben, als er die „Ego-Shooter“ Tiger Woods und Phil Mickelson zu einem erwartbar inkompatiblen Duo verbandelte. Was zu beweisen war: Es geht insbesondere um die Chemie, ein guter Teamchef ist ein guter Integrator, bezieht z. B. auch die Caddies und ihren Sachverstand ein. „Der Kapitän schlägt zwar keine Bälle“, ergänzt Tom Lehman, Skipper von 2006, „aber er kann entscheidend dazu beitragen, die Spieler in die richtige Verfassung zu bringen, so dass sie gute Bälle schlagen.“
„Bloß mehr Putts versenken“
Der Sonntag schließlich ist restlos ein Vabanque-Spiel. Da notieren die Chronisten schon als Husarenstreich, dass Sam Torrance 2002 seine Großkaliber sämtlichst direkt am Anfang von der Kette ließ, um den Amerikanern früh den Schneid abzukaufen.
Apropos Sonntag: José María Olazábal war 2012 angesichts eines 6:10-Rückstands vor den Einzeln keineswegs unumstritten. Seit dem sonntäglichen „Miracle von Medinah“ hingegen spricht niemand mehr davon, während Davis Love III mit dem Makel leben muss, einige Fahnenpositionen zu wenig bedacht zu haben. Nicht zuletzt dank des Protektorats von Mickelson bekam er trotzdem den „Mulligan von Minnesota“, während der von „Lefty“ 2014 öffentlich demontierte Tom Watson nun einen hässlichen Fleck auf der Weste hat.
Es wird eine Menge reingeheimnisst in die Rolle und die Arbeit eines Ryder-Cup-Kapitäns. Manche sagen, Amt und Einfluss würden ziemlich überbewertet. Colin Montgomerie, Sieger von Wales 2010, hat konstatiert: „Der negative Effekt eines schlechten Kapitäns wirkt sich stärker auf das Team aus, als der positive Einfluss eines guten Skippers.“ Am Ende des Tages jedoch, so lautet Tom Lehmans Erkenntnis, „muss man die Bälle bloß näher an die Fahne schlagen als die anderen und mehr Putts versenken“.