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Golf Post Premium PGA Tour

Egal, ob Business oder Bann: Die PGA Tour hat’s nicht so mit Transparenz

24. Mrz. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Rory McIlroy fordert mehr Transparenz von der PGA Tour. (Foto: Getty)

Rory McIlroy fordert mehr Transparenz von der PGA Tour. (Foto: Getty)

Manchmal gehen Gags nach hinten los. Und oft steckt hinter Scherzen mehr Wahrheit, als Nachrichten auf seriöse Weise verdeutlichen können. Wer gute Aktualitätssatire mag, der weiß wovon die Rede ist. Deshalb hätte sich Jay Monahan, der Commissioner der PGA Tour, diese flapsige Replik neulich auf Rory McIlroys Kosten womöglich besser verkniffen.

„Sperren sollten bekannt gemacht werden“

Nachdem nämlich Phil Mickelson Ende Februar sein Sabbatical zur inneren Einkehr verkündet hatte und alle (Golf-)Welt zu spekulieren begann, dass es sich bei der Auszeit vielleicht in Wahrheit um eine Sanktion der Tour handele, meldete sich auch „Rors“ zu Wort: „Mehr Transparenz wäre durchaus angebracht“, mahnte der Nordire, ohnehin die klarst reflektierte Stimme im Profizirkus. „Ich fand immer schon, dass einige der verhängten Sperren oder Suspendierungen durchaus bekannt gemacht werden sollten.“

Monahan suspendiert McIlroy – im Scherz

Bei der Players Championship darauf angesprochen, fiel Monahan lediglich ein, McIlroys unliebsame Kritik ins Lächerliche zu ziehen und letztlich damit den Wirkungstreffer endgültig zu offenbaren: „Tja, dann würde ich mal sagen, dass Rory ab sofort suspendiert ist.“ Gequältes Lächeln im Presseraum.

Andererseits, was soll der „Commish“ sonst sagen? McIlroy und viele andere treffen sehr wohl ins Schwarze: Die PGA Tour hat’s nun mal tatsächlich nicht so mit der Transparenz.


„Wenn Dinge nicht transparent sind und die Leute nicht ausreichend informiert sind, gibt es irgendwann unweigerlich Probleme. Das Schwierige hierbei ist, dass die Spieler eigentlich alles selbst herausfinden müssen. Es gibt keine Briefings und auch niemanden, der sich wirklich darum kümmert, die entsprechenden Informationen liefert. Wer Klarheit will, muss sich in den Kaninchenbau wagen und wird feststellen, dass er in dem Irrgarten auf sich allein gestellt ist.“

Patrick Cantlay


Phil Mickelson, der vom Paulus zum Saulus geworden ist, wandelte schon auf einem schmalen Grat, seit er die Tour als Diktatur bezeichnete und ihr im Zusammenhang mit den Medienrechten der Spieler „widerliche Gier“ vorwarf. Spätestens, als durch die Indiskretion des Golfjournalisten Alan Shipnuck bekannt wurde, dass „Lefty“sich zum Intrigen-Intimus der Saudi-Schranze Greg Norman gemacht und mit drei anderen, noch unbekannten Spielern das juristische Rankwerk einer Konkurrenz-Liga finanziert hat, um einen „Hebel gegen die Tour“ zu konstruieren, wäre er mit Fug und Recht fällig gewesen.

Mickelson zu Masters-Abstinenz „überredet“?

Doch der Nestbeschmutzer durfte sich aus eigenem Antrieb absentieren – angeblich – wie weiland Dustin Johnson nach den Gerüchten um Koks-Konsum und auffällige Drogentests; die Tour verschanzt sich einmal mehr wie gehabt hinter dem Mantra „Wir kommentieren solche Vorgänge nicht“; Monahan schließlich tut so, als erwarte er den Canossagang des reuigen Sünders, wenn er sagt: „Der Ball liegt in seinem Feld; wir sind für ein Gespräch offen, aber er muss auf uns zukommen.“

Und jetzt, da bekannt wurde, dass Mickelson nach der Players Championship gleichermaßen dem Masters fernbleibt, häufen sich die Berichte, denen zufolge ihm dieser Verzicht aufs erste Major des Jahres sehr wohl nahe gelegt worden sein könnte. Entweder von der Tour oder vom Gastgeber Augusta National, der bekanntermaßen ein Einladungsturnier ausschreibt, vom dem einer halt wieder ausgeladen werden kann. Es würde jedenfalls zum klandestinen Club passen, der in seiner sorgsam manikürten heilen Welt garantiert nicht Mickelson als Mittelpunkt allen Medien-Buheis haben will.

„Entscheiden ist, dass das System funktioniert“

Gleichwohl hat der sechsfache Majorsieger in Sachen Medienrechte durchaus einen Punkt, wenngleich er das Fass aus reinem Eigennutz aufgemacht und sich in der Wortwahl vergriffen hat. In Sachen Business gibt sich die PGA Tour so undurchsichtig wie beim Thema Bann. Es herrscht Omertà, das Gesetz des Schweigens. Und bis heute gilt das Wort von Monahans Vorgänger Tim Finchem, gerade in die Ruhmeshalle des Golfsports aufgenommen, der 2015 postulierte: „Entscheidend ist doch, dass das System funktioniert, dafür müssen wir nicht alles an die große Glocke hängen.“

So werkelt die Tour in ihrem Hauptquartier in Ponte Vedra Beach und an den Verhandlungstischen in aller Welt seit Jahren, nein seit Jahrzehnten hinter verschlossenen Türen vor sich hin. Zuvorderst – das gehört ebenso zur Wahrheit – zum Wohle des Produkts, der diversen Circuits, und damit ihrer Mitglieder, der Spieler. Von denen freilich sind eher wenige interessiert, wie die Moneten generiert werden. Hauptsache, sie fließen.


„Wenn es darum geht, dass die Tour transparenter werden muss, dann muss man auch sagen, um fair zu sein, dass viele Spieler die Tour nie wirklich darum gebeten haben, transparent zu sein. Dafür muss man der Tour schon konkrete Fragen stellen. Einfach nur Transparenz zu fordern, kann alles Mögliche bedeuten und bringt wenig.“

Xander Schauffele


Hilfreich bei der „wundersamen“ Geldvermehrung war und ist, dass die Tour ihre Schweigsamkeit stets mit dem Wesen des Geschäfts selbst begründen kann. Auch hier gilt Finchems Wort: „Wir sind sowieso der Meinung, dass die Komplexität dessen, womit wir uns zu nahezu 100 Prozent beschäftigen, von den wenigstens nachvollzogen werden kann.“

Der findige Commissioner Deane Beman

Stimmt sogar irgendwie. Was da heutzutage verhandelt, verwaltet und verbucht wird, hat längst nichts mehr mit den simplen TV-Rechten zu tun, die Deane Beman, zweiter „Commish“ der Tour-Geschichte und findiger Typ hinter der Gemeinnützigkeit und den TPC-Kursen, in den 1970er-Jahren als willkommene Einnahmequelle entdeckt hatte. So, wie es im Football, Basketball und Baseball bereits gang und gäbe war. Das Prinzip erschien simpel: Ein Sender bezahlt einen Veranstalter dafür, dessen Veranstaltung im Fernsehen zu zeigen; je mehr Zuschauer, desto mehr Einschaltquoten, desto mehr Geld für den Sender durch Werbeeinnahmen, desto mehr Geld in der Folge für den Veranstalter.

Die Sache hatte bloß einen Haken: Golf interessierte seinerzeit niemanden, „American Idol“ Arnold Palmer war längst über seinen Zenit hinaus, Tiger Woods 1975 gerade erst geboren. Die Übertragung der Turniere war für die TV-Anstalten ein Verlustgeschäft.

Deal, der alle Seiten glücklich macht

Der clevere Beman hatte allerdings eine Lösung. Er besorgte seinen Tour-Sponsoren einfach Werbe-Spots bei den übertragenden Sendern: Erstere waren froh über die zusätzliche Bühne zur Selbstdarstellung und zahlten „nur“ im Rahmen ihres Sponsorings dafür, Letztere mussten nicht mehr selbst mühsam akquirieren und hatten schon mal sichere Einnahmen. Damit machte Beman alle glücklich und begründete das bis heute gültige Prinzip der Tour-TV-Verträge. Der jüngste, 2020 mit CBS, NBC und ESPN abgeschlossen und seit diesem Jahr gültig, beschert der PGA Tour bis 2030 kolportierte Einkünfte von rund sieben Milliarden Dollar.

Schatztruhe digitales und archiviertes Material

Doch nichts genaues weiß man nicht. Trotz ihres gemeinnützigen Status darf die PGA Tour diesbezüglich ebenso konkrete Angaben schuldig bleiben wie hinsichtlich des sonstigen Geflechts an Medienrechten und -einnahmen, das in Zeiten des Internets, von Streamingdiensten und Social-Media-Aktivititäten, naturgemäß unendlich differenzierter und komplizierter geworden ist. Allerdings ist gleichsam das Ertragspotenzial enorm gewachsen. Nicht zuletzt durch das digitale und archivierte Material, einer Art Schatztruhe, die jedes Jahr eine Menge Geld in Form von Lizenzgebühren einbringt – und um seinen Anteil an eben diesen Einnahmen fühlt sich Mickelson bekanntlich betrogen.

Nur im Paket ist ein Deal lukrativ

Grundlage der florierenden Geschäfte mit den Medienrechten muss allerdings sein, dass die Tour alleiniger Eigentümer all des Contents ist. Erst diese Exklusivität, so die durchaus nachvollziehbare Argumentation, mache daraus wahrhaftige Vermögenswerte. Überdies sei es effizienter, das Material zentral zu managen und zu verwerten. Stimmt: Nur im Paket wird jeder Deal für beide Seiten lukrativ. Genau deswegen tritt jeder Spieler zu Beginn jeder Saison per Unterschrift seine Rechte am eigenen Bild an Ponte Vedra Beach ab, statt sich selbst zu vermarkten, was den Markt allenfalls verwässern würde.

„Es gibt ein ein Geben und Nehmen, das ist okay“

Es ist ein gut geöltes Getriebe, in das Phil Mickelson Sand streuen wollte. Indes, der 51-Jährige wählte groben Kies und hat der Sache damit mehr geschadet denn genutzt. Andere haben sich längst auf subtilere Weise ihre Gedanken gemacht und eingebracht. Tiger Woods beispielsweise, der ebenfalls nicht frei von Kritik an der Tour ist.

„Das Thema Medienrechte ist eine große Sache, und viele von uns sind besorgt, in welche Richtung das geht“, sagte er bei seiner Pressekonferenz als Gastgeber des Genesis Invitational. Aber darüber werde auf vielen Ebenen seit langem gesprochen: „Ja, es gibt ein ein Geben und Nehmen, das ist okay. Wir müssen halt ein Gleichgewicht finden zwischen dem, was für die Spieler am besten ist und was für die Marke am besten ist.“


„Es gab vor Jahrzehnten mal einen Versuch, die Tour gewerkschaftlich zu organisieren. Aber selbst als ich vor 25 Jahren auf die Tour kam, haben wir nicht ahnen könne, wohin das mit den Medien alles mal führen wird – mit Internet, Handys und so weiter. Jay [Monahan] hat alles unternommen, um herauszufinden, was für jeden einzelnen Spieler am besten ist. Weil wir alle unabhängige Auftragnehmer sind. Aber auch, was für die Tour als Marke am besten ist. Der Versuch läuft, all das zusammen zu bringen. Es ist ein schwieriger Prozess, der sich durch die Entwicklung im Medienbereich zudem ständig ändert.

Andererseits ist ein Vorteil in unserem Sport, dass wir fernab der individuellen Vorsorge eine Altersabsicherung haben, die im Sport ihresgleichen hat. Wir können jenseits unseres Leistungshöhepunkts hinaus spielen und verdienen bis weit in unser 50er-Jahre hinein noch Millionen von Dollar. Davon können Fußballer beispielsweise nur träumen.“

Tiger Woods


Entgegen Mickelsons Vorwürfen, den Aktiven würden Millionen vorenthalten und nur 26 Prozent der Erlöse flössen zurück, hat Commissioner Monahan bereits im vergangenen November per Memo an die Spieler betont, dass 55 Prozent der Einnahmen wieder ausgeschüttet werden – in Form von Preisgeldern, Prämien, Boni, Gratifikationen und sonstigen Sachwerts-Annehmlichkeiten. So, wie es die Statuten einer Non-Profit-Organisation halt vorsehen: Abzüglich der Unternehmensausgaben und von Rücklagenbildung in angemessener Weise kommt alles den Mitgliedern zugute.

„Mal den Kopf untersuchen lassen“

Womit wir wieder bei Rory McIlroy wären. „Auf der Tour wird jeder fair bezahlt“, hat der 32-Jährige dieser Tage zu Protokoll gegeben: „Wer meint, dass es auf der Tour zu wenig Geld zu verdienen gibt, der sollte sich mal den Kopf untersuchen lassen.“

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