Knapp sechs Wochen sind es bis zum ersten Event des LIV Golf Invitational, und je näher Greg Normans Auftaktturnier im Centurion Golf Club im Londoner Speckgürtel rückt, desto intensiver wird die Nachrichtenlage in Sachen Konkurrenz-Circuit. Vor allem die britischen Medien wollen naturgemäß ganz genau wissen, wer da vom 9. bis 11. Juni im Londoner Speckgürtel antritt und dem Golf-Establishment damit sozusagen ins Gesicht spuckt.
Längst ist vom „Krieg der Touren“ die Rede, und die Bannerträger der Usurpatoren heißen mit ziemlicher Sicherheit Louis Oosthuizen und womöglich auch Ian Poulter, Lee Westwood oder Sergio Garcia, der die PGA Tour angeblich ebenfalls um eine Teilnahme-Freigabe gebeten hat. Überdies kursieren Namen wie Richard Bland, Graeme McDowell und Branden Grace.
„Shrek“ wäre der Top-Spieler beim Serien-Auftakt
Die gewöhnlich gut informierte britische Zeitung „The Telegraph“ will wissen, dass „Shrek“ Oosthuizen definitiv für den Centurion Golf Club gemeldet hat; als aktueller Weltranglisten-15. wäre der seit 2018 sieglose Südafrikaner, Champion Golfer of the Year 2010, damit Normans Top-Mann. Er passt gut ins Schema der LIV-Sause als Sammelbecken für all jene, die auf den etablierten Touren nichts nennenswertes mehr gewinnen können, folglich kaum etwas zu verlieren haben und bei Norman mit all dem Schotter des saudi-arabischen Public Investment Fund (PIF) im Rücken noch mal ordentlich Kasse machen können.
25 Millionen Dollar werden pro Turnier nach 54 Löchern und den jeweils 48 Spielern verteilt, 50 Millionen „Bucks“ gar beim Finale in Donald Trumps Doral. Und es gibt genug Professionals auf der PGA Tour und auf der ohnehin deutlich „ärmeren“ DP World Tour, die nach verpassten Cuts oder hinteren Platzierungen mit Verlust wieder abreisen. So gesehen geht Normans Kalkül auf, ein geldklebriges Fliegenpapier aufzuhängen und abzuwarten, wer hängen bleibt. Es bestätigt sich die alte Weisheit, dass ein jeder käuflich ist, man den meisten bloß noch nicht ihren Preis geboten haben.
Angebliches Ja-Wort von 70 Professionals
Was die Schefflers, Rahms, Morikawas und Hovlands der Golfwelt zuvorderst wollen, kann Norman nicht bieten: Majors und das damit verbundene Prestige, Tradition und golferische Meriten. Top-Leute am Beginn oder auf dem Zenit ihres Leistungsvermögens wird er fürs Erste nicht kriegen; die wollen sich mit Ihresgleichen messen – hier gilt Bryson DeChambeaus Aussage: "Ich spiele dort, wo die Besten spielen."
Doch bei anderen funktioniert der Lockruf des „blutigen Gelds“ („Washington Post“) sehr wohl. Insgesamt 70 Professionals von den beiden großen Turnieren pfeifen auf die Moral, entscheiden sich für die Moneten und sollen dem Australier angeblich bereits ihr „Ja-Wort“ gegeben haben.
Auch Kevin Na ist weiterhin im Gespräch, wiewohl der gebürtige Koreaner mit US-Pass vorgibt, bislang nichts unterschrieben zu haben.
Parallel zur Canadian Open auf der PGA Tour
Oosthuizen und Na hin, Garcia, Poulter und Westwood her, die als Abweichler alle Ambitionen auf das Amt des europäischen Ryder-Cup-Kapitäns aufgeben würden: Zumindest der Londoner Auftakt, der parallel zum Comeback der Canadian Open auf der PGA Tour stattfindet, wird vermutlich zum Hinterbänkler-Treffen – bei dem ein Robert Garrigus mit einem Mal mehr Kohle verdienen kann als in den vergangenen Jahren seines PGA-Tour-Daseins zusammen. Abwarten, wie sich das entwickelt und wie lange die Saudis mit ihrem Ansinnen vom Sportswashing-Spektakel als „Fleckenlöser“ für die von Mord, Menschenrechtsverletzungen und sonstigen Missständen bekleckerten Weste eine Jungsenioren-Tour mit abgehalfterten Stars und nahezu Namenlosen mitmachen.
DP World Tour wird Freigabe-Ersuchen abschmettern
Abzuwarten bleibt auch, wie die beiden großen Touren reagieren. Sowohl PGA-Tour-„Commish“ Jay Monahan als auch sein europäisches Pendant Keith Pelley haben längst klar gemacht, dass in ihrem Beritt für Abtrünnige kein Platz (mehr) ist. Dieser Tage wurde nochmals kolportiert, die DP World Tour werde Freigabe-Ersuchen für LIV-Events definitiv abschmettern und behalte sich bei Überläufern weitere Sanktionen vor.
Ja, jeder Profi ist selbständiger Unternehmer und kann allein entscheiden, wo er spielt. Indes haben Monahan und Pelley ebenso das (Haus-)Recht im Rücken, vereinsschädigendes Verhalten ihrerseits mit Sperren oder Ausschluss zu ahnden – was auch immer die von LIV Golf beauftragten und von Phil Mickelson sowie drei anderen Spielern bezahlten Winkeladvokaten dagegen juristisch ins Feld führen mögen.
Teurer als The Open oder Tour-Highlight in Wentworth
Womit das Scheinwerferlicht auf „Lefty“ gerichtet ist. Der maßlose Mickelson hat mal vorsorglich alle Optionen gezogen, die Nennfrist für PGA Championship sowie US Open eingehalten und sich gleichzeitig für London eingeschrieben. Vielleicht begründet Greg Norman damit die gepfefferten Eintrittspreise: Die Tageskarte kostet bis zu 85 Pfund, für ein Drei-Tages-Ticket werden maximal 225 Pfund aufgerufen, beim Premium-Paket mit VIP-Behandlung stehen fast 10.000 Pfund auf dem Preisschild. Zum Vergleich: Die Scottish Open mit zahlreichen US-Stars in der Vorbereitung auf die 150. Open Championship in St. Andrews liegt pro Tag bei 35 bis 40 Pfund, bei der BMW PGA Championship in Wentworth sind sonntags 55 Pfund zu bezahlen.
Kein Wunder, dass sich in den sozialen Medien viele Fans über das Preis-Leistungsverhältnis wundern.
£85 for a day in London or £225 for all three days. By way of comparison, for £30 you can see more shots by more players at the British Masters next week, at a course which has hosted the Ryder Cup. https://t.co/OF5QqaU9J8
— Ben Coley (@BenColeyGolf) April 27, 2022
Und einer schrieb unter dem Hashtag LIV Golf: „Interessant, dass die Saudi-Golftour der arbeitenden Klasse ins Portemonnaie greift. 85 Pfund für einen Tagespass sind eine unglaubliche Abzocke, wenn man bedenkt, dass Tickets für die Open Championship einen ähnlichen Preis für ein deutlich besseres Feld haben. Thema erledigt, bevor es überhaupt begonnen hat.“
Start bei PGA Championship fraglicher denn je
Nochmal zurück zu Mickelson: Gerüchten zufolge soll der 51-Jährige eine Garantiebörse von 30 Millionen Dollar akzeptiert haben und sich im Gegenzug fürs Grundgehalt verpflichtet haben, an allen acht LIV-Turnieren teilzunehmen. Seinen Auftritt bei der PGA Championship in Southern Hills nächsten Monat sowie irgendwelche künftigen Ämter im US-Ryder-Cup-Team dürfte sich der Titelverteidiger und älteste Majorsieger aller Zeiten damit definitiv abschminken können. Die derart düpierte PGA of America und ihr CEO Seth Waugh, zuständig für beide Großveranstaltungen, haben längst ihre uneingeschränkte Solidarität mit der PGA Tour bekundet.