Die olympische Renaissance des Golfsports steht unter keinem guten Stern. Ein von Querelen, Rechtsstreiten und Protesten begleiteter Golfplatz im Naturschutzgebiet „Reserva de Marapendi“, der weniger den Spielen, denn Immobilien-Spekulationen dient und mit Ach und Krach rechtzeitig fertig geworden ist. Ein Modus, der allenfalls den Ober-Olympiern vom IOC sowie dem Golf-Weltverband IGF gefällt und kaum beste Werbung für Golf sein wird. Dazu jauchiges Wasser in ganz Rio de Janeiro, Kaimane auf den Fairways des Kurses am Rande des noblen Vororts „Barra da Tijuca“ und demnächst ein Testturnier ohne Testspieler. „Rios Probleme haben sich zu einer wahren Plage ausgewachsen“, bringt es Andrew Zimbalist, Professor für Sport-Ökonomie am renommierten Smith College in Massachusetts, auf den Punkt.
Lydia Ko: „Situation genau beobachten und abwarten“
Auch wenn er damit das gesamte Geschehen meint: Salopp könnte man sagen, Golfs Comeback im Zeichen der fünf Ringe hat die Seuche am Stiefel. Aber jetzt „toppt“ das Zika-Virus alle Unbilden, und somit verbieten sich derlei Wortspiele.
Dennoch: Olympia in Brasiliens Megapole wird zum Risikofall! Die Weltranglistenerste Lydia Ko hat angekündigt, sie werde die Situation „genau beobachten“. Obwohl die beiden Teiche auf dem von US-Designer Gil Hanse konzipierten Parcours ideale Brutstätten für „Aedes aegypti“, die Gelbfieber- oder Tigermücke, sind, will Ko ihren Start nicht zur Disposition stellen. „Es sind noch gut sechs Monate bis dahin, und momentan können wir nur abwarten.“
„Gipfel unseres Sports sind nun mal die Majors“
Während die Spiele für die 18-jährige Neuseeländerin „wahrscheinlich das Größte“ werden, dürfte die Zika-Epidemie den „Null-Bock“ etlicher potenzieller Golf-Olympioniken, allen voran Adam Scott, eher verstärken. Trotz spezieller Mückenschutzmittel und der Erkenntnis, dass die Wettbewerbe im brasilianischen Winter mit Trockenheit und kühleren Temperaturen stattfinden, was den Mücken laut João Granjeiro, Chef-Mediziner des örtlichen Organisationskomitees, die Fortpflanzung ziemlich erschwert.
Ohnehin brennen die Größen der Profigilde nicht unbedingt auf Golf im Glanz des olympischen Feuers, die Aussicht auf Rio-Edelmetall ist von vergleichsweise untergeordnetem Reiz. Zwar hat Altmeister Tom Watson schon vor drei Jahren befürchtet, olympische Golf-Spiele verwässerten möglicherweise die Majors. Bislang jedoch zu unrecht.
Er ziehe das grüne Augusta-Sakko und damit den Karriere-Grand-Slam liebend gerne einer Goldmedaille vor, hat beispielsweise Rory McIlroy dieser Tage in Dubai dem TV-Sender „CNN“ erzählt: „Ich würde definitiv noch vier Jahre auf eine andere Olympia-Chance warten, wenn ich stattdessen dieses Jahr das Masters gewinnen könnte.“ Ein Major sei nun mal „der Gipfel unseres Sports“ und wird „stets wichtiger“ sein, als Kind habe er schließlich nicht von einer Olympia-Teilnahme oder einer Olympiamedaille, sondern von Majorsiegen geträumt.
„Mit Triathlon-Gold wenigstens ein echter Athlet“
Jordan Spieth gar leistete sich ein hübsches Scherzchen auf Olympia-Kosten. Beim Gewinn einer Golf-Goldmedaille könne man ja später erzählen, sie im Triathlon oder so errungen zu haben, juxte der Weltranglistenerste, „dann wirkst du wenigstens wie ein echter Athlet!“. Spaß beiseite: „Es wird sicherlich etliche olympische Perioden brauchen, vielleicht zehn oder sogar 20 Jahre, bis sich die Bedeutung von Golf-Goldmedaillen im Vergleich zu Majors etabliert.“
Einer immerhin betrachtet Rio als definitiven Höhepunkt des Jahres. Allerdings aus ganz persönlichen Gründen. Byeong-Hun An, der 2015 die BMW PGA Championship in Wentworth gewann, reist sozusagen in familiärer Mission nach Brasilien. Seine Eltern lernten sich bei den Spielen 1988 in Ans Geburtsstadt Seoul lieben. Die Chinesin Zhimin Jiao und der Koreaner Jae-Hyung Ahn waren Tischtennis-Cracks, sie gewann Bronze im Einzel und Silber im Doppel, er in beiden Disziplinen jeweils Bronze. Für den Sohn ist Olympia auch deswegen „ein fünftes Major“. Und Herzensangelegenheit sowieso!