Nachwehen: Der Schlammassel wirkt immer noch nach, den sich die USGA bei der US Open mit dem Set-up von Shinnecock Hills eingebrockt hat. Nach seiner 69 zum Auftakt teilte gestern Pat Perez noch mal kräftig in Richtung amerikanischer Golf-Verband aus. „Im Gegensatz zur USGA weiß der R&A bei seiner Open Championship, wie‘s geht. Sie mussten zwar die Fairways ausdörren lassen, aber haben die Spielbarkeit der Grüns bewahrt, so dass die Bälle halten, und damit alles richtig gemacht“, sagte der 42-Jährige, der zum Aufgebot aus den USA bei der Porsche European Open kommende Woche in Winsen/Luhe gehört: „Das Set-up hier in Carnoustie ist perfekt!“ Dabei seien die Grüns gegenüber Shinnecock Hills vergleichsweise flach, „umso schlimmer, dass die USGA dort derart die Kontrolle verloren hat.“ Für heute werden übrigens vormittägliche Regenfälle und deutlich mehr Wind als gestern erwartet.
Spieth und sein „Gehirnfurz“
Einbruch: Er war auf einem guten Weg während dieser ersten Runde, lag zwischenzeitlich 3 unter Par, doch dann leistete sich Titelverteidiger Jordan Spieth ausgerechnet auf den ohnehin als schwierigstes Finale der Rota geltenden Schlusslöchern von Carnoustie einen „Gehirnfurz“, wie er den Aussetzer später nannte. Gemeint war der Versuch, auf Bahn 15 ein Eisen 6 zur Fahne zu schlagen, laut Spieth eine „absolut lausige Entscheidung“. Sein Ball schaffte es gerade bis in den Pottbunker vor dem Grün, wo er sich tief einbohrte, am Ende war‘s das Doppel-Bogey. Ein Schlagverlust auf der 16 und ein schlampiger Drive in den Barry Burn zum Bogey auf der 18 machten das finale Debakel komplett. „Ich habe hier heute echt was liegen gelassen“, sagte der dreifache Majorsieger über seinen mentalen Lapsus, der ihn mit 72 Schlägen zum geteilten 68. machte.
Da erging es ihm freilich noch deutlich besser als dem Weltranglisten-Ersten und ursprünglichen Open-Favoriten Dustin Johnson, der seinen Abschlag auf der 18 „out of bounds“ schickte, nach einem Triple-Bogey mit einer 76 ins Clubhaus kam und heute einen ganz starken Tag braucht.
Driver-Kontrolle: McIlroy sieht TaylorMade „bevorzugt“
Ein Schelm, wer sich was dabei denkt: Bezüglich der Driver-Kontrolle des R&A vor dieser Open ist Rory McIlroy aufgefallen, dass unter den getesteten Schlägern eine Marke bevorzugt gecheckt worden sei, „nämlich die, die ich spiele“, sagte der Nordire, der mit TaylorMade zu Werke geht. Dabei hatte der R&A angegeben, dass die 30 Spieler und ihre Schlaggeräte nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden seien. McIlroy: „Ich war zwar selbst nicht dabei, aber beim Blick auf die Liste wirkt es schon so, als ob ein Hersteller öfter herausgegriffen wurde als andere.“ Laut „Golf Channel“ waren 16 der 30 Driver TaylorMades M3- oder -M4-Modelle.
Dank seiner 69er Auftaktrunde ist McIlroy, dessen neues Schuhmodell von Nike übrigens Carnousties Spitznamen aufgreift und den Schriftzug „Nasty“ auf der Sohle trägt, jetzt bei den Buchmachern gemeinsam mit Jon Rahm 10:1-Favorit auf die Claret Jug. Es folgen Tony Finau mit 12:1 sowie Justin Thomas und Rickie Fowler mit 14:1. Spitzenreiter Kevin Kisner verbesserte sich von 200:1 vor der Open auf nunmehr 25:1.
A picture is worth a thousand words.@McIlroyRory's kicks only need one. #TheOpen pic.twitter.com/f9qTaipsM0
— PGA TOUR (@PGATOUR) 19. Juli 2018
Tigers Tape – die Golfwelt dreht durch
Riesenaufregung: Tiger Woods spielte seine erste Open-Runde nach drei Jahren mit Kinesio-Pflastern am Hals, und in den sozialen Netzwerken drehten die besorgten Fans förmlich durch.
When you find out that Tiger is wearing tape on his neck... #TheOpen #Tiger pic.twitter.com/UKGqoBNQm2
— High Fade Podcast (@HighFadePod) 19. Juli 2018
Nein, der 14-fache Majorsieger hat nicht wieder Rücken, sondern war bloß mit einem verspannten Nacken aufgewacht. „Das plagt mich schon eine Weile und ich trage die Pflaster auch schon seit längerer Zeit, aber heute hat man sie erstmals gesehen – keine große Sache, es hilft mir bloß, den Nacken etwas zu lockern“, sagte Woods nach dem Even-Par-Umlauf, bei dem er sich strikt an seinen „Game Plan“ des Eisenspiels vom Abschlag gehalten, nur auf der Par-5-Sechs den Driver gezückt und so elf von 15 Fairways getroffen hatte.
Grüns doch schneller als Fairways
Messwerte: Nach ein paar Probelöchern am Wochenende hatte Tiger Woods gemutmaßt, dass die Fairways von Carnoustie schneller seien als die Grüns und dies auch während des Turniers so bleibe. Der „Golf Channel“ hat prompt mal den Ball vom Stimpmeter rollen lassen und 9,5 bis 9,75 Fuß ermittelt. Das ist mit fast drei Metern deutlich flotter als normale Club-Grüns. Carnousties Puttflächen wurden übrigens zum Auftakt mit 10 Fuß (3,05 Meter) gemessen, sind also doch noch etwas schneller – und Woods hatte Unrecht.
It‘s Open-Teetime: Drei Schicksale
Wem die Stunde schlägt: Jhonattan Vegas kam gestern erst eine halbe Stunde vor seiner Auftakt-Teetime in Carnoustie an, und das per Hubschrauber aus Glasgow, weil der in den USA lebende Venezolaner zuvor sein abgelaufenes Visum für Großbritannien erneuern musste. Dafür waren seine Schläger in Toronto liegen geblieben, aber Titleist sorgte für Ersatz, und Vegas spielte nach 20 Bällen auf der Range mit neuem Material zum Auftakt eine 76.
That face when you realized you visa to the UK is expired the same day you were supposed to travel. La cara cuando te das cuenta que tu visa al Reino Unido está vencida el mismo días que viajas. ??? pic.twitter.com/lztAcLUNN0
— Jhonattan Vegas (@JhonattanVegas) 12. Juli 2018
Matt Kuchar indes wäre beinahe zu spät an den Abschlag gekommen, weil er dringend das stille Örtchen aufsuchen musste. Der US-Pro schaffte es aber doch 40 Sekunden vor Ultimo, nahm sich dabei sogar die Zeit, etlichen freiwilligen Helfern die Hände zu schütteln, und legte eine 70er Runde hin.
Kuchar flushed his opening tee shotpic.twitter.com/D7Xu3WIvzy
— Josh Berhow (@Josh_Berhow) 19. Juli 2018
Und dann ist da noch Graeme McDowell, der nicht mal die Chance bekam, es nach Carnoustie zu schaffen. Beim Flug zum Qualifikationsturnier hatte Air France sein Golfbag verschlampt, „G-Mac“musste den Qualifier absagen.
DeChambeau fit für Open und „Porsche“
Entwarnung: Bryson DeChambeau ist fit, spielt die Open (Platz T110/+4), und demnach steht seinem Start bei der Porsche European Open kommende Woche auf den Green Eagle Golf Courses ebenfalls nichts im Wege. Das hatte gestern am Rande der Aufbauarbeiten auf dem Porsche Course in Winsen/Luhe auch Turnierdirektor Dominik Senn bestätigt, der damit das angekündigte Star-Aufgebot um den amtierenden Masters-Champion Patrick Reed an den Start schicken kann. DeChambeau hatte bei der John Deere Classic als Titelverteidiger nach zwei Runden aufgegeben, weil er sich bei einem Schlag aus dem Rough den Trapezmuskel in der Schulter ramponiert hatte.
Turnberry bleibt außen vor
Ausschluss: Trotz einer – so viel Fairness muss sein – wirklich gelungenen Renovierung des grandiosen Ailsa Course und der gesamten Anlage bleibt der vierfache Open-Schauplatz Turnberry, der bekanntlich zum Portfolio von US-Präsident Donald Trump gehört, in der Rota weiterhin unberücksichtigt. In Carnoustie wies R&A-Chef Martin Slumbers darauf hin, dass bis zur 150. Open 2021 in St. Andrews alle Austragungsorte festgelegt seien und man anschließend die englischen Plätze im Auge habe. Schon vor geraumer Zeit hatte der einstige Bänker die Abkehr von Turnberry mit der komplexen Problematik begründet, die sich in Person und Amt des Besitzers begründe: „Es gibt zahlreiche andere Kurse, wo wir auch lange nicht mehr waren.“
Van de Veldes Blackout in Lego
Zum Schluss: Wer den Schaden hat... Den gibt‘s dann irgendwann sogar in Lego. Jared Jacobs hat den Blackout von Jean van de Velde nachgestellt und trickverfilmt. Großes Lob an den Baumeister: Die berühmten Steine aus Dänemark geben den sportlich tragischen Moment des Franzosen perfekt wieder, der bei der Open 1999 mit unerklärlichen Schlag-Entscheidungen auf der 18 von Carnoustie die zum Greifen nahe Claret Jug förmlich weggeworfen hat:
Even in Lego form, Jean van de Velde's collapse at #TheOpen '99 is just as painful. pic.twitter.com/FfjVJpkdWF
— Golf Channel (@GolfChannel) 18. Juli 2018