Martin Kaymer spielte bis zu seinem 15. Lebensjahr selbst Fußball, sogar für die Jugend von Fortuna Düsseldorf und auch in der Niederrhein-Auswahl. Heute ist der zweimalige Major-Sieger begeisterter Fan und unterstützt die deutsche Nationalmannschaft bei der WM in Russland. Im Interview spricht er über seine Erwartungen an die Mannschaft, die besten Golfer im Team und warum er sich nicht als einen von 80 Millionen Bundestrainern sieht.
Golf Post: Wie hast Du den WM-Auftakt und das erste Spiel der deutschen Mannschaft erlebt?
Martin Kaymer: Das erste WM-Spiel konnte ich leider nicht gucken, weil wir im Flugzeug unterwegs waren. Auf das Spiel der deutschen Mannschaft habe ich mich echt gefreut. Ich bin vorher von einem 2:0 ausgegangen. Die Erwartungshaltung ist natürlich sehr hoch, weil wir total verwöhnt sind. Die Niederlage gegen Mexiko ist kein Grund nervös zu werden. Natürlich ist das Spiel am Samstag jetzt schon ein Endspiel. Aber es ist auch nicht einfach, immer auf den Punkt zu performen. Mexiko war unangenehm die ersten 20 bis 30 Minuten. Sich da zurecht zu finden, ist nicht einfach und ich finde, man sollte es nicht an die große Glocke hängen.
Golf Post: Die Körpersprache während des Spiels wurde viel kritisiert, wie hast Du das gesehen?
Martin Kaymer: Ich fand, es sah ein bisschen unsicher aus, man hat viel Druck gesehen bei den Spielern. Ich fand schade, dass kein wirklicher Führungsspieler da war, der das Team arrangiert hat, gerade für die zweite Halbzeit. Vielleicht war auch ein bisschen Nervosität dabei. Wenn du als Weltmeister irgendwo hinfährst, ist auch die Erwartungshaltung an sich selbst sehr hoch. Da entsteht auch unterbewusst Druck, der sich dann entlädt. Ich hoffe, dass sich das jetzt gelegt hat und sie ihre Klasse zeigen können im Spiel gegen Schweden.
Golf Post: Was meinst du, wie weit kommt die deutsche Mannschaft?
Martin Kaymer: Mindestens ins Viertelfinale. Das Finale zu erreichen, wird schwierig dieses Jahr. Das Achtelfinale könnte schon ein schwieriges Spiel werden, aber bis ins Viertelfinale schaffen sie es, davon gehe ich aus. Und dann ist alles offen. Von da an ist es in jedem Spiel 50:50. Das sind alles gute Mannschaften.
Golf Post: Wer glaubst Du, ist der beste Golfer im Team? Oder weißt Du es sogar?
Martin Kaymer: Ich gehe davon aus, dass Thomas Müller der Beste ist. Und danach vielleicht Oliver Bierhoff. Die beiden sind ganz gut, aber ich weiß gar nicht, wer aus der Mannschaft noch Golf spielt. Ich weiß, dass einige Physiotherapeuten spielen, aber von den anderen Spielern weiß ich es nicht.
Golf Post: Wen aus der Nationalmannschaft würdest Du denn gern zum Golfer machen?
Martin Kaymer: Mesut Özil wäre super. Das wäre witzig. Der passt irgendwie gar nicht. Aber ich habe auch gedacht, dass Bastian Schweinsteiger nicht auf den Golfplatz passt, und der spielt ja auch ganz gut. Manuel Neuer würde ich auch gern sehen. Ich glaube Torhüter sind generell sehr ehrgeizig, das kennt man ja von Oli Kahn. Manuel könnte sicher gut Golf spielen. Normalerweise schlagen Torhüter den Ball auch immer sehr weit, weil sie oft große Typen sind und lange Arme haben. Aus verschiedenen Gründen wären Mesut und Manuel meine Wahl.
Golf Post: Und wenn Du Dir einen Wunsch-Vierer zusammenstellen dürftest, wen würdest Du dann wählen?
Martin Kaymer: Ich würde definitiv Manuel Neuer wählen. Joshua Kimmich, der ist für mich der beste Spieler in der Nationalmannschaft, der ruft immer seine Leistung ab. Sandro Wagner ist ja leider raus, daher würde ich noch Julian Draxler mitnehmen.
Golf Post: Auf welcher Position würdest Du denn spielen, wenn Du in Russland dabei wärst?
Martin Kaymer: Vorne drin! Als ich noch gespielt habe, war ich auch immer Stürmer. Am liebsten als Rechtsaußen. Mittelstürmer ist auch ok, denn da musst du immer da rein, wo es brenzlig ist – alles oder nichts. Da hätte ich Lust drauf. Vorne zählt es. Du brauchst hinten jemand mit Klarheit, der sauber hält, aber vorne musst du die Dinger machen. Ich hätte schon Bock darauf, derjenige zu sein.
Golf Post: Hättest du Leroy Sane auch zuhause gelassen?
Martin Kaymer: Da kann man sich ja eigentlich gar keine Meinung bilden, weil wir nicht so nah dran sind. Man kann die Entscheidung nicht verstehen, aber es wird Gründe dafür geben. Und die kennen wir nicht. Daher kann man darüber nicht urteilen. Ich finde es schade, jemanden, der so ein guter Joker sein könnte, der so schnell ist, nicht mitzunehmen. Daher kann ich es nicht verstehen, dass er nicht dabei ist, aber es wird Gründe geben, weshalb die Trainer so entschieden haben. Ich finde es auch nicht ganz fair zu sagen, es ist die falsche Entscheidung, ihn nicht mitzunehmen. Joachim Löw nimmt ihn ja nicht aus Jux und Dollerei nicht mit.
Golf Post: Bist Du auch so verständnisvoll, wenn das Spiel dann läuft, oder gehörst Du dann zu den 80 Millionen Nationaltrainern?
Martin Kaymer: Nein, das finde ich ganz schlimm. Ich kenne das ja auch von uns. Die Zuschauer, die Medien – alle haben eine Meinung. Das ist auch absolut ok, aber manchmal kann man sich nur eine Meinung bilden, wenn man wirklich etwas von der Sache versteht und eigene Erfahrungen gesammelt hat. Ansonsten ist das oft auch viel Laberei, die man sich als Sportler nicht zu sehr zu Herzen nehmen darf.
Golf Post: Du bist also verständnisvoller als die meisten Fans?
Martin Kaymer: Ich kann verstehen, warum die Nationalmannschaft das erste Spiel verliert. Es ist nicht immer so einfach, die Leistung auf den Punkt abzurufen. Gerade im Fußball sind wir extrem verwöhnt in Deutschland, da sollte man vielleicht mal einen Gang zurückschalten. Es liegt ja nicht daran, dass sie es nicht wollen oder am Trainingsfleiß. Alle sind davon ausgegangen, dass wir die Mexikaner 3 oder 4:0 „weghauen“. So einfach ist das nicht. Ich gehe auch nicht auf den Platz und schieße direkt eine 66. Es wäre schön, wenn das passiert, aber davon sollte man nicht ausgehen.
Golf Post: Wer wird Weltmeister?
Martin Kaymer: Belgien ist ein bisschen unterm Radar, sie sind mein Geheimtipp. Favorit ist natürlich Deutschland, wenn sie sich sammeln und ihre Leistung abrufen können.
Das Interview führten Robin Bulitz und Tobias Hennig