Das Leistungstief des deutschen Golfstars war in den vergangenen Wochen Thema Nummer eins bei Fans und Kritikern. Einige vermuten ein mentales Tief, andere sehen seine neue Technik als Problem. Doch was bedeutet ein „neuer Schwung“ bei Martin Kaymer?
Weniger Fade, mehr Draw
Der ehemalige Weltranglistenerste spielte jahrelang einen Fade, bei dem der Ball mit einer Links-Rechts-Kurve geschlagen wird. Mit diesem Stil hatte er großen Erfolg, gewann unter anderem die PGA Championship. Jedoch zeigte sich, dass Kaymer auf einigen Plätzen immer wieder Probleme hatte, da sein Spiel nicht zum Platzdesign oder zur Fahnenposition passte. Experten rieten ihm zu einem Stilwechsel: Der Draw, eine Rechts-Links-Kurve des Balles nach dem Schlag, sollte Deutschlands Ausnahmegolfer mehr Variation und Länge in sein Portfolio bringen. Er sei dann auch in der Lage, ein universalerer Golfer zu werden.
Experten sind sich uneinig
„Es ist es aus meiner Sicht Unsinn, gegen die natürliche Bewegung eines Spielers anzukämpfen und ihn in eine Art Schwungkorsett zu pressen“, denkt hingegen Erik Mölbert, Diplom-Sportwissenschaftler und Amateurgolfer (Hcp: -2). „In der Geschichte des Golfsports haben Spieler wie Colin Montgomery und K.J. Choi große Erfolge mit dem Fade erzielt, und auch Martin hat in der Vergangenheit damit große Siege eingefahren.“ Zudem verweist er auf Topgolfer Tiger Woods, der nach seinem Trainerwechsel ganz ähnliches durchmachte und derzeit wieder oben mitspielt.
Mölbert hatte vor einigen Jahren selbst eine Schwungumstellung. „Jeder Sportler weiß, dass es sehr lange dauert ein Bewegungsmuster zu etablieren. Demnach ist es ein langwieriger Prozess, der bei Kaymer bereits im Winter begann“, so Mölbert. Die alte Technik wird aufgebrochen, das Bewegungsmuster peu à peu durch das Neue ersetzt. Das führt kurzfristig zu einer Vermischung, und es ist schwierig, gegen den natürlichen Bewegungsablauf anzukämpfen und aus seinem alten Schlagrhythmus auszubrechen. Dies würde auch Kaymers derzeitige Form erklären, da sich der Deutsche noch im Stabilisierungsprozess befindet. „Bei Kaymer führte dies zu enorm viel Stress, Verunsicherung und einer Zunahme von Fehlschlägen“, beschreibt Mölbert die Situation von Deutschlands bestem Golfer.
"Kontrollierter Fade für den Ryder Cup"
Kaymer hat sich in den vergangenen Wochen auf sein Training konzentriert und riskierte dafür sogar die Ryder-Cup-Teilnahme. Mölbert findet diese Entscheidung richtig. „Martin besitzt genug Eigenmotivation, um sich beim Ryder Cup Team ordentlich zu präsentieren und sich nicht zu blamieren. Er sollte die Zeit jetzt zur Schwungstabilität nutzen und seinen soliden, kontrollierten Fade spielen. Back to the roots eben und gemeinsam mit einem klasse europäischen Ryder-Cup-Team den US Boys zeigen, wo der Hammer hängt.“