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Panorama

Deutscher gründet Golf-Akademie in Florida: „Wir kreieren ein Einhorn“

12. Dez. 2023 von Peter Marx in Köln, Deutschland

Gründer Gregor Tilch neben Profi-Golferin Polly Mack (links) sowie der Blick auf das Grün der 12. (Foto: Golfclub Stolper Heide/ Golfclub Rio Pinar)

Gründer Gregor Tilch neben Profi-Golferin Polly Mack (links) sowie der Blick auf das Grün der 12. (Foto: Golfclub Stolper Heide/ Golfclub Rio Pinar)

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Mit Fabelwesen hat Gregor Tilch nur dann etwas zu tun, wenn er mit seinen Kindern spielt. Ansonsten wirkt der 44-Jährige sachlich und alles andere als ein Träumer oder Märchenerzähler. Das ändert sich allerdings, sobald das Gespräch auf Golf, Golfschulen und Golfplätze in Deutschland kommt. "Ich musste was ändern", sagt er frustriert. So war sein Traum von einem eigenen Golfplatz zunächst nicht mehr "eine fixe Idee". Erst die Bekanntschaft mit dem Besitzer eines Golfplatzes in Florida veränderte die Situation. Zügig sammelte Tilch Investoren, die den Kauf des legendären Golfclubs Rio Pinar in Orlando ermöglichten. Das Florida-Abenteuer kostete ihn bislang "alles, was ich hatte".

Die Geburtsstunde einer Golf-Akademie mit höchsten Qualitätsansprüchen

Das Ziel von Tilch, dem ehemaligen Head-Coach des Berliner Golfclubs Stolper Heide: Er will in Orlando einen Golfclub samt Akademie aufbauen, wie es ihn in dieser Form nicht gibt und in Deutschland nie geben wird. Tilch: "Wir können hier in Orlando eine Akademie so darstellen, dass wir höchsten Qualitätsansprüchen genügen." Eben ein "Einhorn" unter den Golfclubs – und Schulen in den USA, findet er.

Die Gründe für den Umzug nach Florida liegen für ihn auf der Hand. "Die Akademie in Stolpe hat viel Spaß gemacht, war jedoch wirtschaftlich nicht erfolgreich." Er ergänzt: "sportlich schon". Mit den Damen- und Herrenmannschaften von Stolpe gelangen ihm Aufstiege in die zweite und erste Golf-Bundesliga. Tilch: "Golf als Leistungssport wird in Deutschland gesellschaftlich noch immer nicht anerkannt und auch das Schulsystem ist nicht hilfreich." Dazu komme noch das Wetter, so der Golflehrer, und die Qualität der Grüns. "Sie haben nur vier bis fünf Monate im Jahr eine gute Qualität." Dies führe dazu, meint Tilch, dass es nur "wenige wettbewerbsfähige Golfanlagen in Deutschland gibt".

Der Golfclub Rio Pinar hat in den Vereinigten Staaten Legenden-Status. 15 Autominuten vom Flughafen entfernt liegt der Golfplatz am Rande von Orlandos Vorstadt Rio Pinar. Der Club wurde 1957 gegründet und war der ursprüngliche Austragungsort der Florida Citrus Open, einem PGA Tour-Turnier, das einige der größten Golfer wie Arnold Palmer oder Lee Trevino gewannen. Insgesamt war der Platz von Rio Pinar der Austragungsort von 17 Tour Events, darunter auch mehrere LPGA-Turniere der Frauen mit den Stars Patty Sheehan und Beth Daniel. Rio Pinar galt von 1966 bis 1982 als der bedeutendste Golfplatz des Staates Florida, lange bevor auf den neuen Golfplätzen von Bay Hill und Walt Disney World hochkarätige Tour-Turniere veranstaltet wurden. Der Golf und County Club Rio Pinar konnte bei dieser Entwicklung nicht mithalten, geriet aus den Schlagzeilen.

Tilch lernte den Golf und County Club Rio Pinar erst 2019 kennen als er zum wiederholten Male mit seiner Familie in Orlando Urlaub machte. In dieser Zeit beschäftigte er sich erstmals mit der Frage, ob sich ein Umzug nach Florida lohnen würde. Doch "das Thema Umzug war schnell abgehakt". Trotzdem war er der Faszination dieses historischen Golfplatzes erlegen. Was dazu führte, dass er in den folgenden Jahren als Co-Bundestrainer - zuständig für die deutschen College-Golfer in den USA - DGV-Lehrgänge und Trainingslager durchführte. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die heutige Profi-Spielerin Polly Mack und die Brüder Marcel und David Rauch, die er schon in seinem Berliner Club trainiert hatte. In dieser Zeit lernte Tilch die Eigentümer von Rio Pinar kennen. Als der gebürtige Berliner Anfang 2023 erfuhr, dass der Club verkauft werden sollte, griff er zu. 9,4 Millionen Dollar wurden damals als offizieller Kaufpreis aufgerufen. "Es wurde weniger bezahlt", ergänzt der Golflehrer, der mehrere Jahre professionell unter anderem auf der Challenge-Tour gespielt hat. Nach einer Verletzung entschied er sich für die Trainerlaufbahn. Die schnelle Entscheidung für Florida, so Tilch, lag am Timing. Es "passte". Seither ist er Präsident der Betreibergesellschaft. Der Platz selbst gehört einer neu gegründeten Holding-Gesellschaft. Der Schwerpunkt liegt für ihn jedoch auf der Golf-Akademie, die er als Headcoach betreut. Neben Polly Mack trainiert er noch weitere Top-Spielerinnen wie beispielsweise Sophie Hausmann.

Seit den 80er Jahren verlor der damals halbprivate Golf und Country Club Rio Pinar an Bedeutung. Heute gibt es ein halbes Dutzend Golfplätze in und um Orlando, angeführt von dem privaten Lake Nona Golf und Country Club, der Arnold Palmers Bay Hill & Lodge oder dem öffentlichen Shingle Creek Golf Club.

Bezahlbare Mitgliedschaften

Im Januar wird der Golfclub unter der Ägide von Tilch eröffnet. Bis dahin soll der Platz, der 1959 von Mark Mahannah entworfen und 1995 von Lloyd Clifton umgestaltete worden ist, neu erstrahlen. Fairways werden derzeit überarbeitet, die zwei Restaurants renoviert und die Range mit Flutlicht und Trackman-Technik versehen. Dazu die neuen Fitness- und Indoor-Studios. Alle überdachten Abschlagsplätze sind klimatisiert. Der Golfplatz selbst biete jetzt, meint Tilch, "alle Möglichkeiten, sehr gut zu trainieren". Nach seiner Darstellung können er und seine drei angestellten Golflehrer hier sogar Gruppen betreuen, ohne das individuelle Training zu vernachlässigen.

Die Nutzung von Trackman-Technik oder die Verfügbarkeit eines Fitnessstudios ermöglichen bestmögliche Förderung. (Foto: Golfclub Rio Pinar)

Die Nutzung von Trackman-Technik oder die Verfügbarkeit eines Fitnessstudios ermöglichen bestmögliche Förderung. (Foto: Golfclub Rio Pinar)

Die erste Entscheidung von Tilch: er änderte den Namen des Clubs. Statt Country und Golf Club heißt es nun nur noch Rio Pinar Golf. Für ihn ist das nicht nur eine Image-Frage, sondern eine "direkte Abgrenzung zu den luxuriösen und teuren Clubs in der Nachbarschaft". Tilch: "Hier fahre ich mit meinen Kindern Antonia und Ben an einem tollen Championship-Platz vorbei, aber ich werde ihn nie spielen, weil ich kein Mitglied bin." Und Mitgliedschaften sind teuer. Eine Aufnahmegebühr von 100.000 Dollar und ein jährlicher Beitrag von 25.000 Dollar gelten in Orlando als angemessen. Die zweite auffallende Veränderung im Club: Der große Swimmingpool in der Form von Florida, den man aus dem Flugzeug sehen konnte, wurde zugeschüttet. Heute ist der Pool das vermutlich größte Putting-Green Floridas, eine Idee seiner Ehefrau Jessika.

Tilchs neuer Club bietet eine Vielzahl von Mitgliedschaften an. Die preiswerteste Variante beginnt bei 400 Euro und erlaubt nur Golfspielen unter der Woche. Wer jedoch Fitnessstudio, Prime-Time Tee-Zeiten oder Vorbuchungsrecht und andere Gimmicks haben will, der muss auch mehr bezahlen. Der Preis der Mitgliedschaft steigt so schnell auf 650 Dollar pro Monat. Der Chef der Betreibergesellschaft: "Die Jahresgebühr liegt bei durchschnittlich 7.500 Euro." Im Vergleich zu den anderen Golfclubs in Orlando ist das aus Sicht von Tillich "günstig". Die Greenfee-Kosten sind gestaffelt: In der Vorsaison 35 Dollar unter der Woche, in der Hauptsaison 100 Dollar.

Herausforderung für Anfänger und Profis gleichermaßen

Der Golfplatz wird in allen Beschreibungen gelobt für die Qualität der Fairways, von denen die meisten von Bäumen eingerahmt sind. Das Routing der Bahnen wird von amerikanischen Golfspielern als "Old School" beschrieben, mit kurzen Abständen zwischen Grüns und den Tee-Boxen. Zitat aus einer Beschreibung: "Das Letzte, was sie wollen, ist, den Platz mit dem Geräusch und Bild ihres Balles zu verlassen, der von mehreren Baumstämmen abprallt." Oder wie es Gregor Tilch ausdrückt: "Bei diesem Parkland-Kurs musst du beide Flugkurven schlagen können und sehr smart spielen."

Durch die neuen Umbaumaßnahmen ist der Platz signifikant länger geworden: von 7.001 Yard/Par-72 auf 7.450 Yard/Par-71. Was wiederum für Tilch bedeutet: "Wer hier spielt, muss Driven können." Und das präzise, denn die Fairways sind schmal. Um durchschnittliche Golfer nicht abzuschrecken, sind auf fast jeder Bahn sechs T-Boxen. Langfristig geplant sind acht Boxen. Damit will Tilch gewährleisten, dass weiterhin Omas mit Enkeln in Rio Pinar problemlos zusammenspielen können. Er nennt es das "Familienspiel gewährleisten". Auf die Frage, was das Signature Hole auf seinem Platz ist, fängt Tilch an zu lachen und antwortet: "eigentlich alle 18 Bahnen". Es sei schwierig eine Bahn hervorzuheben, sagt der Golf-Pro und schwärmt: "Alle Bahnen haben das gewisse Etwas." Als Beispiele nennt er die Bahn 12, ein Par-3 (circa 150 Meter) über Wasser. Er persönlich findet die Bahn 17 (Par-4, 324 Meter) "mega" und die Bahn 8 (Par-3, ab Gelb 235 Meter) bezeichnet er als "Monster". Alles sei nur eine Frage des "Könnens und des Geschmacks", betont Tilch.

Das Grün der 18 und im Hintergrund das Clubhaus. (Foto: Golfclub Rio Pinar)

Das Grün der 18 und im Hintergrund das Clubhaus. (Foto: Golfclub Rio Pinar)

Die Säulen der Golf-Akademie

Geld verdienen will Tilch auch mit seiner "Boutique-Akademie", bei der jeder Golfschüler aus dem Angebot aussuchen kann, was er braucht. Dies gilt für Profis wie für durchschnittliche Spielerinnen und Spieler. "Vater, Sohn und Tochter geht auch." Stundenzahl, Turnierbetreuung, 3D-Trainingsanalyse oder einfach nur allein oder in der Gruppe mit einem Golflehrer trainieren. "Wir bieten alles." Den Zusatz, "was gut und teuer ist…", lässt er weg. Ein Beispiel: Wer seine Kinder zu Top-Golfern ausbilden will, muss mindestens 85.000 Dollar jährlich an die Schule überweisen. Die Jugendlichen kommen in dieser Zeit bei einer Gastfamilie unter.

Nach Darstellung von Gregor Tilch kann eine Golfschule in den USA wirtschaftlich nur erfolgreich arbeiten, wenn sie mindestens 150 Schüler betreut. Dagegen sprächen jedoch zwei Punkte: die Qualität der Ausbildung und der dadurch entstehende wirtschaftliche Druck auf die Golfclubs, die dann kaum noch Abschlagszeiten für Erwachsene haben. "Das macht kein Club mit." Er sieht die Golfschulen, ob nun in den USA oder in Deutschland, zu stark abhängig von den jeweiligen Clubs. Sein Fazit: "Die Schulen sind den Clubs total ausgeliefert."

Der Geschäftsplan der neuen Schule steht auf zwei Säulen: die Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen auf der einen Seite, das Intensiv-Training mit Profis oder College-Golferinnen und -golfern auf der anderen Seite. Zwei Verbände - der chinesische und der österreichische - schickten bereits ihre Kader nach Orlando, die deutschen College-Golferinnen und -Golfer waren ebenfalls zum Training in Rio Pinar. Eine sichere Bank für Tilch bleibt die Berlinerin und LPGA-Golferin Polly Mack, die bereits mehrfach im Club trainiert hat und dafür schon belohnt worden ist. Auf der Speisekarte des Clubrestaurants steht seit neuestem das "Polly-Mack-Menü" mit viel Nudeln, Roastbeef, Tomaten, Speck und Cheddar-Käsesoße.

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