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Golf Post Premium Panorama

Golfplätze und die Folgen der Krise(n): Pflege wird noch teurer, Bauen erst recht

04. Mrz. 2022 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Die Preisspirale dreht sich: Platzpflege wird noch teurer – bauen, wie hier auf den Green Eagle Golf Courses, erst recht. (Foto: Green Eagle Golf Courses)

Die Preisspirale dreht sich: Platzpflege wird noch teurer – bauen, wie hier auf den Green Eagle Golf Courses, erst recht. (Foto: Green Eagle Golf Courses)

Disruptiv ist ein ziemliches Modewort geworden: Es herrschen disruptive, also systemzerstörende Zeiten; die Welt ist in disruptivem Zustand, ergo aus dem Gleichgewicht geraten und so weiter. Scheinbar unerschütterliche Strukturen geraten ins Wanken, jahrzehntelange Grundsätze gelten nicht mehr. Der Wandel, die Zeitenwende – als Begriff ebenfalls sehr en vogue – erfasst nahezu jeden und alles.

Die Welt im Würgegriff

Das Corona-Virus tarnt sich momentan hinter der weniger letalen Omikron-Variante, aber die Konsequenzen aus zwei Jahren Pandemie haben die Welt nach wie vor im Würgegriff – da kommt mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine die nächste Katastrophe von globaler Tragweite. Und über allem lastet die Apokalypse des Klimawandels: Sie ist noch näher als eh schon befürchtet, so der aktuelle Bericht des Weltklimarats.

Auf der Insel der Seligen

Warum die lange Vorrede? Weil wir Golfer nahezu im Wortsinn auf Inseln der Seligen leben, wenn wir unserer Leidenschaft nachgehen. Weil es wie Jammern auf sehr hohem Niveau klingt, die Folgen der Verwerfungen für das große Spiel mit dem kleinen Ball zu thematisieren. Ja, die Gesellschaft hat derzeit ganz andere Probleme, doch deren Auswirkungen machen vor dem Golfsport nicht halt – warum sollten sie auch …

Inflationsrate mit einer 5 vor dem Komma

Ganz unmittelbar merkt das jeder, der sich in jüngster Vergangenheit neue Schläger bestellt hat – zum Saisonbeginn womöglich – oder sich mit einem Grundvorrat an Bällen eindecken wollte. Doch das ist allenfalls die Spitze des Eisbergs der Auswirkungen von Rohstoffknappheit, Materialengpässen oder zäh laufenden, wenn nicht gar unterbrochenen Lieferketten, von steigenden Produktions- und Energiekosten, von einer Inflationsrate mit einer 5 vor dem Komma.

Sand gehört zu den seltenen Erden

Die daraus resultierende Problematik reicht viel tiefer, sie tangiert den Golfsport buchstäblich in seinen Grundfesten. Auf den Plätzen nämlich, in aller Kürze: Pflege wird noch teurer, bauen erst recht. Eigentlich ist das keine überraschende Erkenntnis, sondern sollte sich jedem spätestens aufdrängen, sobald er den vierrädrigen Untersatz vor einer Zapfsäule parkt oder daheim ein energiefressendes Gerät anknipst: Fairway- und Roughmäher brauchen ebenfalls Sprit oder Strom. Damit längst nicht genug. Ersatzteile sind nicht immer umgehend verfügbar; Sand gehört mittlerweile zu den seltenen Erden; Phosphat zum Düngen kommt vornehmlich aus China, wo man in Zeiten des Mangels erstmal den eigenen unersättlichen Markt bedient.

„Die Kosten für Dünger sind um 220 Prozent gestiegen; Saatgut für Festuca-Gras beispielsweise um 60 bis 70 Prozent“, bestätigt Michael Blesch, Mitinhaber der Green Eagle Golf Courses in Winsen (Luhe) nahe Hamburg. Noch Fragen?

Von Syke bis Texas

Weitere Beispiele sind Legion. Sie betreffen hiesige Golfanlagen wie den Golfclub Syke bei Bremen ebenso wie PGA-Tour-Schauplätze à la TPC Four Seasons Las Colinas in Irving  Texas, lange Jahre Gastgeber der Byron Nelson Championship. Syke hat sich im Sinne der Ressourcen-Verantwortung und des Megathemas Wassermanagement gerade eine neue Beregnungsanlage „gegönnt“ und musste zwischen erster Angebotseinholung und finaler Order eine Preiserhöhung von 30 Prozent hinnehmen: „Den wirtschaftlichen Spielraum muss eine Golfanlage erst mal haben“, sagt Dr. Reinhard Koss, vereidigter Sachverständiger für die Wirtschaftlichkeitsbewertung von Golfanlagen und Geschäftsführer von Sykes Betriebs GmbH & Co. KG.

Flex-Rohr in der Preisspirale

Las Colinas wiederum benötigte und bestellte im Februar vergangenen Jahres einen mechanischen Holzspalter, nachdem ein Wintersturm etliche der alten Eichen auf dem Gelände gefällt und die Gehölze gefleddert hatte – vor zwei Monaten wurde das Gerät endlich geliefert.

Apropos Aufschläge: Blesch der Baumeister, der am Rand der Lüneburger Heide gerade den Süd Course von Green Eagle umkrempelt und demnächst seinen neuen West Course realisiert, kann ein Lied von der Kostenspirale singen. Das flexible PE-Rohr für die Wasserzufuhr im Beregnungssystem hat sich je nach Durchmesser im Preis verdoppelt bis verdreifacht, für den laufenden Meter „110er“ sind mittlerweile 21 statt 9 Euro fällig. Der Meter Erdkabel – Computersteuerung, Pumpen etc. brauchen halt „Saft“ – ist 30 bis 40 Prozent teurer geworden.

Range-Bälle als rares Gut

Wohl dem, der angesichts grassierender Inflation bei Baustoffen etliche Teiche im Konzept hat, deren Aushub sich bestens für die Modellierung der Spielbereiche verwenden lässt. Und wer genug Wasserflächen hat, dem mangelt es auch nicht an Rangebällen, die zwischenzeitlich ebenfalls ein rares Gut geworden sind. „Wenn ich unsere Gewässer auspumpe, kriege ich bestimmt eine halbe Million ,Lake Balls’ zusammen“, grinst Blesch.

Die Golfer und ihr „Sportsgeist“

Bis zu knapp einem Euro pro Stück haben die Übungsmurmeln im Einkauf schon gekostet – wenn überhaupt welche zu kriegen waren, hat York Stolte, der Manager des GC Syke, neulich noch erzählt. Manche Anlagen halfen sich mit dem Ankauf von Standard-Spielbällen, hatten freilich den „Sportsgeist“ einiger Golfer unterschätzt, die sich über das Schnäppchen freuten, am Automaten für lediglich zwei Euro mindestens ein Dutzend Bälle zum Verballern auf der Runde ziehen zu können. Das darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben.

Improvisationskunst versus Golf-Boom

Jedenfalls, und dies als Fazit, sind die ohnehin selten simplen Aufgaben von Managern und Head-Greenkeepern in diesen disruptiven Zeiten noch komplexer, noch anspruchsvoller geworden. Während sich draußen die Golfer drängeln, die Zahl der gespielten Runden förmlich explodiert und das Spiel als Krisen-Gewinner generell einen Boom erlebt, beschäftigten sich die Verantwortlichen neben dem alltäglichen Wahnsinn mit Kaffeesatzleserei und Improvisationskunst, jonglieren mit Zeitplänen und Budgets:

Wann, was, wieviel und zu welchem Preis?

Was brauchen wir überübermorgen, wann bestelle ich wieviel mit welchem Vorlauf und zum richtigen Zeitpunkt, wie verändert sich der Markt, besteht dann überhaupt noch der heute scheinbar evidente Bedarf? Und vor allem: Wie entwickelt sich der Preis? Auch diesen Spannungsbogen sollten wir Golfer fürderhin zu würdigen wissen, wenn wir unsere „Insel der Seligen“ betreten, um bloß Bälle über gefälligst makellos manikürte Wiesen zu treiben.

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