Von Köln aus mache ich mich auf den Weg in das Land, dessen Hauptstadt denselben Namen trägt und von dessen Einwohnern liebevoll ‚D’Stad‘ genannt. wird. Auf der Hinreise, die mich an Aachen vorbei durch Belgien in die Ardennen führt, frage ich mich immer wieder, warum ich den zweitkleinsten EU-Mitgliedsstaat mit seinen gut 610.000 Einwohnern bisher noch nie besucht habe. Weder beruflich noch privat hat mich der Weg bisher in unser Nachbarland geführt. Ganz zu schweigen aus Gründen des Golfens, das ich mit diesem Land so gar nicht in Verbindung bringe. Völlig zu Unrecht, wie ich schon in Kürze erfahre.
‚Letzebuergesch‘ ist offizielle Amtssprache
Als Einstieg wähle ich den Norden des Landes. Hügeliger und kurvenreicher könnte er kaum sein,
denn die Ardennen machen ihrem Ruf alle Ehre. Ich genieße die Fahrt bei strahlendem Sonnenschein durch die landschaftliche Idylle und kleinen Ortschaften. Es setzt ein Gefühl von Urlaub ein. Obwohl ich meinem Navi folge, verliere ich kurz vor der Grenze die Orientierung. An den Namen der Orte kann ich nicht erkennen, ob ich noch in Belgien, wieder in Deutschland oder schon in Luxemburg bin. Deutsch- und französischsprachige Schilder wechseln ständig ab. Beide Sprachen sind neben dem Luxemburgisch, dem Letzebuergesch, offizielle Amtsprachen.
Nicht weit hinter der belgischen Grenze gelegen, ist mein erstes Ziel ‚Eselborn‘, ein Stadtteil des hübschen Städtchens Clervaux. Hier scheint die Welt in Ordnung zu sein. Alles ist ruhig, sauber und freundlich. Wie auch in dem Vier-Sterne ‚Golf & Country Hotel‘, in dem der ‚Golfclub Clervaux‘ sein Zuhause hat. Nach Übernahme durch die aktuellen Eigentümer wurde es 2010 völlig renoviert und zu einem einladenden Domizil mit 23 modern eingerichteten Zimmern umgebaut.
Gewinnung einer neuen Zielgruppe
Die Gründung des Clubs resultierte aus der Überlegung der heimischen Hoteliers nicht nur attraktiv für Wanderer, Radfahrer und Automobil- und Motorradclubs zu sein, sondern eine neue Zielgruppe für die Region zu erschließen. Konzipiert wurde ‚Golf Clervaux‘ (www.golfcervaux.lu) 1989 von dem deutschen Unternehmen ‚Green Concept‘. Zwei Jahre später wurden dann die ersten neun Löcher eröffnet.
Heute ist es ein Par 72-Platz mit einer Länge von 6.052 m von den Back Tees. Umgeben von reichlich Wald, liegt er in absolut ruhiger, sehr hügeliger Umgebung mit schönen Aussichten. Ein Buggey ist empfehlenswert. Der Platz ist sportlich reizvoll und verfügt über äußerst unterschiedliche Löcher. Besonders in Erinnerung bleibt mir die Acht, ein relativ kurzes Par 4 (253 m von Gelb), dessen stark erhöhter Abschlag steil den Hang hinunter zu spielen ist und dessen Grün von frontalem Wasser geschützt wird. Auch die Neun, ein 355 m langes 90 Grad Dogleg links, dessen hoch gelegenes Grün vor dem Hotel endet, hat ihren Reiz.
Einziger Wermutstropfen ist die letzte Bahn. Völlig unerwartet endet die Runde mit einem 108 m kurzen Par 3. Den Erbauern stand leider nicht mehr Platz zur Verfügung. Dies ändert jedoch nichts an meinem positiven Gesamteindruck.
Sport für Jedermann
Der Club hat sich die Förderung des Golfsports und dessen Entwicklung zu einer Breitensportart auf die Fahnen geschrieben. Dem teilweise in Luxemburg noch bestehenden elitären Image wirkt man seit einigen Jahren bewusst entgegen. Eine Kooperation des Clubs mit dem Sportministerium unterstreicht dies. Das Leitmotiv ‚Golf - ein Sport für Jedermann’ wurde ins Leben gerufen und der Club 2015 zum ‚Centre National de Golf‘ erklärt. Hiermit verbunden war die Gründung einer eigenen Jugendabteilung. Das Projekt ‚Golf an der Schoul‘ startete erfolgreich. In 2018 wurden 26 Kurse mit 450 Schülern zwischen 10-18 Jahren durchgeführt. Die Greenfees sind die niedrigsten in Luxemburg, was den beschriebenen Grundgedanken des Clubs unterstreicht.
Umweltschutz wird groß geschrieben
Vor zwei Jahren hat das Management entschieden, auf natürliche Düngung umzustellen und möglichst wenig Pestizide einzusetzen. Hiermit nimmt der Club laut seiner Managerin Martine Malecki in Luxemburg eine Vorreiterstellung ein.
Aktuell verfügt ‚Golf Clervaux‘ über ca. 300 Mitglieder. Greenfee-Spieler aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich zählen zu den häufigsten ausländischen Gästen. Doch auch immer mehr Deutsche kommen hierher.
‚The View‘ bietet nicht nur tolle Aussichten
Die schöne Runde schließe ich in der einladenden Brasserie mit einem hervorragenden Menü ab. Von der Panorama-Terrasse genieße ich traumhafte Blicke auf die unterhalb gelegenen Fairways und die in der Ferne liegenden Berge. Nach dem guten Rotwein und dem abschließenden Absacker in der edlen Bar falle ich völlig zufrieden in das bequeme Bett. Schade, dass ich das ‚Espace Wellness‘ der in Clervaux gelegenen Schwester-Hotels aus Zeitgründen diesmal nicht nutzen kann. Aber wie heißt es so schön: aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Das leckere Frühstück am nächsten Morgen beendet einen gelungenen Start in ein Land, das über fünf 18-Loch-Anlagen verfügt. Ich fahre gut eine Stunde weiter in den südwestlichen Teil des Landes und tauche in eine völlig andere Golf-Welt ein. Sie befindet sich in der Mosel-Weinregion in Scheierhaff/Canach und ist nur 15 km von der Grenze zu Deutschland entfernt.
Kikuoka - Japan lässt grüßen
Wie schon der Name vermuten lässt, gibt es bei dem ‚Kikuoka Country Club‘ (www.kikuoka.lu) einen engen Bezug zu Japan. Er trägt den Namen der japanischen Gründerfamilie. Auch der Architekt Iwao Hematsu kommt aus dem Land der aufgehenden Sonne. 1991 konzipierte er den anspruchsvollen Par 72 Platz mit einer Länge von 6.419 m. Ich spiele von den gelben Abschlägen und habe 5.925 m vor mir. Dank des sandigen Bodens und der guten Drainage ist ein ganzjähriges Spielen möglich.
Bereits bei der Anfahrt zum Parkplatz gewinne ich den Eindruck, dass mich hier etwas Besonderes erwartet. Dieser wird im weiteren Verlauf meines Besuchs in anderen Clubbereichen sowie auf dem Platz bestätigt. Auf der Club-Website wird er als ‚The finest Golfclub in Luxemburg’ beschrieben, der zwischen 1999-2003 Gastgeber der European-Challenge Tour war.
Die gesamte Anlage ist äußerst gepflegt und ansprechend gestaltet. Dies trifft auf den Pro Shop, die Umkleiden, das Restaurant sowie auf den weitläufigen, hügeligen Platz zu. Auf diesem werden gute Schläge belohnt, weniger Gute sofort bestraft. Und zwar vom Abschlag bis auf die großen, ondulierten und schnellen Grüns. Verfehlt man die Fairways, ist das Rough gnadenlos. Der Platz verfügt über zwei Schleifen mit jeweils neun Löchern. Die Bahnen der Front Nine verlaufen parallel auf der westlichen Seite des Areals an einem Hang entlang, die Back Nine östlich mit einigen Höhenunterschieden.
Mich erwarten ca. 90 Bunker und Wassergefahren an vier Löchern. Die erste Herausforderung kommt gleich an der Zwei auf mich zu, ein 456 m langes Par 5, dessen Abschlag über frontales Wasser zu spielen und dessen Landezone von einem riesigen Bunker geschützt ist. Die folgende Bahn Drei, ein langes Par 3, begrenzt den Platz an seiner westlichen Seite mit dichtem Wald. Zum Abschlag der Vier, dem schwierigsten, gerade verlaufenden Loch mit einer Länge von 378 Metern, geht es etwas bergauf. So geht es im Zickzack weiter bis zur Neun.
Die Back Nine startet mit einem relativ kurzen Par 3, bei dem ich abermals frontales Wasser zu überwinden habe. Auf dem Weg zum erhöhten Abschlag der Elf passiere ich das auf dem Gelände befindliche Vier-Sterne ‚Mercure Kikuoka Golf & Spa Hotel‘. Oben angekommen, genieße ich den schönen Blick über das Areal.
Interessant ist auch die 14, an der ich den Abschlag an auf beiden Seiten befindlichem Wasser vorbeispielen muss. Im Anschluss an die 17, dem zweitschwierigsten Loch, einem 368 m langen Par 4, freue ich mich nach dem abschließenden, großartigen Par 5 auf das Bier im Clubhaus. Dies insbesondere auch deshalb, weil ich an dem teilweise von Wasser umgebenen letzten Grün trocken bleibe.
Es ist ein anspruchsvoller Championship Course, dessen Spielen mir sehr viel Freude macht. Auch bei den ca. 950 Mitgliedern ist er sehr beliebt. Wie ich von dem deutschen Directeur général Patrick Platz erfahre, kommt es nicht selten vor, dass sich zum Herrengolf bis zu 130 Personen anmelden. Über diese Zahl würden sich auch viele deutsche Clubs freuen. Vierzig Prozent der Club-Mitglieder sind Staatsbürger Luxemburg’s. Von dem Rest enfällt der Großteil auf eine Vielzahl von verschiedenen Nationalitäten aus der Europäischen Union. Der europäische Gedanke wird hier also überzeugend gelebt.
Mein Trip in das mir bisher unbekannte Golfland ist lohnenswert. Die gespielten Plätze könnten unterschiedlicher nicht sein und haben beide ihren Reiz. Ich werde wiederkommen, um auch die drei anderen Plätze sowie ‚D’Stad‘ mit ihrer Burg, dem Palast und dem hochwertigen Gastronomie-Angebot kennenzulernen.
Auch bin ich gespannt, ob und welcher einheimische Pro Luxemburg bei den Olympischen Spielen in Japan vertreten wird. Einige verfügen über ein +HCP, wie z.B. der 19-jährige Charles Weis, der zu den Hoffnungsträgern des Landes zählt und Mitglied im Kikuoka-Club ist. Vielleicht ist dies ja ein gutes Omen.
Reisetipps für Luxemburg auf einen Blick
Herr Linnenbürger, das ist eine tolle Werbung ihrerseits für Luxemburg ?? und die luxemburgische Golfgemeinschaft. Auch die Plätze des Golf und Country Clubs Christnach, Golf de Luxembourg sowie der Golf Club Grand-Ducal haben vieles zu bieten.