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Die Golfindustrie, ein „Boy’s Club“ – Wie Sexismus im Golf zum Alltag gehört

08. Mrz. 2022 von Alexandra Caspers in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Sexismus im Golfsport ist noch immer ein schwieriges Thema. (Foto: Getty)

Sexismus im Golfsport ist noch immer ein schwieriges Thema. (Foto: Getty)

Gibt man "Frauen Golf" oder "Women in Golf" bei Google ein, stehen die Chancen hoch, dass einem unter den ersten Suchergebnisse Websiten mit den "20 Hottest Women in Golf" oder die "Schönsten Frauen im Golfsport" angezeigt werden. Das heißt, dass Google, basierend auf seinen Nutzerdaten, diese Ergebnisse zum Teil als relevanter einschätzt, als die Website der LPGA Tour - ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Rolle der Frauen im Golf weiterhin thematisiert und hervorgehoben werden muss. Zum Weltfrauentag soll dieser Artikel aufzeigen, wie groß die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in der Golfindustrie noch immer ist, auf und neben dem Platz.

Sexismus im Golfsport: "Es wird sogar schlimmer"

Ein krasses und offensichtliches Beispiel für Sexismus im Golfsport ereignete sich im vergangenen Jahr: Die Aussagen des ehemaligen Trump-Anwalts Rudy Giulianis über Michelle Wie und ihr "Höschen" sorgten, zurecht, für einen Aufschrei in der Golfwelt und eine deutliche Verurteilung der Aussagen Giulianis durch die LPGA und USGA.

Andere Beispiele sind viel alltäglicher, deshalb aber nicht weniger problematisch: Dass Profigolferinnen nur einen Bruchteil von dem verdienen, was ihre männlichen Kollegen auf der PGA Tour, aber auch auf kleineren Touren erhalten, zum Beispiel. Die Golferinnen der LPGA kämpften 2018/19 um gerade Mal 17 Prozent dessen, um was die Herren spielten. 2017 war Golf laut der BBC neben Fußball und Cricket eine der drei Sportarten mit der höchsten Kluft in Preisgeldern zwischen Frauen und Männern. Es fehlt an TV-Vermarktern und Sponsoren, die willig sind, Turniere zu finanzieren. Bemühungen, die Lücke zu schließen, kommen nur langsam voran.

Während die LPGA Tour zwar an Momentum gewinnt, wirft auch die PGA Tour mit Geld nur so um sich und von dem schließen einer Lücke kann kaum die Rede sein. Selbst wenn es Nachrichten über Presigelderhöhungen bei den Damen gibt dauert es nicht lange, bis bei den männlichen Profis die Frage aufkommt, wo ihre Erhöhung bleibt. So sagte Webb Simpson in einem Interview des Golf Channels über die Steigerung des US Women's Open Preisgeldes auf 10 Millionen Dollar: "Mein erster Gedanke war 'Toll für sie'. Es ist schön zu sehen, dass der Frauensport die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient." Die Frage, was das für die Herren bedeutet, ist jedoch nicht fern. "Ich würde gerne sehen, dass es deutlich steigt", sagte Simpson kurz darauf über das Preisgeld der US Open der Herren. "Ich würde gerne sehen, dass es sich verdoppelt."

Die britische Profigolferin Mel Reid sagte in einem Gespräch mit dem Independent 2019 zwar, dass sie akzeptiert habe, dass Golferinnen wahrscheinlich nie die gleiche Bezahlung erhalten werden, meinte aber auch, dass der Sexismus in der Branche "sogar schlimmer wird." Während frischgebackene, männliche Profis reihenweise Equipment zur Verfügung gestellt bekämen, habe sich nicht nur Reid selbst mehrfach von Herstellern erklären lassen müssen: "Wir unterstützen kein Damengolf." Selbst die Olympia-Goldmedaillengewinnern und siebenfache Majorsiegerin Inbee Park habe ihre Schläger 2018 bei einem der größten Schlägerhersteller zum Selbstkostenpreis erwerben müssen. "Bei dem besten männlichen Golfer der Welt ist das undenkbar", so Reid.

Golfindustrie = "Boy's Club"

Doch der Sexismus geht weit über das Profigeschehen hinaus und ist in der gesamten Golfbranche verbreitet, nicht zuletzt weil er auch in der Gesellschaft alltäglich ist. So veröffentlichte die Washington Post 2021 einen ausführlichen Artikel, in dem ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen des Golf Channels die sexistische und misogynistische Arbeitsatmosphäre im Sender anprangerten.

Der Artikel thematisiert unter anderem Frauen, die weniger Bezahlung und auch weniger Möglichkeiten erhalten, sich für Beförderungen zu empfehlen als ihre männlichen Kollegen. Frauen, die trotz guter Leistungen gefeuert oder benachteiligt wurden, nachdem sie sich über das abwertende Verhalten männlicher Kollegen beschwert hatten, bis hin zu sexuell expliziten Emails, die Frauen von ihren Vorgesetzten erhielten.

Zusätzlich zieht sich die fehlende Unterstützung für die Frauen, die diese Missstände zur Sprache brachten, durch den Artikel. "Ich wollte daran glauben, dass der Golf Channel mich, das Opfer, unterstützt", sagte die freiberufliche Produktionsassistentin, die eben jene sexuellen E-Mails von ihrem Boss erhalten hatte. "Aber das Gefühl wurde mir nicht gegeben. Ich habe mich mehr gefühlt, als stünde ich vor Gericht." Selbst als Molly Solomon als erste Frau den Posten des Executive Producer bei einem amerikanischen Sportnetwork übernahm, und laut eigenem Statement danach strebte, "eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der Inklusion, Chancen und Excellence wertgeschätzt werden", habe sich das Verhalten der Männer nicht geändert.

"Es ist ein Boy's Club", sagte Laura Laytham, die von 2018 bis 2020 als Director of Product and Technology für den Sender tätig war und sich ebenfalls über die Diskriminierung beim Golf Channel beschwerte.

Der Artikel der Washington Post macht vor allem eines deutlich: Es liegt nicht nur an einzelnen Übeltätern. Selbst wenn diese zur Verantwortung gezogen werden, die Kultur, die dieses Handeln ermöglicht, bleibt bestehen. Diese Kultur wird auch bestehen bleiben, solange bei Vorgesetzten der Eindruck entsteht, dass eine Frau, die sich über die negativen Äußerungen ihres Kollegen beschwert, "mangelndes Engagement für ihren Job" zeige, obwohl es bei bisherigen Bewertungen keinen Grund zur Beanstandung gab - und ihr daraufhin gekündigt wird. Diese Kultur bleibt bestehen, solange sich Michelle Wie unter ihrem Statement zur Anekdote Giulianis auf Twitter von Männern erklären lassen muss, dass sie doch einfach eine Hose hätte tragen sollen und damit die Schuld auf Wie abgewälzt wird, während Giulianis Verhalten komplett entschuldigt wird.

"Männer können es nicht aus der gleichen Perspektive verstehen."

Und diese Kultur wird dadurch gefördert, dass Frauen in der Golfindustrie so gut wie nicht vorhanden sind. So sind weltweit knapp 25 Prozent der Golfspieler weiblich, in der gesamten Branche um den Golfsport herum wird der Anteil der Frauen jedoch verschwindend gering. Deutschland steht mit 36 Prozent (European Golf Participation Report, 2021) im europäischen Vergleich zwar an der Spitze, was Golferinnen angeht, aber auch hierzulande fehlt es dramatisch an Golfclubmanagerinnen, Golflehrerinnen, Greenkeeperinnen und Golfplatzarchitektinnen. Dazu ein paar Zahlen und Fakten: Frauen an der Spitze deutscher Golfclubs sind noch immer die Ausnahme. Seit 2020 gibt es die erste weibliche Doppelspitze in einem deutschen Golfclub, dem GC An der Pinnau. 2021 absolvierten 31 Herren und nur zwei Damen die Golflehrer-Ausbildung der PGA of Germany. Stand 2019 waren nur zwei Frauen Mitglied des Europäischen Instituts der Golfplatz Architekten. Laut einer Studie des Greenkeeper Verbands Deutschland e.V. (GVD) waren 2013 gerade Mal 4,5 Prozent der Greenkeeper weiblich, weit weniger als in vergleichbaren Berufsfeldern wie dem Garten- und Landschaftsbau. Fazit: Auch in Deutschland ist die Golfwelt ein "Boy's Club".

Um diese Strukturen durchbrechen zu können, ist ein wichtiger Punkt, Frauen stärker in Führungspositionen zu fördern. LET-Spielerin Meghan McClaren sagte es in einem Interview mit SkySports über Ungleichheit in Golfsport ganz richtig: "So gut es Männer in dieser Situation manchmal auch meinen, können sie es nicht aus der gleichen Perspektive verstehen." Frauen sichtbarer in entscheidungstragenden Positionen zu machen, ist nicht nur wichtig, um für Frauen allgemein eine akzeptable Arbeitsumgebung in der gesamten Golfindustrie zu schaffen, sondern gleichzeitig auch, um mehr Frauen zum Golfsport insgesamt zu bringen. Die Anwesenheit von Frauen beispielsweise im Clubmanagement oder unter den Golflehrern sowie das Einbringen weiblicher Perspektiven in die strategischen Entscheidungen des Clubs können eine stärkere Anziehungskraft auf Nachwuchsgolferinnen sowie neue weibliche Mitglieder ausüben, die häufig insbesondere den sozialen Aspekte des Clublebens schätzen.

Gleiches gilt beispielsweise auch für Profiturniere, die insbesondere Kinder für den Golfsport begeistern können. Während es dieses Jahr Profiturniere der European Tour, Legends Tour und Challenge Tour in Deutschland gibt, macht die Ladies European Tour hierzulande jedoch nicht Halt.

Doch alles muss man nicht schlecht reden. Der Golfsport insgesamt hat in den letzten Jahren durchaus Schritte in die richtige Richtung gemacht. Golfclubs wie Augusta, St. Andrews und Muirfield, die ihre reinen Männerclubs aufgelöst und Frauen unter ihren Mitgliedern aufgenommen haben. Justin Rose setzte sich mit der Rose Ladies Series persönlich dafür ein, Golferinnen eine bessere Plattform zu ermöglichen. Das Augusta National Women's Amateur ermöglicht Nachwuchsgolferinnen, eine "heilige Stätte" des Golfsports zu erleben. Die European Tour strengt gemischte Turniere an, die männlichen und weiblichen Profis die gleiche Aufmerksamkeit geben sollen. Annika Sörenstam ist zur Präsidentin der International Golf Federation (IGF) gewählt worden. Die LPGA Tour hebt die Preisgelder auf ein Rekordniveau an und vergibt in der Saison 2022 zehn Millionen Dollar mehr an die Spielerinnen als noch im Vorjahr. All dies sind wichtige Signale auf einem Weg, der jedoch noch sehr lang ist und das nicht nur im Golfsport.

Der Artikel wurde 2021 erstmals veröffentlicht und aus aktuellem Anlass aktualisiert.

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