In US-amerikanischen und deutschen Golf-Medien wird über eine grundsätzliche Umstrukturierung des Sports diskutiert. Fakt ist, dass ein Generationenwechsel in beiden Ländern ansteht. Die Bedeutung der so genannten Baby-Boom-Generation ist für beide Golfmärkte immens. Genauer gesagt, Golfer zwischen 55 und 70 Jahren sind hier und in den USA das Fundament der Golfindustrie und das Rückgrat fast jedes Golfclubs.
Der Baby-Boom begann in den USA zehn Jahre früher als in Deutschland und hielt genausolange an. Die geburtenstarken Jahrgänge begannen dort direkt nach dem zweiten Weltkrieg, in Deutschland erst mit dem „Wirtschaftswunder“ Mitte der 1950er Jahre und beide endeten mit dem „Pillenknick“ in den 1960er Jahren.
50+ das Rückgrat des Golfs
Da das Renteneinstiegsalter in den USA bei 66 bzw. 67 Jahren liegt, ist der Umbruch dort seit rund fünf Jahren im Gange. Bei uns gehen die ersten Baby-Boomer im kommenden Jahr in Rente. Zunächst haben diese Golfer natürlich viel mehr Zeit für ihren Sport. Diese Zeit ist aber anders strukturiert und immer noch begrenzt. Kurz – ihr Spielverhalten ändert sich drastisch. In den USA wird bereits eine deutliche Veränderung der Kursnutzung festgestellt. Denn Rentner spielen nicht am Wochenende oder in anderen teuren Prime-Time-Slots, sondern gerne auch vormittags unter der Woche. Ein Abendessen oder Alkoholgenuss im Clubhaus fallen dann oftmals aus. Und so steckt sowohl großes Potential als auch Gefahr in diesem Wandel, der seinerseits Veränderungen von Clubs und Markt einfordern wird.
In den USA nennt man die Masse der Baby-Boom-Golfer, die im besten Alter auf die Fairways drängen, teilweise „gray wave“ (graue Welle). Doch man muss sich bewusst machen, dass diese Welle in den USA in 10-15 Jahren, in Deutschland in rund 20-25 Jahren verebben wird. In den USA rechnet man bereits in 10 Jahren mit rund 4,5 Millionen weniger Golfern dieser Generation und sorgt sich zu Recht um die Zukunft. Doch der amerikanische Markt hat einen entscheidenden Vorteil. Er ist attraktiv für Spieler jüngerer Generationen und versteht es sie zu binden.
Zahlen erstmals rückläufig
Der Nachwuchs in Deutschland wird das Wegfallen der Baby-Boom-Generation aber keineswegs kompensieren können. Nach dem kleinen aber konstanten Wachstum der letzten Jahre, ist die Zahl der Golfer in Deutschland (2017 zu 2018) zum ersten Mal rückläufig.
Wen verwundert es denn, wenn Markt und Clublandschaft auf Mitglieder und Kunden zwischen 55 und 70 Jahren ausgerichtet sind. Zahlungskräftig, bodenständig, d.h. ortsgebunden, und mit Interesse an Vereinsstrukturen. Doch Deutschlands Golfplätze sind nicht ausgelastet. Weder Mitglieder, noch Gastspieler schaffen es allein durch ihr Spiel alle Anlagen rentabel zu halten. Also wie lange geht die 50+ Rechnung noch auf?
DGV-Präsident Claus Kobald sieht jedenfalls noch keine Möglichkeit einer Reaktion: "Grundsätzlich sehen wir uns da gut aufgestellt und die Entwicklung in 10-15 Jahren muss man bedenken, aber wir können da jetzt noch keine Maßnahmen ergreifen", erklärte er im Gespräch mit Golf Post. Die Entwicklungen würden zu rasant werden, um sie heute zu überblicken.
Also formulieren wir es andersherum: Das derzeitige Golf und sein Marketing passen nicht zur jüngeren Generation und es ist nicht nur ein Grundlegender Wandel der Freizeitkultur, der diese Unwucht verantwortet. Auch der Wandel der Arbeitskultur trägt seinen Teil dazu bei. Junge Menschen sind nur noch selten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis angestellt und müssen häufig den Arbeitsplatz oder Wohnort wechseln. Damit ist es eigentlich eine simple Rechenaufgabe den demographischen und somit strukturellen Wandel im Golf vorauszusagen.
Die Millionen-Dollar-Frage
Und so stellt sich für den Markt die Millionen-Dollar-Frage: Zieht man sicheren Gewinn aus der Baby-Boom-Generation in der Zeit die noch bleibt oder passt man sich an die nächste Generation an?
Natürlich kann es keine einheitliche Antwort für jeden Golfclub geben, aber grundsätzlich bedeuten die demographischen Entwicklungen, dass man ein ansprechendes Umfeld für beide Generationen schaffen muss. Jeder Club muss seine Mitgliederstruktur, deren Performance und Verhalten im Auge behalten und auf das Offensichtliche reagieren.
Wenn also kein Heilsbringer in Sicht ist, überlebt der Anpassungsfähigste. Denn ein sich wandelnder Markt, in dem die klassischen Ressourcen absehbar knapp werden, regelt sich nach den Regeln eines ökonomischen Darwinismus, einer Evolutionsökonomie. Damit aus dem Wandel keine Regression wird, braucht es unternehmerische Fantasie, zündende Ideen, Mut zur Veränderung und zur Investition. Am besten frühzeitig.