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Golf Post Premium Panorama

Für ungetrübten Spaß aufs richtige Tee: Länge mit dem Eisen 5 mal 36

12. Dez. 2021 von Michael F. Basche in Köln, Deutschland - Dies ist ein Golf Post Premium Artikel

Wer seine durchschnittliche Schlagweite mit dem Eisen 5 mal 36 multipliziert, ermittelt die ideale Kursdistanz (Foto: Getty)

Wer seine durchschnittliche Schlagweite mit dem Eisen 5 mal 36 multipliziert, ermittelt die ideale Kursdistanz (Foto: Getty)

Die da oben, wir hier unten: Es ist eine immer wieder zu beobachtende, fast reflexhafte Reaktion auf die Längen-Debatte im Golfsport, dass Freizeitspieler davon nicht tangiert zu sein glauben. Stimmt sicherlich, wer kommt schon auf die Masters-Tees, von wo aus ein Bryson DeChambeau heuer Augusta National zu zerlegen gedachte? Oder auf die Champion-Abschläge im eh privaten letztjährigen US-Open-Schauplatz Winged Foot? Und selbst wenn, es geriete unweigerlich zur frustrierenden Selbstdemontage angesichts der durchschnittlichen Weiten im Amateurgolf, die unlängst beispielsweise von den Tracking-Experten bei Arccos Golf ermittelt wurden.

Materialentwicklung wirkt auch bei Amateuren

Demnach schaffen bei den Herren Zehn- bis 19-Jährige rund 214 Meter, 20- bis 29-Jährige bringen es auf 219 Meter, ab da geht es naturgemäß abwärts. Die Altersklassen 30 bis 39 und 40 bis 49 Jahre liegen noch über 200 Meter (213, 206), die 50 bis 59-Jährigen bei 197 Metern und die 60 bis 69-Jährigen bei 187 Metern. Ausgewertet wurden rund 26 Millionen Drives von Scratch- bis Handicap-25-Golfern aus dem Jahr 2019, und zwar die Distanzen vom Tee bis zum ruhenden Ball.

198,4 Meter Drive-Länge im Durchschnitt

Andere wie der US-Analyse-Guru Lou Stagner kommen nach Auswertung des USGA-Distanzreports bei den Herren generell auf einen Schnitt von 217 Yards (198,4 Meter), 2019 waren es noch 208 Yards (190,1 Meter). Wenngleich die Top-Longhitter bei den Profis um 70 bis 90 Meter weiter schlagen, sind das alles in allem durchaus beachtliche Zahlen; und gerade die Steigerung belegt auch hier den begünstigenden Faktor der Materialentwicklung bei Schlägern und Bällen.

Der guten Ordnung halber: Die Damen liegen im Gesamtschnitt bei 135 Metern vom Tee, mit Handicap 6 und weniger bei 180 Metern und mit  einer Stammvorgabe von 29 plus bei rund 110 Metern. Aber trotz „Ladies First“ soll‘s an dieser Stelle mal vorrangig um die Herren gehen. Insbesondere um deren Tendenz, sich trotz des – letztlich ja nur moderaten – Längengewinns gern zu überschätzen und das falsche Tee zu wählen.

Die ungeliebten vorderen Tee-Boxen

Egal, ob es Werte aus den USA sind, die bei Handicap 25 enden, oder ob es um hiesige Verhältnisse geht, wo das Durchschnittshandikap doch höher ausfällt: Wir Kerle markieren durchaus gern mal den starken Mann. Hand aufs Herz: Vordere Boxen sind doch was für Weicheier, oder? Erst recht, wenn dort überdies eine rote Markierung für Damen-Abschlag steht.

Gut, das war jetzt provokativ und überspitzt, aber ein bisschen Wahrheit dürfte drin stecken. Der Autor bekennt sich selbst zu dieser Hybris. Neulich noch, auf dem ziemlich beeindruckenden „Great Northern“ in Dänemark: als ihn das Hochgefühl des anstehenden Golf-Erlebnisses mit stolz geschwellter Heldenbrust erst zur „II“, dem Äquivalent für die gelben Marker marschieren ließ; er sich dann angesichts des „Bretts“ von Bahn doch auf Alter und Drive-Länge besann und weiter vorn abschlug. Prompt landeten die Bälle dort, wo das Spannungsverhältnis zwischen Landezonen und Bunkern per Design vorgesehen ist. Der Parcours war deswegen nicht einfacher, aber die Chance auf Erfolgserlebnisse gewährleistet.

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Ein "Brett": Die 6 von "Great Northern" – aber vom angemessenen Tee purer Spaß mit Erfolgschance. Foto: Michael F. Basche

„Jede Bahn muss für jeden spielbar sein“

Und nur darum geht es bei unterschiedlichen Abschlagboxen. „Jede Bahn muss für jeden spielbar sein, ganz gleich wie lang oder kurz er ist“, sagt beispielsweise Michael Blesch, Mitinhaber der Green Eagle Golf Courses in Winsen/Luhe. „Das geht am Besten über die Tee-Boxen.“ Oder anders: Nur weil die Bälle nicht bzw. nicht mehr so weit fliegen, aufgrund von Schlagfertigkeit, Alter etc., darf das Par keineswegs in unerreichbare Ferne rücken. Kürzere Drives sind keine Schande – erst recht, wenn man sieht, was ein Bernhard Langer draus macht.

Gute Golfplätze bieten dem Freizeitspieler daher gestaffelte Abschläge an, auf „vier bis sechs“ plädiert der Optimier-Fan Blesch. Diese Variabilität ermöglicht eine flexibe Gesamtdistanz des Platzes von durchaus rund 20 Prozent Diskrepanz zwischen maximaler und minimaler Längenvariante, gleichermaßen noch die ungefähre Formel für das ideale Verhältnis von Herren- und Damen-Plateaus.

Mit den „richtigen“ Abschlägen erhöht sich der Spaß

So empfiehlt es längst auch der R&A: „Auf jedem Loch sollte eine angemessene Auswahl an Abschlägen angeboten werden, damit die Spieler die Abschläge entsprechend ihren Fähigkeiten und/oder Schlagdistanzen verwenden können. (…) Das Spiel von Abschlägen, die zu den individuellen Fertigkeiten passen, verbessert nicht nur das Spieltempo, sondern erhöht auch den Spielspaß.“

Denn so, wie zu lange Abschläge die Feinheiten des Designs aus dem Spiel nehmen, kommen die Layout-Elemente bei zu kurzen Drives – sprich von einer zu weit von den Landezonen entfernten Tee Box – gleichermaßen erst gar nicht ins Spiel. Und das kann nicht wirklich der Sinn und der Reiz von Golf sein: den Platz-Features einfach nur aus dem Weg zu gehen, statt sich schlagfertig damit auseinander setzen zu müssen. Das wäre denn doch zu einfach – Autobahn-Golf.

Umwidmung nach „Skills“ oder Handicap-Gruppen

Zum Umdenken gehört laut St. Andrews überdies mindestens eine Umwidmung in „vordere“, „mittlere“ und „hintere“ Abschläge; besser noch: „Tees können nach der Gesamtdistanz benannt werden, die sich durch ihre Nutzung ergibt. Beispielsweise als ,Tee 58‘, wenn die daraus resultierende Platzlänge rund 5.800 Meter beträgt.“ Oder man sortierte die Abschläge nach Handicap-Gruppen bzw. weist aus, welche Tee-Kategorie am ehesten das individuelle Handicap berücksichtigt.

Wie auch immer: Gender-Markierungen sowie farbliche Konditionierung von Herren- und Damen-Tees gehören definitiv abgeschafft und durch eine reine Spielstärken-Firmierung fernab des Geschlechterprinzips ersetzt.

Freizeitspieler empfinden ihren Platz oft als zu lang

Dazu passt, dass etliche Manager und Betreiber beim Gespräch über das Thema Schlaglängen erzählen, ihre Mitglieder schätzten das eigene Geläuf eher als zu lang ein, sofern es sich nicht um ambitionierte Amateure mit niedrigem Handicap handelt. Doch deren Quote unter den 642.677 registrierten hiesigen Golfenden ist so gering, dass sie als Ausnahme vor allem die Aufforderung bestätigt, das Arrangement der Abschläge für den großen Querschnitt von „Skills“ jenseits der Einstelligkeit passend zu machen. Also: Weg mit den Gender-Tees und hin zur „Qual der Wahl“ von spielstärkenbasierten Abschlägen!

Realistischen Selbsteinschätzung als Basis

Bleibt nur noch die Frage nach der Ermittlung der Spielstärke, wenn Tees nicht nach Handicaps sortiert sind. Eine verlässliche Anhaltsgröße ist die durchschnittliche Länge mit dem Eisen 5. Wer die mit 36 multipliziert, hat die zur eigenen Spielstärke passenden Platz-Meter. Dafür braucht‘s bloß halbwegs exakte Mess-Möglichkeiten – und den Willen zur realistischen Selbsteinschätzung.

Diese Rechnung zugrunde gelegt, müssten Kurse für DeChambeau und Co. übrigens mindestens 7.730 Meter oder 8.500 Yards haben – was zu beweisen war …

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