Wie entwickelt sich der Golfsport in Deutschland? Claus Kobold, Präsident des Deutschen Golf Verbandes (DGV), spricht im Interview über Mitgliederzahlen, Leistungssport und finanzielle Stabilität. Wie entwickeln sich die Mitgliederzahlen in Deutschland? Welche Rolle spielen internationale Erfolge für die Wahrnehmung des Sports? Und wie soll die Balance zwischen wirtschaftlicher Verantwortung und sportlicher Förderung gelingen? Und was ist 2025 besonders wichtig?
Claus Kobold im Interview
Golf Post: Herr Kobold, Sie haben soeben die Mitgliederzahlen präsentiert, die sich leicht positiv entwickelt haben, nachdem sie letztes Jahr stagniert sind. War diese Entwicklung zu erwarten?
Claus Kobold: Wir schieben überall ganz schön an, damit wir Golf in die Mitte der Gesellschaft bringen. Und deswegen ist es schön, dass wir dieses kleine Wachstum haben, aber es ist immerhin eine Kontinuität zu erkennen. Vielleicht haben wir [beim Jahresauftakt des DGV, Anm. d. R.] mehr Augenmerk auf sportliche Erfolge gelegt als auf die Mitgliederzahlen, aber im Endeffekt ist das ja nicht der Erfolg des Deutschen Golf Verbandes, sondern von Mitgliedern, die vor Ort ihre Interessenten bedienen und zufriedenstellen, oder vielleicht manchmal nicht. Wir bieten den Rahmen und vor Ort wird Geschäft gemacht. Uns freut, dass ist ein Plus davor.
Golf Post: Seit der Corona-Pandemie gehen die Mitgliederzahlen bergauf. Damals hieß es, wichtig sei es, diese Mitglieder auch zu halten und zu binden. Ist das gelungen?
Claus Kobold: Es ist für mich immer noch persönlich eine zu hohe Zahl an Austritten von ehemaligen Mitgliedern, aber es ist ein Fluss. Von daher kann man sagen, es ist noch nicht genug gelungen und wir müssen daran arbeiten. Ich habe immer wieder gepredigt, Mitgliederbindung ist jetzt wichtig. Gerade nach Corona war das mein Credo und es ist nach wie vor wichtig.
Wir haben versucht mit Players First ein Software-Tool anzubieten, das sehr schleppend angenommen wurde. Wir würden wünschen, dass es viel mehr angenommen wird, das würde weiterhelfen eine Analyse zu betreiben. Das ist die große Aufgabe für alle Clubs und alle Betreiberanlagen: Analysen zu betreiben und herauszufinden, wo können wir mehr anbieten, wo können wir mehr unterstützen. Liegt es an den Preisen? Liegt es an den Fahrtwegen? Liegt es an der Lage und so weiter. Wie kann ich dagegen steuern, was kann ich bei Kindern und Jugendlichen anbieten, wie zum Beispiel einen Shuttle etc. Aber das muss ich den Anlagebetreibern nicht erklären, die sind Profis genug, um das selbst herauszufinden.
Golf Post: Sie sagen, durch die Analyse könne man noch viel lernen. Gibt es schon eine Erklärung, warum die Zahlen bei den 40- bis 55-Jährigen so stark zurückgehen? Woran liegt das?
Claus Kobold: Ich kann es Ihnen noch nicht sagen. Wir müssen es auswerten. Ich kann Ihnen genauso wenig auch sagen, warum wir den Zuwachs in dieser Höhe, wie es beschrieben wurde, bei den 19- bis 40-Jährigen haben. Beim nächsten Verbandstag sind wir mit Sicherheit schlauer.
DGV im Spagat zwischen sportlichen Erfolgen und der Mitgliedergewinnung
Golf Post: Sie hatten letztes Jahr im Interview mit Golf Post das Ziel formuliert, die Finanzierung des deutschen Golfsports auf gesunde Füße zu stellen. Ist das gelungen gerade angesichts der wirtschaftlichen Lage der Golfgruppe im Moment?
Claus Kobold: Ja, das ist sehr gut gelungen, und zwar einerseits weil wir ein extremes Sparprogramm aufgelegt haben, das manchmal an der einen oder anderen Stelle wehgetan hat. Bestimmte Komfortdinge sind weggefallen oder zumindest aufgeschoben worden. Förderung ist zum Teil reduziert worden. Und wir haben dadurch einen wesentlich besseren Haushalt, den wir dargestellt haben und der auch verabschiedet wurde.
Die zweite große Säule ist natürlich die Beitragserhöhung, die uns die Mitglieder Gott sei Dank gewährt haben, sodass wir mit 20 Euro pro Golfer, der ja Mitglied im Club ist, vernünftig weiterarbeiten können.
Und die Förderung des Bundesministeriums des Inneren, die heute angesprochen wurde, ist nicht zur Deckung eines Haushaltsdefizits, sondern für neue, bisher nicht stattfindende Aufgaben. Wir werden damit nichts sparen oder ausgleichen können. Das ist keine Schenkung, sondern das ist eine Verpflichtung. Die Verpflichtung besteht darin, das Geld ordentlich einzusetzen, es zu überwachen, wie es denn letzten Endes eingesetzt wird und was für Erfolge herauskommen. Wenn wir das nicht tun würden, dann sind wir gleich wieder raus aus der Firma.
Golf Post: Auch von der Beitragserhöhung sollten ein großer Teil an den Leistungssportetat gehen. Wo platziert sich der DGV in seiner Identität als Verband zwischen Leistungssportförderung und Unterstützung seiner Mitglieder?
Claus Kobold: Da machen wir immer einen Spagat. Aber keiner einer von uns hat bei diesen Olympischen Spielen praktisch etwas zu diesem für mich nach wie vor wunderbare Erfolg, den Esther Henseleit errungen hat, beigetragen. Nur das drumherum, das dürfen wir für uns im Anspruch nehmen. Und das ist die Voraussetzung dafür, dass wir erstens Förderung bekommen haben und dass wir zweitens Wahrnehmung bekommen haben. Das wiederum strahlt auch auf die Clubs aus. Da kann man wirklich sagen, alles gehört zu allem und alles hängt von allem ab.
Die Mitglieder haben auf Verbandstagen gefordert: 'Wo sind unsere Idole?' Jetzt haben wir eins. Und Helen Briem wird das nächste Idol werden, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Bei den Herren haben wir vier Spieler auf der PGA Tour. Klar wären sechs oder acht oder zehn noch besser, aber jetzt machen wir erst mal einen Schritt nach dem anderen, sonst fällt man ganz schnell auf die Nase.
Golf Post: Gibt es schon einen Olympia-Effekt im deutschen Golfsport? Was ist in der Zukunft noch als weiterer positiver Effekt zu erwarten?
Claus Kobold: Innerhalb der Leistungssportler ist das natürlich etwas, was anspornt. Die sehen, es geht. Als ehemaliger Leistungssportler weiß ich, dass man oft an Grenzen kommt, wo man sich fragt, lohnt sich das?
Jetzt haben wir eine Olympia-Silbermedaillengewinnerin, die gezeigt hat, es geht und es lohnt sich. Esther ist eine herausragende Sportlerin, aber auch mental ein bewundernswerter Mensch. Es muss ja alles passen. Wenn ich mit zitternden Händen an der 18 stehe, loche ich den Putt mit Sicherheit nicht. Aber sie ist cool, sie sagt, ich mach das. Und das alles hat Vorbildfunktion.
Von daher kann ich mir vorstellen, dass die vier Sportlerinnen und Sportler, die bei den nächsten Olympischen Spielen für uns antreten, eine viel bessere Ausgangsposition haben und sich auch selber noch intensiver darauf vorbereiten werden, als das bisher der Fall war. Der Erfolg war bisher so weit weg und so theoretisch und nur wünschbar, aber erschien nicht realisierbar. Jetzt ist es Realität und jetzt kann man nach der Wurst greifen, die da vorne hängt.
Golf Post: Im internationalen Golfkosmos wird im Hinblick auf Golfwahrnehmung viel im Bereich Entertainment diskutiert und gemacht. Wie beispielsweise die TGL, die in den USA gestartet ist oder Influencer-Events auf der PGA Tour. Ist das etwas, das im Deutschen Golf Verband diskutiert wird?
Claus Kobold: Ja, das Thema Influencer und so hatten wir auch. Wir bemühen uns gerade insbesondere durch dieses LOI mit Ucom und Esther Henseleit im Kinder- und Jugendbereich nachzulegen. Und auch die Influenzer-Maßnahmen, so will ich es jetzt mal nennen, haben wir schon mit Jörg Schlockermann durchgezogen, der damals noch Vollzeit-Kommunikationsvorstand war. Der Effekt war nicht überragend, sodass wir uns mehr auf klassische Dinge konzentrieren.
Golf Post: Alles zusammengefasst, was ist die wichtigste Aufgabe für 2025?
Claus Kobold: Die Finanzen im Griff zu behalten, um damit die sportlichen Erfolge und die Mitgliederwerbung und Bindung der Mitglieder zu unterstützen. Das ist das Credo.