Benutzt, getäuscht und nun nicht mehr gewollt: Rory McIlroy wird abseits von Fairways und Grüns – so wirkt es gerade – zum Spielball der politischen Machenschaften und persönlichen Interessenlagen bei der PGA Tour. Zwei Jahre hat der Nordire fürs Establishment beim Armdrücken mit der LIV Golf League um die Deutungshoheit im Herren-Profigolf öffentlich als Stimme des Widerstands gegen den Konkurrenz-Circuit den Kopf hingehalten. Dann wurde er zum ersten Mal vorgeführt, als Tour-Commissioner Jay Monahan und Saudi-Arabiens Wirtschaftswesir Yasir Al-Rumayyan, der Chef des mächtigen LIV-Finanziers Public Investment Fund, öffentlich den Schulterschluss probten und ihr Rahmenabkommen verkündeten. Der 35-Jährige fühle sich verraten und nach eigenem Bekunden wie ein Opferlamm, arrangierte sich aber in der Folge mit der Situation, weil es ihm zuvorderst um das Ende der Spaltung im Herren-Profigolf und um die Wiedervereinigung gingt. Getreu der Devise „Wenn du sie nicht besiegen kannst, dann verbünde dich mit ihnen“. Oder wie McIlroy es formulierte: „Ob es uns nun gefällt oder nicht, der PIF wird weiterhin Geld für Golf ausgeben. Wir haben es mit einem der größten Staatsfonds der Welt zu tun: Würden Sie den lieber als Partner oder zum Feind haben?“
Sprach’s, wähnte das Prozedere auf einem guten Weg und ließ sich im Verwaltungsbeirat der PGA Tour von Jordan Spieth ersetzen, um wieder auf seine sportlichen Ambitionen zu fokussieren. Zudem hatte er mittlerweile Al-Rumayyan kennengelernt und war von den Motiven des Saudi durchaus angetan. Doch der Pakt zwischen PIF und PGA Tour will aus vielerlei Gründen nicht zustande kommen, stattdessen arrangierte sich die Tour mit dem Konsortium amerikanischer Sportunternehmer namens Strategic Sports Group (SSG). Wenngleich „Rors“ mit deren Frontmann John W. Henry von Fenway Sports eng verbunden ist und auch zu dessen Team in der neuen, von McIlroy und Tiger Woods ins Leben gerufenen Indoor-Sause TGL gehört, sah er die Konzentration der Tour auf SSG mit Sorge. Vor allem, weil einflussreiche Spieler wie Spieth nun der Meinung waren, dass die neue Unternehmung PGA Tour Enterprise nunmehr ganz gut ohne den Partner PIF reüssieren könne. Das Schisma im Profigolf der Herren droht damit zum Dauerzustand zu werden, was nicht nur McIlroy als wenig nachhaltig und extrem schädlich für den Sport ansieht. Also bot er an, für den etwas amtsmüden Webb Simpson ins Policy Board der Tour zurückzukehren, „weil ich vielleicht helfen kann“.
Doch dann kam die nächste Watsch’n: Ausgerechnet bei Woods und Spieth sowie beim hinter den Tour-Kulissen sehr rührigen Patrick Cantlay stieß die Idee auf wenig Gegenliebe. Sie zeigten McIlroy die kalte Schulter und wiesen sein Ansinnen ab. Ein eigentlich ungeheuerlicher Vorgang angesichts von McIlroys Verdiensten und ein deutliches Zeichen für die Verwerfungen und die dem Ganzen wenig förderlichen Einzelinteressen innerhalb des Tour-Gefüges. Der Verschmähte sprach anschließend von verworrenen Verflechtungen, von Ressentiments und davon, dass sein Ansinnen offenbar „alte Wunden“ wieder habe aufbrechen lassen. Immerhin gab’s dann noch ein Trostpflaster, als ihm als einzigem Externen ein Sitz im neuen Verhandlungskomitee angeboten wurde, das sich aus Mitgliedern des Policy Board rekrutiert – allen voran Tiger Woods – und neuen Schwung in die Verhandlungen mit dem PIF bringen soll. Offenbar hat man auch in Ponte Vedra Beach eingesehen, dass sich Al-Rumayyan nicht düpieren und vorführen lässt – den Warnschuss mit der Abwerbung von Jon Rahm nach dem Deal der PGA Tour mit der SSG hat selbst der ungeschickt agierende „Commish“ Monahan noch in allzu schlechter Erinnerung. Soweit der Stand der Dinge.
Während Monahan das Veto gegen eine Rückkehr von McIlroy mit den Regularien begründete, die nun mal eine formelle Wahl ins Policy Board vorsähen, überbieten sich die Auguren der Szene in Spekulationen über die Beweggründe bei den drei betreffenden Spielern. Im Fall Cantlay ist die Erklärung einfach: Die beiden können sich schlichtweg nicht riechen; für McIlroy ist „Patty Ice“ ein „Dödel“, siehe die Auseinandersetzung mit dessen Caddie Joe LaCava beim Ryder Cup in Rom. Cantlay wiederum geriert sich gern als umtriebiger Macher im Policy Board und will keine Konkurrenz. Bei Spieth liegt der Grund ebenfalls auf der Hand: Der Texaner vertritt halt die Ansicht, man brauche den PIF und dessen Geldspritze derzeit schlichtweg nicht. McIlroy hat keinen Hehl daraus gemacht, dass er dies für zu kurz gedacht und riskant hält. Trotz einer angeblichen Aussprache knistert es seither selbst auf dem Platz, wenn McIlroy und Spieth gemeinsam unterwegs sind.
Was Woods betrifft, eigentlich ja Freund und Geschäftspartner von McIlroy, ist die Gemengelage deutlich komplexer. Wiewohl McIlroy betont, man habe wohl etwas unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich der Zukunft des Golfsports, habe indes über alles gesprochen, und das Verhältnis der beiden sei keineswegs angespannt, scheint dem eher abwartenden und sicherlich nicht PIF-freundlichen Tiger McIlroys Spagat mit der Nähe zu Henry und dem Verständnis für Al-Rumayyan nicht geheuer zu sein. Zumal McIlroy mit diesen Voraussetzungen und der langjährigen Erfahrung in den Gremien der PGA Tour ein idealer Verhandlungsführer wäre, der alle drei Seiten kennt und daher ausbalancieren könnte. Woods’ Selbstverständnis hingegen ist ein völlig anderes – nicht von ungefähr ließ er vor einiger Zeit Al-Rumayyan und die Spieler im Policy Board zur Audienz auf den Bahamas antreten. Alle drei, Woods, Spieth und Cantlay, eint überdies, dass sie McIlroys Vision von einer globalen Elitetour wenig abgewinnen können, die ja auch LIV-Impresario Greg Norman, sein Geldgeber Al-Rumayyan und Spieler wie Bryson DeChambeau oder Phil Mickelson etablieren wollen. Sie sind an den internationalen Märkten wenig interessiert und wollen am liebsten in den USA bleiben.
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Irgendwie erscheint McIlroy gerade wie eine eher unglückliche Figur, die mit all ihren guten Absichten im Maschinenraum der PGA Tour unter die Räder gekommen ist. Das hat, bei allem Respekt vor den jüngsten Erfolgen bei der Zurich Classic mit Shane Lowry und dem gestrigen vierten Gewinn der Wells Fargo Championship, im sportlichen Bereich eine Parallele: Denn diese Woche steht die PGA Championship in Valhalla an; dort gewann der Hochtalentierte vor nunmehr zehn Jahren das bislang Letzte seiner vier Majors. Rory McIlroy, der tragische Sieger.
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Pepperell bricht Lanze für „Rors“
Ernüchternd: Eddie Pepperell ist ein Freund offener Worte, und auch die aktuelle Situation auf den großen Herrentouren bildet für den englischen Professional keine Ausnahme. „Wir gehen sehenden Auges dem Untergang des professionellen Herrengolf entgegen, weil viele Spieler Entscheidungen treffen, die für sie selbst am besten sind, ohne an das große Ganze zu denken“, sagte der 33-Jährige imm Gespräch mit dem Magazin „National Club Golfer“ und brach eine Lanze für Rory McIlroy und sein Umdenken in Sachen PIF und im Sinne einer Wiedervereinigung: „Rory ist in der Lage, das ganze Bild zu sehen, die großen Zusammenhänge. Er hat mal gesagt, dass er dazu beitragen will, die PGA Tour irgendwann in einem besseren Zustand zu verlassen, als er sie vorgefunden hat. Ich wünschte, es gäbe mehr Spieler, die so fühlen und sich nicht bloß um ihre Bankkonten kümmern und wie sie sich die Taschen füllen können. Sie sehen nicht das große Ganze, und das löst sich gerade vor unseren Augen auf.“
Aurora Borealis über St. Andrews und Co.
Farbenspiel: Experten sagen, der Sonnensturm in den vergangenen Tagen sei der heftigste seit 20 Jahren gewesen. Auf Erden hat das für ein Spektakulum am Firmament gesorgt, das bis in Breiten hinabreichte, wo Aurora Borealis normalerweise nicht mehr vorkommt. Was man vor allem von den Lofoten Links am Polarkreis kennt, illuminierte nun sogar den Nachthimmel über dem Old Course in St. Andrews oder über Bandon Dunes in Oregon.
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Aurora Borealis oder Polar- beziehungsweise Nordlicht entsteht, wenn energiegeladene Sonnenpartikel auf das Magnetfeld der Erde treffen, wo sie dann verschiedenfarbige Lichteffekte erzeugen. Die Hauptfarbe ist grün, aber auch rot, gelb, blau und violett können vorkommen.
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Papa Scheffler bei der PGA Championship
Perfektes Timing: Scottie Scheffler hat auf den Start bei der Wells Fargo Championship verzichtet und ist in den vergangenen Tagen Vater geworden; Ehefrau Meredith hat den Nachwuchs zur Welt gebracht, über den schon während der Tage von Augusta National spekuliert worden ist.
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Was mit der frohen Kunde aus Texas ebenfalls feststeht: Der Weltranglistenerste und Masters-Champion tritt zur PGA Championship diese Woche in Valhalla an. Mal sehen, wie sich die Scheffler-Show der vergangenen Wochen beim zweiten Major fortsetzt. Die Konstellationen versprechen Spannung:
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Jiménez’ Warm-up ist ansteckend
Animateur: Die Warm-up-Routine von Spaniens Altmeister Miguel Ángel Jiménez ist legendär: Stretching, Kniekreiseln, Mehrschlägerschwünge etc. Und es ist offenbar ansteckend und animierend: Jedenfalls hat Caballero Jiménez bei seinen Leibesübungen immer mal wieder eifrige Mitmacher und Nachahmer, wie im folgenden Fundstück. Auf die beim 60-Jährigen obligatorische Zigarre haben Mutter und Tochter allerdings glücklicherweise verzichtet …
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England sagt Slow Play den Kampf an
Ansporn: Der englische Golfverband England Golf führt mit Beginn dieser Saison verschärfte Regularien zur Bekämpfung der Seuche Slow Play an. Bei allen Championaten, die unter der Hoheit von England Golf stattfinden, werden zeitlich Checkpoint eingerichtet: Die Spielgruppen müssen die Kontrollstellen nach den Löchern 4, 9 und 14 einer jeden Runde in einem vorher festgelegten Zeitraum passiert haben, andernfalls drohen Verwarnungen und Strafschläge, sofern die Trödeleien in der Folge nicht aufgeholt wird. Dabei gilt, dass die zeitliche Distanz zur Gruppe davor zwölf Minuten nicht überschreiten sollte. Bereits in der diesjährigen Testphase soll die neue Regelung „streng durchgesetzt“ werden: „Wir wollen das Spiel beschleunigen“, sagt dazu der bei England Golf für Wettspiele zuständige James Crampton: „Und wir wollen die Verantwortung viel mehr auf die Spieler übertragen – statt dass die Spieler denken, es obliege einem Schiedsrichter, sie notfalls anzutreiben.“
Bob MacIntyre: In Europa ist alles viel familiärer
Geständnis: Der Schotte Robert MacIntyre bestreitet seine Rookie-Saison auf der PGA Tour, möglich gemacht durch den Ticketdeal zwischen DP World Tour und PGA Tour für die zehn besten Europäer einer jeden Saison, sofern sie nicht eh schon die Mitgliedschaft haben. Die sportlichen Ergebnisse des 27-Jährigen sind bislang durchwachsen – 13 Starts, sechs verpasste Cuts, ein geteilter sechster Platz bei der Mexico Open –, aber eine Erkenntnis hat „Bob Mac“ in der kurzen Zeit bereits gewonnen. „Die Entscheidung war nicht schwierig, in die USA zu gehen: Die Weltranglistenpunkte, die es auf der PGA Tour zu gewinnen gibt, die finanziellen Vorteile, die Erfahrungen und die Trainingsmöglichkeiten – das kann mir alles nur nützen, wenn ich gut spiele“, sagt der Mann aus dem Westküstenstädtchen Oban: „Aber das familiäre Gefühl, das man auf der European Tour erlebt, ist hier drüben eindeutig weniger ausgeprägt.“
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Zwei europäische Scouts auf Bethpage Black
Aufklärungstrip: Ryder-Cup-Teamchef Luke Donald und sein Vize Edoardo Molinari haben schon mal Fühlung mit der nächsten Begegnungsstätte des Kontinentalwettbewerbs aufgenommen. Das Duo besichtigte Bethpage Black, das schwarze Monster vor den Toren von New York, wo Europas Equipe im kommenden Jahr die böse 9:19-Auswärtsschlappe von Whistling Straits 2021 unter Teamchef Padraig Harrington ein bisschen ausbügeln möchte. Es wird in der Höhle des Löwen nicht zuletzt darauf ankommen, was „Dodo The Brain“ Molinari für seinen Chef Donald als Strategie und Spielerpaarungen austüftelt. In Rom hat das vergangenen September bestens funktioniert, als die rostige US-Delegation am ersten Tag kalt erwischt und überrollt wurde, wovon die Gastgeber bis zum letzten Putt profitierten. Andererseits wird gewarnt sein, wer immer 2025 bei den Amerikanern Regie führt.
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„Speed-Golf“ mal anders
Zum Schluss: Der Sommer kommt. Henrik Stenson ist mal mit der Claret Jug Jetski gefahren, die er 2016 bei der Open Championship in Royal Troon nach einem dramatischen Duell mit Phil Mickelson gewonnen hat. Dieser Sportkamerad fährt offenbar per Jetski zum Golfplatz, der offenbar nah am Wasser gebaut ist. Kann man so machen …