Ok, direkt vorweg der Disclaimer: Wenngleich Journalisten zur Überparteilichkeit angehalten sind, schlägt das Schreiberherz natürlich blau in diesen Tagen der Kontinentalduelle. Zumal die Juniorinnen einen wunderbaren Einstieg in die Woche und für diesen Beitrag geliefert haben. Mit 15:9 hat das Team um Helen Briem den Ping Junior Solheim Cup gewonnen. Damit ist die Spur fürs europäische Ensemble gelegt, das in Andalusien die außerordentliche Gelegenheit hat, nach den Erfolgen von Gleneagles/Schottland 2019 und Toledo/Ohio beim Heimspiel den Hattrick perfekt zu machen.
Platz-Topografie als zusätzliche Herausforderung
Erstmals wird nun der Damenwettbewerb in Spanien ausgetragen, und der Kurs von Finca Cortesin in den Hügeln von Estepona war selbst für die meisten Proetten des Gastgebers Europa vor den Einspielrunden ein unbeschriebenes Blatt. Aufgrund der Höhenunterschiede dürften besonders die 36 Loch an den ersten beiden Tagen für die Vielspielerinnen beider Mannschaften eine zusätzliche Herausforderung darstellen. Womit man direkt bei der Kaffeesatzleserei des „Wer mit wem“ in den Vierern ist – und in punkto Belastung überdies bei Anna Nordqvist.
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Nordqvists Doppelrolle, Dryburghs Selbstbewusstsein
Die 36-jährige Schwedin ist als spielende Assistentin von Kapitänin Suzann Pettersen in einer Doppelrolle unterwegs und mit bislang sieben Einsätze die Veteranin im Team. Der dreifachen Majorsiegerin mit einer Bilanz von 14 gewonnenen, 10 verlorenen Niederlage und 3 geteilten Matches fehlt die 2021er-Partnerin Matilda Castren (Finnland), mit der sie zwei Punkte einheimste. Nordqvist dürfte eine ideale „Begleitung“ für die Rookies sein. Linn Grant und Maja Stark sind überdies Landsfrauen; die Captain’s Picks Caroline Hedwall und Madelene Sagström komplettieren das schwedische Kontingent.
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Nummer drei im Rookie-Trio wiederum ist Gemma Dryburgh aus Schottland, die voller Selbtbewusstsein nach Andalusien gereist ist: „Ich spiele jede Woche auf der LPGA Tour gegen die US-Mädels und muss vor keiner von ihnen fürchten.“
Amerika-Schreck Leona Maguire
Besonders gut freilich werden die Amerikanerinnen Leona Maguire in Erinnerung haben, die vor zwei Jahren als Rookie antrat und mit vier Siegen und einem geteilten Match zur „Punktemaschine“ avancierte und im Einzel sogar das US-Punkte-Pendant Jennifer Kupcho mit 5&4 abfertigte. Ihre damalige Partnerin Mel Reid fehlt diesmal, aber mit Georgia Hall holte die Irin im Freitags-Vierball einen wichtigen Zähler.
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Von Hall zu Hull: Neben Anna Nordqvist ist Charley Hull die zweite routinierte Säule, auf die Petterson ihr Team-Gerüst stützen kann. Die Engländerin mit der 11-5-3-Bilanz ist eine Art Miss Matchplay und holte 2021 mit der diesmal per Wildcard berufenen Emily Kristine Pedersen zwei Punkte aus drei Vierern, verlor allerdings das Einzel gegen Jessica Korda, während Pedersen das finale Match der Sonntagssession gegen Danielle Kang knapp gewann.
Carlota Ciganda vor heimischer Kulisse
Dritte im Bund der bewährten Kräfte ist Lokalmatadorin Carlota Ciganda, die wie Hull 19 Solheim-Cup-Matches in der Bilanz hat, jedoch mit negativer Bilanz (7-8-4). Für die Proette aus Pamplona lief es vor zwei Jahren mit einem mageren Pünktchen aus drei Einsätzen eher medioker; die 33-Jährige, die mit ihrem bedächtigen Spiel jede Gegnerin nerven kann, wird gerade vor heimischem Publikum beim sechsten Solheim Cup in Folge deutlich mehr liefern wollen.
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Zuguterletzt sei noch Céline Boutier erwähnt, die 2021 vor allem im Einzel ein Aktivposten war, als sie das finale Duell mit Mina Harigae mit 5&4 deutlich dominierte, sich diesmal bei ihrem dritten Solheim Cup als Weltranglisten-Fünfte und damit bestplatzierte Europäerin indes größeren Erwartungen ausgesetzt sehen dürfte.
US-Skipperin: „Eine Menge Unerfahrenheit“
Summa summarum steht als interessanter Fakt, dass neun der 24 Protagonistinnen beider Seiten eine positive Solheim-Cup-Bilanz haben, die ab morgen in Finca Cortesin aufeinandertreffen – sechs davon tragen die europäischen Farben. US-Skipperin Stacy Lewis hat das und den Heimfaktor flugs genutzt, um den Gastgeberinnen die Favoritenrolle zuzuschanzen, obwohl ihre Equipe in der Addition der Weltranglistenplätze mal wieder deutlich vorn liegt. „Wir müssen über den großen Teich fliegen und haben mit fünf Rookies eine Menge Unerfahrenheit im Team“, sagte Lewis unlängst, die Allisen Corpuz, Cheyenne Knight, Andrea Lee, Lilia Vu und „Wunderkind“ Rose Zhang einbauen muss, wieder auf Jennifer Kupcho baut und auf eine erstarkte Lexi Thompson hofft: „Europa als Titelverteidiger auf heimischem Boden hat hingegen alles an Momentum, was gebraucht wird. Und sie sind wirklich, wirklich gut.“
„Stärkstes Team, das wir je hatten“
In dieselbe Kerbe schlägt auch Grande Dame Laura Davies, mit insgesamt zwölf Einsätzen und 25 Punkten (22-18-6) Solheim-Cup-Rekordspielerin. „Ich denke, es ist zweifellos das stärkste europäische Solheim-Cup-Team, das wir jemals hatten. Von Nummer eins bis Nummer 12 sind da alle ebenbürtig.“ Also, vámonos, Europa – auf geht's!