Esther Henseleit hat ein grandioses erstes Profijahr auf der Ladies European Tour hinter sich. Die 21-Jährige hat 2019 nicht nur ihren ersten Profisieg einfahren können, sondern auch die Gesamtwertung der Ladies European Tour gewonnen. Später wurde sie zu Hamburgs Sportlerin des Jahres gewählt. Wir haben sie gefragt, welche Konsequenzen die aktuelle Krise haben könnte und woran sie im Homeoffice trainiert.
Interview mit Esther Henseleit
Golf Post: Esther, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mit uns zu sprechen. Wie geht es Dir und Deinem Team?
Esther Henseleit: Mir und den anderen geht es gut. Wir versuchen, unserem normalen Alltag nachzugehen. Natürlich ist es schade, dass man nicht unterwegs sein und kein Golf spielen kann, aber die Gesundheit geht vor und ich hoffe, dass es bald wieder losgeht.
Golf Post: Du warst schon unterwegs, die Saison hat begonnen und Du hast Turniere gespielt. Hier in Deutschland kam das Thema erst vor zwei bis drei Wochen auf. Hast Du da schon früher etwas mitbekommen?
Esther Henseleit: Ich bin Ende Januar nach Australien geflogen. Da war schon im Gespräch, dass unser Turnier in China von der LPGA abgesagt werden sollte und das wurde dann auch kurz danach beschlossen. Dann ging es mit anderen LPGA Turnieren weiter, da wusste man dann, es ist auf jeden Fall etwas ernstes. Als wir Anfang März aus Australien zurückgereist sind, hat es angefangen, dass es in den Nachrichten allgegenwärtig war und jetzt auch in Europa angekommen ist. Seit zwei Wochen kann man das jetzt nicht mehr aus dem Alltag wegdenken. Es wurden jetzt erstmal alle Turniere bis Mitte Mai abgesagt, dann müssen wir mal schauen, wie es weitergeht.
Golf Post: Du hast letzte Saison sensationell gespielt und warst richtig im Flow. Ist der Gedanke da, dass es dich ärgert, dass es unterbrochen wurde oder ist die Tragweite der Pandemie so groß, dass Dir das total egal ist?
Esther Henseleit: Ich bin umso glücklicher, dass es letztes Jahr so gut war. Ich weiß, dass ich meine Ladies-European-Tour-Karte jetzt für einige Zeit habe. Ich habe auch finanziell vorgesorgt, sodass ich mir darüber erstmal keine Gedanken machen muss. Ich glaube, das ist das Beste, was mir hätte passieren können. Ich glaube nicht, dass eine Pause – wie lange auch immer sie sein wird – mich mehr aus der Bahn reißen wird als andere. Es haben alle die Einschränkungen durch das Virus und alle können nicht so trainieren, wie sie sich das wünschen.
Golf Post:Normalerweise spielst Du jeden Tag Golf. Wie sieht dein Alltag im Moment aus?
Esther Henseleit: Ich habe die ersten eineinhalb Wochen genutzt, um mich auszuruhen und eine Pause vom Golf zu machen. Jetzt habe ich mir im Garten ein Netz gebaut und habe meine Puttingmatte rausgeholt. Ich probiere mein Training so gut wie möglich nachzustellen. Ich habe meinen Trackman, damit ich die Ballflüge sehen und auf Ziele spielen kann. Die nächsten Wochen werde ich mir wahrscheinlich noch andere Dingen einfallen lassen. Es ist eine gute Möglichkeit vor allem an der Technik zu arbeiten, weil man den Fokus anders legen kann. Da die Winterpause sehr kurz war und ich nicht wirklich an technischen Dingen intensiv gearbeitet habe, ist das eine gute Möglichkeit, dies nachzuholen.
Golf Post: Wir haben auch schon mit Max Kieffer gesprochen und der hat als Tipp für Amateure „Trockenübungen vor dem Spiegel“ genannt. Hast Du einen coolen kurzen Tipp, wie man sein Spiel verbessern kann?
Esther Henseleit: Im Garten kann man von allen möglichen Untergründen chippen. Decken, Kissen oder Bücher. Und von dort sollte man versuchen, einen guten und konstanten Ballkontakt zu bekommen. Auch auf dem Golfplatz hat man verschiedene Untergründe, das kann man gut trainieren.
Golf Post: Die Ladies European Tour hat ein großes Gefälle im Vergleich zur European Tour bei den Herren, was Sponsoren, Preisgelder etc. angeht. Jetzt wird diese Krise die Marketingausgaben und das Sponsoring in solchen Touren nicht befeuern, sondern extrem leiden lassen. Ist das etwas, was Dir auf lange Sicht Sorgen macht, auch in Bezug auf Deine Einnahmen?
Esther Henseleit: Wir werden von der Tour gut auf dem Laufenden gehalten, wie es gerade aussieht und auch dass sie in Gesprächen mit den Sponsoren sind, um Lösungen zu finden. Ich glaube, da sind viele Gespräche im Gang. Vor allem für die LET, die auf einem guten Weg war, sich weiterentwickeln, ist es schade. Aber ich habe dabei keine großen Bedenken.
Golf Post: Wie sieht es bei dir persönlich im Austausch mit deinen Sponsoren aus?
Esther Henseleit: Bisher gab es nur positives Feedback. Ich denke, alle verstehen meine Situation und möchten mich weiter unterstützen und das ist natürlich toll zu hören.
Golf Post: Vielen Dank für deine Zeit, Esther.
Das Interview führte Robin Bulitz.