Untergegangene Golfplätze
Wenn man, wie ich, in einer Gegend Deutschlands wohnt, die eine relative Dichte an Golfanlagen aufweist, kann man der Versuchung verfallen, diese Golfplätze als traditionelle Sporteinrichtungen anzusehen, die das örtliche Angebot an sportlicher Betätigung schon jahrzehntelang bereichern. Ein Blick auf die Gründungsdaten der Vereine zeigt dann relativ schnell, wie jung manche Anlagen im nationalen und besonders internationalen Vergleich sind. Noch weniger wird der „unbedarfte“ Golfer erwarten, dass es Plätze gibt, die vor 100 Jahren bereits das Golfspielen in Deutschland populär machten, heute aber nicht mehr existieren. Mehr noch, in den meisten Fällen ist ihre Lokalisierung, Ausdehnung, Bahnenanzahl sowie technische bzw. gastronomische Ausstattung genauso wenig rekonstruierbar, wie die Clubhistorie oder das Clubleben. Sie hörten aus den unterschiedlichsten Gründen auf zu existieren und gerieten in Vergessenheit
Missing Links
Auf der Internetseite: „golfs-missing-links“ sammeln John & Marie Llewellyn seit Jahren Hinweise auf untergegangene Golfclubs und Golfanlagen. Mittlerweile zählt ihre Datenbank für Europa mehr als 2000 (!) Einträge. Llewellyns erhalten dabei tatkräftige Unterstützung durch Gleichgesinnte. So z.B. durch Chris Powl, der n.e.A. die eingeschränkten Möglichkeiten während des Lockdowns nutzte, einen verschwundenen Golfplatz in Rayhader / Powys in Mittel-Wales wiederzufinden. Seit Kindertagen wusste er von dem Golfkurs, der 1925 vom Golfplatzarchitekten Dr. Alister MacKenzie geplant worden war. McKenzie war 6 Jahre später für die Anlage des Golfplatzes des Augusta National Golf Clubs, auf dem jährlich das Masters stattfindet, verantwortlich. Der Platz in Rayhdar wurde vor Jahrzehnten aufgegeben, bis Powl ihn im letzten Jahr wiederentdeckte. Auch in Deutschland wurden bislang 52 Plätze identifiziert, die heute nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form bestehen. In einzelnen Artikeln berichtet Christoph Meister was Archive, alte Karten, Augenzeugenberichte und Anschauungen vor Ort zu den Anlagen hergeben.
Die Schwierigkeiten bei der Identifizierung alter Golfkurse sind vielfältig: So können sich Grenzen und Ländernamen verändert haben, manche Clubs lebten nach dem 2. Weltkrieg wieder auf, obwohl sie bereits aufgehört hatten zu existieren und wieder andere übertrugen die Namen alter Clubs auf neue Spielstätten. Diese Hürden machen es für die Forscher heute schwierig, alte Strukturen zu identifizieren und zuzuordnen. Deshalb sind sie vor allem auf die Hilfe von Ortskundigen angewiesen, die nachweisbare Hinweise auf die untergegangenen Anlagen geben können.
"Golf- und Land-Klub Münsterland"
Die Datenbank der „golfs-missing-links“ verzeichnet für NRW fünf Golfanlagen, die heute nicht mehr existieren. Sie befanden sich in Bielefeld, Köln, Krefeld, Düren und Münster. „Der Golf- und Land-Klub Münster“ wurde 1931 gegründet und bezog ein circa 30 ha großes Gelände außerhalb der Stadt. Bis zum Jahr 1935 wurden in verschiedenen Abschnitten insgesamt 6 Bahnen errichtet. Der Par 71 Kurs war für Damen 4636m und für Herren 5085m lang. Um die 50 Mitglieder spielten regelmäßig ihre Clubmeister aus. Zu Beginn des 2. Weltkrieges Krieges wurden die Golfbahnen durch das Militär konfisziert und die Anlage zerstört. Die Clubgeschichte zwischen den Jahren 1931 und 1939 wird nun von einer Interessensgemeinschaft rekonstruiert. Man darf gespannt auf die Ergebnisse sein!
Sollte es Leser geben, die Informationen zu dem „Golf- und Land-Klub Münsterland“ oder zu anderen untergegangenen Golfplätzen in Deutschland haben, würde ich mich über Hinweise unter: [email protected] freuen.
Titelbild: Blick auf eine der ehemaligen Bahnen des "Golf- und Land-Klubs Münster" (Foto F. Biller)
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