Was für ein Finale! Als der letzte Flight Kurs auf das 18. Grün nahm, ahnte noch niemand, wie spannend das werden würde. Zunächst sorgte Manuel Elvira dafür, dass den Zuschauerinnen und Zuschauern rund ums Grün kurz der Atem stockte, denn seine Annäherung traf den Fahnenstock. Leider ging der Ball durch das Abprallen nicht ins Loch, sonst hätte Elvira noch die Möglichkeit gehabt, gemeinsam mit dem späteren Sieger Alex Del Rey und dem Zweitplatzierten Mateusz Gradecki ins Stechen zu gehen. So nahmen die Ereignisse auf dem Grün ihren Lauf zwischen den beiden letztgenannten, als Del Reys Putt auslippte (das Titelbild zeigt, wie er genau in diesem Moment in die Knie geht). Im ersten Playoff-Durchlauf lagen dann immer noch beide schlaggleich, sodass sie ein zweites Mal zum Abschlag gefahren werden mussten. Del Rey setzte erneut auf Angriff und haute den zweiten Schlag sensationell aufs Grün, der Rest ist mehrfach beschrieben. Fest steht: Beide hätten den Sieg sehr verdient gehabt, und auch hier gilt die bereits am Samstag in meinem BlogPost zitierte Weisheit: It's not over till it's over.
Mindestens ebenso erwähnenswert finde ich das hervorragende Abschneiden der deutschen Spieler, und aus meiner Sicht ist das die erneute Bestätigung für etwas, das ihr schon in einigen meiner Posts hier lesen konntet: Die Qualität und auch die Breite, die wir aktuell auf den verschiedenen Touren im Profigolf haben, ist einfach sensationell. Max Schmitt legte eine 67er Runde hin, "Playstation-Golf", wie er in einem Interview im Anschluss sagte, Freddy Schott und Velten Meyer wurden geteilte 14., Allen John (-4 für den Tag inklusive Eagle auf der 15) und Nick Bachem geteilte 21., Marc Hammer geteilter 28. "The Officer" Alex Knappe und Michi Hirmer schlossen das Turnier auf dem geteilten 34. Platz ab, Max Rotluff wurde 39., Timo Vahlenkamp mit einer hervorragenden 68 geteilter 43. Jonas Baumgartner sicherte sich mit einer 71 den geteilten 48. Platz und Bernd Ritthammer fand sich am Ende auf dem geteilten 53. wieder, was jedoch vermutlich gar nicht so sehr im Vordergrund stand, denn aus dem Hause Ritthammer sind tolle Neuigkeiten bekannt geworden: Es gibt gleich doppelten Nachwuchs - auch an dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch!
Abschließen möchte ich meinen Bericht von der German Challenge mit einem Thema, das mich vor allem am gestrigen Tag beschäftigt hat. Ich kann gar nicht so genau sagen, woran es liegt, dass sich oft Menschen auf solchen Events mit mir unterhalten - auf den beiden deutschen DP World Tour-Turnieren in diesem Jahr bin ich mehrfach gefragt worden, welche Funktion ich denn hätte - anscheinend sehe ich also irgendwie offiziell aus. :D Allerdings ist es ja schon so, das wage ich jetzt mal zu behaupten, dass ich mich mit dem Kontext Profigolf sehr intensiv auseinandersetze, einiges weiß (damit meine ich Faktenwissen, auch ein paar Hintergründe zu Spielern, Turnieren u.ä.) und manches und auch manche*n kenne. Das ist sicher hilfreich, wenn man so einen Blog schreibt, es führt aber auch dazu, dass einem Dinge auffallen oder dass man Dinge hört, die einen dann beschäftigen.
Was ich hier recht kryptisch einleite, ist die Frage des Geldverdienens als Playing Pro. Ich war nämlich gestern einigermaßen erstaunt, welche Vorstellungen so bei dem einen oder der anderen Zuschauer*in in den Köpfen herumgeistern, die doch recht weit von der Realität entfernt sind - zumindest soweit ich das überblicke. Korrekt ist, dass sich Preisgelder ganz ordentlich anhören. Wenn also bei einem solchen Event ein (allerdings niedriger) fünfstelliger Betrag für eine Top-Platzierung ausgelobt ist, klingt das nach einer Menge Geld. Was viele jedoch augenscheinlich nicht auf dem Schirm haben und gegenrechnen, ist:
- Ein Preisgeld muss noch versteuert werden. (Ich fand ein Argument, das ich gehört habe, sehr lustig, die Person dachte nämlich, dass Preisgelder nur dann versteuert werden müssten, wenn sie im Land des eigenen Wohnsitzes gewonnen wurden. Wenn das so wäre, würde ich künftig nur noch in der Schweiz arbeiten, was meine Schweizer Kunden eigentlich ganz gerne sehen würden, mein deutscher Tagessatz ist für Schweizer Verhältnisse nämlich recht erschwinglich.)
- Reisekosten müssen bezahlt werden, Startgelder, außerdem natürlich alle Personen, die mit ihrer Arbeit eine Dienstleistung gegenüber dem Playing Pro erbringen, also beispielsweise Trainer*innen, Caddies, Physios, Manager*innen etc. pp.
- Nicht jede Woche kommt ein Playing Pro notwendigerweise "ins Geld", sichert sich also eine Platzierung, mit der ein Preisgeld verbunden ist.
- Gleichzeitig ist das Budget, das ein Playing Pro für eine Saison benötigt, nicht gerade klein. Nach meinen Informationen sind das beispielsweise auf der DP World Tour sechstellige Beträge, die über Sponsoren- und Preisgelder, manchmal auch mit Events wie Clinics oder ähnlichem, eingenommen werden müssen.
- Nicht zu vergessen ist das, was bei allen Selbstständigen so ist: Wenn alle Kosten abgegangen sind, fallen noch die Lebenshaltungskosten an. Außerdem musst du Rücklagen bilden, Steuervorauszahlungen (und manchmal auch Nachzahlungen) leisten, du musst deine Krankenversicherung selbst tragen und vieles mehr.
Sicher gibt es weitere Punkte, an die ich gerade nicht denke, aber es geht mir auch nicht um Vollständigkeit, sondern vielmehr darum, diejenigen, die meinen, mit Profigolf ließe sich easy das große Geld verdienen und dann sollten sich die Spieler auch mal ein bisschen anstrengen, ein bisschen zum Nachdenken zu bringen. Das gilt auch, wenn manche Zuschauerinnen und Zuschauer kein Verständnis dafür haben, dass es gelegentlich zu großen Emotionen kommen kann, wenn es nicht gut läuft - auch dazu habe ich einiges an Kommentaren gehört in den letzten Tagen. Sicher ist es das Eine, dass es Regeln gibt, die sich damit beschäftigen, wofür Schläger gedacht sind und wozu eher nicht. Aber dass manche, die eher ein hitziges Gemüt haben, vielleicht mal laut fluchen und schimpfen oder gegen ihr Bag hauen - Leute, die verdienen ihr Geld mit diesem Sport, das heißt in der Konsequenz, dass es im Zweifelsfall auf jeder Runde, die die Jungs (und natürlich auch die Damen!) spielen, um einen Beitrag zu ihrer Existenzsicherung geht. Und so sehr es auch aus meiner Sicht als Mentaltrainerin hilfreich und wichtig ist, Emotionskontrolle zu lernen (es gibt beispielsweise Studien dazu, dass die Idee des Dampfablassens Quatsch ist und eher dazu führt, dass man länger in der negativen Emotion bleibt), kann ich als Mensch und als Freiberuflerin, die gerade seit Beginn der Coronapandemie auch immer wieder an ihre Grenzen stößt, was die Existenzängste angeht, mehr als nachfühlen, wenn mal jemand laut das Vierbuchstabenwort ruft, das mit F anfängt. Vielleicht fühlt ihr euch beim nächsten Mal nun ein bisschen leichter in die Situation ein und versteht besser, was in so einem Moment, wenn mal nichts laufen will, in deinem Spieler oder einer Spielerin vor sich geht.